In der Formel-1-Saison 1976 startete zum letzten Mal eine Frau ein Rennen in der Königsklasse. Lella Lombardi gelang dieses Kunststück und sie war es auch, die als erste weibliche Fahrerin überhaupt erstmals punkten konnte. Obwohl seitdem mit Divina Galicia, Desire Wilson und Giovanna Amati drei weitere Pilotinnen bei mindestens einem Grand Prix ihr Glück versuchten - allerdings an der Qualifikation scheiterten - gab es seit 46 Jahren keine einzige Frau in der Königsklasse.

Ein Umstand, der sich laut F1-Boss Stefano Domenicali möglichst bald ändern soll. Der Italiener meinte in der Woche vor dem Belgien-GP: "In diesem Moment ist es von entscheidender Bedeutung, Frauen die größtmöglichen Möglichkeiten zu geben, in die Formel 1 zu kommen. Das ist etwas, dem wir uns voll und ganz verschrieben haben".

Domenicali: In den nächsten 5 Jahren keine Frau in der Formel 1

Doch auf diese allgemeine Aussage folgte ein etwas umstrittenes Statement. Domenicali sagte: "Realistisch gesehen, sehe ich nicht, dass in den nächsten fünf Jahren so etwas passiert. Da müsste schon so etwas wie ein Meteorit in die Erde einschlagen, dass eine Frau in die Formel 1 kommt. Das ist sehr unwahrscheinlich", unterstrich er.

Stattdessen müsse man die grundlegenden Parameter ändern, um Motorsport-begeisterten Mädchen bereits im Kart-Alter die Fertigkeiten zu vermitteln, dass sie gegen ihre gleichaltrigen männlichen Rennfahrer-Kollegen mithalten können.

Vettel kontert F1-Boss: Falsches Zeichen

Diese Aussage kam bei Sebastian Vettel überhaupt nicht gut an. Der vierfache Formel-1-Weltmeister spielte den schwarzen Peter an Domenicali zurück und meinte, dass ausgerechnet solche Aussagen Frauen potenziell den Weg in die Formel 1 verbauen. "Ich denke es war eine ungünstige Wortwahl", bilanzierte der Aston-Martin-Pilot.

"Aber es sind Statements wie diese, mit denen wahrscheinlich alle Mädchen, wenn sie aufwachsen, konfrontiert werden", kritisierte Vettel. Er glaubt, dass solch eine Aussage aus den Medien dazu führen könnte, dass Eltern ihren Töchtern mitgeben, ihre Interessen und Ambitionen in Richtung des Motorsports nicht weiter verfolgen sollten.

Frauen in der Formel 1? Vettel: Warum nicht

"Ich sehe keinen Grund, warum wir nicht eine Frau auf dem Grid haben werden", behauptete der 53-fache GP-Sieger. Ob das in naher Zukunft geschieht, ist aber tatsächlich fragwürdig. Denn obwohl sich derzeit mehrere weibliche Pilotinnen in den Nachwuchs-Programmen von Formel-1-Teams befinden, drängt sich noch keine Fahrerin für höhere Aufgaben auf.

Seit 2021 fährt mit der W Series eine rein weibliche Nachwuchsserie im Rahmenprogram der Formel 1. Diese nahm die Aussagen von Domenicali mit Humor und postete auf Twitter eine Animation eines einschlagenden Meteoriten.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die fahrerische Qualität in der Meisterschaft als bescheiden gilt. Serien-Meisterin Jamie Chadwick, die 2022 auf dem besten Weg ist, ihren dritten Titel einzufahren, konnte etwa bei sämtlichen Anläufen in anderen Nachwuchs-Serien, keine nennenswerten Erfolge einfahren. Auch abgesehen von ihr kann ein Großteil des Feldes nur auf ziemlich begrenzte oder wenig erfolgreiche Open-Wheeler-Erfahrung zurückblicken.

Frauen im Motorsport: Indycar statt Formel 1

Chadwick steht vor einem Sprung in die Nachwuchsklassen des amerikanischen Formelsports. Im September testet sie einen Indy-Lights-Boliden für Andretti Motorsport. In der Indycar-Serie wäre eine Frau keine Seltenheit. US-Motorsportlegende Danica Patrick sicherte sich 2008 als erste Frau überhaupt einen historischen Sieg beim Indycar-Rennen in Motegi. Seitdem waren mit Milka Duno, Simona de Silvestro, Pippa Mann und Tatiana Calderon vier weitere Pilotinnen in den USA aktiv.

Calderon ist seit letztem Wochenende übrigens auch wieder im Formel-1-Paddock zugegen. Sie ist in der Formel 2 aktiv. Ihre bisherigen Leistungen sind aber noch klar von F1-Niveau entfernt. Obwohl sie bereits 2019 eine volle Saison in der Klasse absolvierte, wartet sie noch immer auf ihrer ersten Punkte.