Exakt zweieinhalb Stunden vor dem Start des Sprint-Qualifyings war es traurige Gewissheit für Mercedes und Lewis Hamilton: Der Weltmeister muss den Sprint vom letzten Startplatz aus in Angriff nehmen. Die Stewards hatten kein Erbarmen und disqualifizierten Hamilton aufgrund eines technischen Verstoßes. Das DRS hatte sich beim Test zu weit geöffnet.

Rund 18 Stunden musste Hamilton vom ersten Verdachtsmoment bis zum Urteil warten. "Ich habe mich auf meine Arbeit konzentriert, aber als ich die News gehört habe, war ich am Boden zerstört", gestand Hamilton später. "Ich war wirklich am Boden. Aber Aufgeben war keine Option. Ich wusste nicht, was ich noch schaffen kann, aber ich wollte nicht ohne Kampf rausgehen."

Lewis Hamilton feierte im Brasilien-Sprint ein regelrechtes Überhol-Festival, Foto: LAT Images
Lewis Hamilton feierte im Brasilien-Sprint ein regelrechtes Überhol-Festival, Foto: LAT Images

Schon in der Startrunde machte der Weltmeister fünf Plätze gut, fand sich nach Runde eins schon auf Rang 15 wieder. Beide Haas, beide Williams und Lance Stroll mussten schon auf den ersten vier Kilometern dran glauben. Auch danach ging es für Hamilton flott vorwärts. Der Dreher von Kimi Räikkönen brachte ihm eine Runde später Platz 14.

Die nächsten beiden Runden mussten Antonio Giovinazzi und Yuki Tsunoda dran glauben: Platz zwölf nach nur vier Runden. Fernando Alonso machte ihm das Leben schon etwas schwerer. Allzu schwer aber auch nicht. In Runde acht war Hamilton vorbei. Gleiches Spiel mit Daniel Ricciardo: Der McLaren-Pilot wehrte sich kurz, gab schließlich aber auch auf. Platz zehn nach zwölf Runden.

Hamilton: Erinnere mich an keinen Zweikampf

Von allen 'Überhol-Opfern' machte es Ricciardo Hamilton wohl noch am schwersten. Der Australier blieb bis zum Anbremsen auf Kurve eins direkt neben ihm. "Ich kann mich an keinen Zweikampf erinnern, ich habe die ganze Fahrt genossen", so Hamilton.

Nach 15 Runden hatte der Rekordsieger der Formel 1 auch noch Sebastian Vettel und Esteban Ocon hinter sich. In Runde 20 schnappte sich Hamilton Charles Leclerc für Platz sechs, im letzten Umlauf Lando Norris für Position fünf.

Lando Norris musste in der letzten Runde dran glauben, Foto: LAT Images
Lando Norris musste in der letzten Runde dran glauben, Foto: LAT Images

"Es hat mich an mein erstes Jahr im Kart erinnert. Heute hatte ich ein gutes Auto, aber damals hatte ich ein altes Kart und musste immer von hinten starten. Diese Lektionen sind speziell", erinnert der Brite. Aber nicht nur die Erfahrung brachte Hamilton nach vorne: "Ich habe es den brasilianischen Fans zu verdanken. Sie haben mich dorthin gebracht. Das war definitiv nicht einfach, aber dank ihnen habe ich es geschafft, die negative Erfahrung in etwas Positives umzumünzen."

Motorenstrafe kostet Hamilton weitere fünf Plätze

Mit Platz fünf hätte Hamilton vor dem Rennen nicht gerechnet: "Ich hatte keine Ahnung, was möglich war. Als ich da hinten stand, dachte ich mir, dass ich vielleicht Zehnter werden kann. Ich bin wirklich dankbar dafür, Fünfter geworden zu sein."

Lob gibt es von Mercedes Motorsportchef Toto Wolff: "Lewis zeigte 15 Überholmanöver und beendete den Sprint auf P5. Das war eine fantastische Leistung von ihm." Aufgrund des Motorwechsels geht es für ihn aber noch einmal um fünf Platz nach hinten in der Startaufstellung für den Grand Prix am Sonntag.

"Das hält mich aber im Rennen. Ich bin nur ein paar Positionen von demjenigen weg, gegen den ich kämpfe. Das wird hart, aber ich bin in einer viel besseren Position als heute", gibt sich der Mercedes-Pilot kämpferisch. Einen Durchmarsch wie im Sprint erwartet er aber nicht: "Das wird bei wärmeren Bedingungen und weiter vorne morgen schwieriger."