Formel 1, Baku-Stopps unterirdisch: Boxen-Debakel in Serie

Die Boxenstopps in der Formel 1 stehen immer unter Beobachtung. In Baku sah jeder Zuschauer die langsamen Boxenstopps bei Charles Leclerc und Sergio Perez im Rennen, doch die Statistiken danach waren noch viel auffälliger. Denn sie waren so schlecht wie schon lange nicht.

Zwar muss angemerkt werden, dass die Boxenstopps 2022 generell langsamer wurden. Das liegt an den neuen 18-Zoll-Felgen, welche die Reifen schwerer, und mit den neuen Radkappen auch schwieriger zu handhaben machen. Boxenstopps unter 2,5 Sekunden sind eine Seltenheit geworden.

Dennoch - Baku war außergewöhnlich schlecht. Nur fünf Boxenstopps waren überhaupt schneller als 3 Sekunden gewesen, und die von den Alpine-Mechanikern am Auto von Fernando Alonso geschaffte Bestmarke von 2,74 Sekunden ist auch nach 2022er-Verhältnissen unterirdisch. So schwach war der Bestwert seit Australien 2015 nicht.

Ignoriert man Reparatur- und Straf-Stopps, so betrug die durchschnittliche Standzeit in Baku 4,07 Sekunden. Auch das ist ein deutlicher Negativ-Ausreißer. Man muss bis zum Türkei-GP 2020 zurückgehen, um mit 4,17 Sekunden einen schlechteren Durchschnittswert zu finden, und in diesem Rennen gibt es logische Erklärungen. Es war ein Regenrennen, und eines bei außergewöhnlich schwierigen Bedingungen.

Langsamste Boxenstopp-Mittelwerte in Formel-1-Rennen seit 2018

* Saudi-Arabien 2021: Aufgrund roter Flaggen gab es nur 10 reguläre Stopps.

Fehlerserie bei Baku-Stopps fällt auf

Woran kann es in Baku liegen? Tatsächlich waren die Problem-Stopps vielfältig. "Unser Stopp an sich lief sehr gut, die Reifen waren schnell drauf und die Ampel sprang auf grün", rekapituliert Ferrari-Teamchef Mattia Binotto den Leclerc-Fehlerstopp (5,41 Sekunden). "Aber der vordere und hintere Wagenheber blieben oben. Ich weiß nicht, ob das zusammenhing, noch haben wir keine Antworten, aber ich habe gesehen, dass einer der Red Bulls ein ähnliches Problem hatte."

Bei Sergio Perez dauerte es sogar bei beiden Stopps länger. Beim ersten (5,76) schien, anders als bei Ferrari, die vom Mechaniker basierend auf den "OK"-Signalen der Schlagschrauber kontrollierte Ampel nie auf Grün zu springen. Perez stand zwei Sekunden auf den Wagenhebern. Laut Teamchef Christian Horner habe es sich jedoch um ein Problem mit einem Schlagschrauber gehandelt.

Beim zweiten Stopp dauerte es bei Perez dann beim hinteren Wagenheber lange - erst beim Heben, dann beim Senken. Da war er in Baku nicht der einzige: Bei Alex Albon dauerte der erste Stopp deshalb extrem lange, auch bei Lando Norris gab es ein ähnliches Problem. Auf der anderen Seite hatten Guanyu Zhou, Kevin Magnussen, Max Verstappen, Daniel Ricciardo und Esteban Ocon allesamt Verzögerungen bei einzelnen Reifen, ohne dass es einen dafür ersichtlichen Grund gab.

Formel 1 Baku: Alle regulären Boxenstopps

Baku Tiefpunkt von Boxenstopp-Abschwung

Mattia Binotto hat basierend auf Beobachtungen zumindest eine erste Vermutung: "Der Asphalt auf dem Boxenplatz war aufgrund der Hitze schwer beschädigt. Aber ich weiß nicht, ob das die Ursache war. Das müssen wir uns anschauen." Bei den am Limit exekutierten Formel-1-Boxenstopps können viele kleine Unregelmäßigkeiten schnell zu Problemen führen.

Insgesamt bleiben die Formel-1-Boxenstopps 2022 mit den neuen Reifen und Felgen langsam. Die durchschnittliche Standzeit, die im Vorjahr bis auf 3,1 Sekunden gefallen war, ist inzwischen wieder auf 3,39 Sekunden angewachsen. Stopps unter 2 Sekunden - der Weltrekord aus dem Jahr 2019 beträgt 1,82 - sind in weite Ferne gerückt.

Gute Nachrichten gibt es immerhin für McLaren-Fans: Das Team hat nach mehreren schwachen Boxenjahren im Winter die Wende geschafft. Mit einem Schnitt von 2,92 führt man knapp vor Red Bull (2,93) und Mercedes (3,25). Alfa bildet mit häufigen Fehlern und 4,15 Sekunden Schnitt das Schlusslicht.