Nicht nur das 2021 große WM-Duell zwischen Red Bull und Mercedes hat sich beim Großen Preis von Großbritannien wieder deutlich verschärft, auch in der zweiten Liga der Formel 1 sorgt das Ergebnis in Silverstone für mehr Spannung. Vor allem dank Charles Leclercs völlig überraschendem zweiten Platz rückte Ferrari im Kampf um den dritten Platz der Konstrukteurswertung McLaren näher auf den Leib.

15 Punkte trennen Maranello nach nun zehn Saisonrennen noch von Woking, wobei sich beide Teams im Vorjahresvergleich deutlich im Aufschwung befinden. Scheinbar deutlicher zeigt sich das bei Ferrari. Dank der 26 Zähler aus Silverstone übertrumpfte die Scuderia am Wochenende mit nun 148 Punkten ihre eigene Gesamtausbeute aus 2020 bereits deutlich. Im Vorjahr reichte es nach allen 17 Grands Prix nur für 131 Punkte.

Ferrari in Silverstone wider Erwarten klar vor McLaren

Auch McLaren hat sich allerdings klar gesteigert. Nach zehn Rennen lag das Team um Andreas Seidl 2020 bei 106 Zählern, nun sind es bereits 163. "Es ist klasse für uns, dass wir Dritter in der Konstrukteursmeisterschaft sind. 163 Punkte nach zehn Rennen sind verglichen mit vergangenem Jahr wieder ein großer Schritt nach vorne. Darüber bin ich sehr glücklich", sagt Teamchef Seidl.

Die 22 Punkte aus dem Heimrennen in Silverstone - diesmal auch dank des besten Saisonresultats für Daniel Ricciardo mit P5 - leisteten dazu erneut einen großen Beitrag. "Das waren wichtige Punkte", sagt Seidl - auch wenn Ferrari wider Erwarten sogar noch besser abschnitt. Knapp nach Punkten und deutlich nach Pace. 25 Sekunden fehlten im Rennen dem besseren Mclaren von Lando Norris auf Leclerc. Carlos Sainz zeigte sich ebenfalls schneller. Der Spanier setzte Ricciardo gegen Rennende stark unter Druck. Überhaupt dahinter gefallen war Sainz nur, weil ihn George Russell im Sprint in die Wiese gedrückt hatte, Sainz so sein Qualifying-Ergebnis nicht polieren konnte.

Eigentlich hatte Ferrari in Silverstone selbst mit größeren Problemen gerechnet. Auf der Highspeedstrecke leiden die Vorderreifen extrem, genau das bescherte der Scuderia einige Wochen zuvor wegen ähnlicher Beschaffenheiten der Strecke von Le Castellet eine Nullnummer in Frankreich - mit einem sauberen Rennen, schlicht wegen mangelnder Performance.

Formel 1 2021: Ferrari verbessert größte Schwäche

"Nach Frankreich haben wir die Schwächen verstanden und jetzt hatten wir drei Rennen in Folge auch im Rennen eine gute Pace", analysiert Ferrari-Teamchef Mattia Binotto. "Das war zu Saisonstart eine Schwäche. Das zeigt, dass wir als Team Fortschritte machen, und das freut mich sehr - vor allem mit Blick auf die zweite Saisonhälfte."

Der Aufschwung Ferraris auch ohne Neuerungen am Auto - schlicht durch Optimierung des bestehenden Pakets - ist Hauptrivale McLaren nicht entgangen. Anders als die Scuderia, die 2021 ganz klar 2022 unterordnet uns bereits seit Wochen nicht mehr entwickelt, brachte McLaren schon in Österreich neue Hardware. Dort war es ein neuer Unterboden. Die starke Form der Roten sorgt dafür, dass McLaren weiter reagiert. Auch in Ungarn wird es noch einmal neue Teile für den MCL35M geben.

McLaren kündigt für Ungarn nächstes Upgrade an

"Wir bringen in Ungarn ein paar Upgrades an unser Auto, um sicherzustellen, dass wie diesen Kampf am Leben halten", verrät Seidl. Eine direkte Reaktion auf Silverstone allein sind die Neuerungen nicht, so kurzfristig funktionieren Design, Produktion und Logistik auch in der Königsklasse des Motorsports nicht. Sehr viel mehr wusste McLaren von vornherein, dass von Ferrari viel kommen würde. Nicht nur ein Comeback nach der historischen Katastrophe 2020, sondern auch fortwährende Verbesserungen.

"Ich bin nicht überrascht, welche Leistungen ein Team wie Ferrari hinlegen kann. Ich bin auch nicht davon überrascht, welche Schritte sie innerhalb der Saison machen können", sagt Seidl. "Das ist ein starkes Team mit zwei starken Fahrern. Sie haben auch alle Ressourcen, die sie brauchen, um auf Probleme zu reagieren. Sie haben das Team mit der nötigen Erfahrung, um auf Probleme zu reagieren, also ist es keine Überraschung. Es wird bis zum Saisonende ein sehr harter Kampf."

McLaren und Ferrari fahren restlichem Mittelfeld weg

Eine Beobachtung Seidls könnte dabei helfen. "Positiv ist - zumindest an diesem Wochenende -, dass eine kleine Lücke zu den Teams nach hinten aufgeht, hinter uns und Ferrari. Das zeigt, welchen Fortschritt wir mit dem Auto machen, auch innerhalb der Saison noch", sagt der Deutsche.

Das spiegelt sich deutlich im WM-Stand. Mit 49 Punkten für AlphaTauri, 48 für Aston Martin und 40 für Alpine liegen sämtliche Verfolger bereits aussichtlos weit zurück. McLaren kann sich so nahezu vollständig auf Ferrari allein konzentrieren. Allerdings gilt das inzwischen zunehmend auch für die Scuderia. Ohne den bislang einmaligen Totalausfall Frankreich würde Ferrari aktuell bereits vor McLaren klassieren - zumindest, wenn man den sonstigen Punkteschnitt von 16,4 Punkten je Rennen heranzieht.