Die Stärken der beiden WM-Anwärter von Ferrari und Red Bull waren bisher klar abgesteckt. Der Red Bull war schnell, wo es geradeaus ging und aerodynamische Effizienz gefragt war. Der Ferrari hingegen brillierte dort, wo maximaler Abtrieb nötig ist. Außerdem galt die Grundtendenz: Die Scuderia ist im Qualifying stark und die Roten Bullen sind besser im Rennen. In Österreich haben sich diese Erkenntnisse der bisherigen Saison allerdings nicht bestätigt.

Am Red-Bull-Ring wird aufgrund der langen Geraden in Sektor 1 nicht mit maximalem Abtrieb gefahren, was eigentlich für den RB18 spricht. Dass sich Verstappen am Freitag die Pole-Position gegen die im Qualifying meist stärkeren Ferraris sicherte, schien den Eindruck zu bestätigen, dass Spielberg eine Red-Bull-Strecke ist. Im Rennen setzte sich trotzdem Charles Leclerc durch und überholte seinen WM-Rivalen dreimal auf der Strecke. Von mangelndem Topsspeed des F1-75 war nichts mehr zu sehen.

In Montreal gelangen Charles Leclerc einige Überholmanöver, Foto: LAT Images
In Montreal gelangen Charles Leclerc einige Überholmanöver, Foto: LAT Images

Binotto: Ferrari hat zu Red Bull aufgeschlossen

Ferrari Teamchef Mattia Binotto gab nach dem Rennen zu, dass die Schwäche auf den Geraden sein Team umtrieb: "Wir hatten in Sachen Geschwindigkeit auf den Geraden zweifelsohne einen Nachteil im Vergleich zu Red Bull. Insbesondere bei offenem DRS hatte ihres einen viel größeren Effekt als unseres." Ein besseres DRS bedeutete natürlich auch weniger Zeitverlust in den Rennen, da Red Bull besser Überholen konnte und nicht lange hinter Konkurrenten festhing. Nur die zahlreichen Defekte am DRS waren bisher ein Schwachpunkt bei Red Bull.

Ferrari blieb nicht untätig und nahm sich des Problems an. "Wir haben viel daran gearbeitet und neue Heckflügel gebaut. Den ersten davon haben wir bei Charles Auto in Kanada eingeführt. Seit dem Rennen in Großbritannien haben beide Autos diese Spezifikation", gab Binotto an. Beim Rennen in Montreal musste Charles Leclerc aufgrund einer Motorenstrafe von ganz hinten starten. Bei seiner Aufholjagd bis auf Platz 5 konnte der Monegasse guten Topsspeed natürlich bestens gebrauchen.

Wenn bei Red Bull der Flügel aufging, hatte Ferrari bisher das Nachsehen, Foto: LAT Images
Wenn bei Red Bull der Flügel aufging, hatte Ferrari bisher das Nachsehen, Foto: LAT Images

Ferrari: Bei Topspeeds aufgeholt, Kurven entscheiden

Der Teamchef der Scuderia sieht sich dank des neuen Heckflügels gut gerüstet für den Kampf gegen Red Bull: "Wir haben die Lücke in Sachen Topspeed geschlossen. Sie haben vielleicht immer noch einen kleinen Vorteil, aber der ist nicht mehr entscheidend." Dank des 'Wunderflügels' hat Ferrari also gleichgezogen. Da auch bei den Motoren kein großer Vorteil für eine Seite erkennbar ist, kann sich laut Binotto der WM-Kampf nur in einem Bereich entscheiden: "In Sachen Leistung sind wir sehr ähnlich, also geht es eigentlich nur um das Limit des Grips in den Kurven. Dort können wir den Unterschied machen."

Die Mannschaften von Mattia Binotto und Christian Horner werden die WM wohl unter sich ausmachen, Foto: LAT Images
Die Mannschaften von Mattia Binotto und Christian Horner werden die WM wohl unter sich ausmachen, Foto: LAT Images

Die Kurven waren bisher das Revier des Ferrari, der Scuderia scheint mit ihren letzten Updates jedoch eine Trendwende im Titelkampf gelungen zu sein - zumindest auf diesem Streckentyp. Nach sechs Red-Bull-Siegen in Serie konnten Charles Leclerc und Carlos Sainz bei den letzten beiden Rennen wieder Siegerpokale nach Maranello bringen.