Porpoising, das Hüpfen der neuen Formel-1-Generation, sorgte 2022 bei mehreren Rennen, besonders auf unebenen Strecken, für große Probleme und sogar Schmerzen bei den Fahrern. Die Regelhüter der FIA nahmen sich dem Thema daher schon vor Wochen an und wollten auch für 2023 schnell die Regeln im Sinne der Sicherheit ändern. Den Teams war das im Frühsommer schon zu spät, und damit begann ein wochenlanger Streit um neue Unterböden.

Vor der Sommerpause zeichnete sich ab, dass der letzte FIA-Vorschlag nicht durchgehen würde. Aber auch, dass die sich sperrenden Teams, allen voran Ferrari und Red Bull, wohl am Ende einen Kompromiss akzeptieren würden. Dieser Kompromiss wurde in den letzten Wochen im Technischen Beratungskomitee (Technical Advisory Committee, TAC) ausgearbeitet, dem Motorsport-Weltrat vorgelegt und nun endlich abgesegnet.

Die aerodynamische Macht der Unterböden wird wie angepeilt mit vier Maßnahmen beschnitten. Nur eben nicht so dramatisch, wie die FIA es vor einigen Wochen noch angedacht hatte. Bei der Anhebung der Unterbodenkante wurde zurückgerudert: Statt um 25 Millimeter wird der Rand des Unterbodens nur um 15 Millimeter angehoben.

Auch die Minimalhöhe des Diffusorkanals soll steigen, wobei die FIA hier aufpassen will: Die neuen Vorgaben sollen mit den bereits entworfenen und feststehenden mechanischen Komponenten der Teams vereinbar sein. Weiters müssen die Diffusorkanten steifer werden.

Das macht es alles schwieriger, die Venturi-Kanäle im Unterboden zu versiegeln und die Luft durch die Kanäle hindurch möglichst schnell zu beschleunigen. Der Ground Effect wird also abgeschwächt, und vom Unterboden kommt weniger Abtrieb.

FIA segnet Maßnahmen gegen flexible Unterböden für Spa ab

Fest steht endgültig auch, dass ab dem Belgien-GP in Spa strengere Regeln bei biegsamen Unterböden und bei der Porpoising-Last gelten werden. Die Vorgaben zur Steifigkeit der Unterbodenmitte rund um Planke und Skids wurden entsprechend im Reglement angepasst. Genauso wird die FIA nun die Intensität des Porpoising messen, wie in der oft diskutierten Technischen Direktive 039 seit langem geplant war.

Vorerst wird auf bereits vorhandene Sensoren im Auto zugegriffen. Überschreitet ein Auto die von der FIA als "sicher" definierten Grenzwerte, muss das Team alles in seiner Macht stehende unternehmen, um unter die Grenzwerte zu kommen.

Um das Thema für 2023 weiter im Auge zu behalten, wird im nächsten Jahr noch ein zusätzlicher Sensor eingeführt, welcher genau auf das Problem des Hüpfens in Verbindung mit dem Porpoising-Phänomen zugeschnitten sein soll. Eine Mehrheit der Teams hatte an den Maßnahmen eigentlich lange kein Interesse gezeigt, mit dem Tenor, dass sich das Problem in den Händen der Ingenieure von selbst lösen würde.

Dies hatte das Hin und Her zwischen ihnen und der FIA ausgelöst. Letztere war nicht bereit, das Thema bei breiter öffentlicher Kritik und bei Protesten der Fahrer so einfach fallen zu lassen, und erkämpfte sich die Regeländerungen im Sinne der Sicherheit. "Es ist ganz klar, dass die FIA dazu verpflichtet ist, sicherzustellen, dass die Fahrer keinem unnötigen Verletzungsrisiko ausgesetzt werden", sagt FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem.

FIA führt nach Zhou-Crash neue Überrollbügel-Tests ein

Neben dem Porpoising-Problem beschäftigte sich das Technische Beratungskomitee auch mit dem schweren Unfall von Guanyu Zhou in Silverstone, bei dem der Überrollbügel bei einem Überschlag kaputt ging. Inzwischen sind die Analysen der FIA-Techniker zum Unfall abgeschlossen.

Der spitze Alfa-Überrollbügel war in Silverstone kollabiert, Foto: LAT Images
Der spitze Alfa-Überrollbügel war in Silverstone kollabiert, Foto: LAT Images

Der Grund für das Kaputtgehen des Überrollbügels war demnach auch, dass sich das spitze Ende in den Asphalt eingrub. Das trug zu einer immensen horizontalen Belastung bei. Die Unfall-Untersucher stellten danach fest: Momentan können die Teams ihre Überrollbügel so homologieren, dass Teile der Last durch einen tieferen Teil der Struktur wirken. Die Konsequenz ist allerdings, dass die Widerstandskraft dadurch geringer als vom Reglement beabsichtigt sein kann.

Alfas Überrollbügel läuft nach oben hin spitz zu, Foto: LAT Images
Alfas Überrollbügel läuft nach oben hin spitz zu, Foto: LAT Images

Anhand dieser dem Komitee vorgelegten Erkenntnisse gibt es für 2023 neue Regeln für Überrollbügel. Die Struktur muss oben nun rund sein, um das Eingraben zu verhindern. Die Minimalhöhe beim Homologationstest wird geändert. Auch wird ein neuer Test eingeführt, wo eine Last den Überrollbügel nach vorne drückt. Diese Tests werden nun definiert. Mittelfristig ist das Thema weiterhin auf der Agenda der FIA-Techniker. 2024 peilt man eine komplette Überarbeitung der Tests an.