Die Technische Direktive Nummer 22 des Jahres 2021 sorgte am vergangenen Österreich-Wochenende für viel Wirbel im Formel-1-Fahrerlager. Die FIA hatte den Teams darin mitgeteilt, dass ab dem Ungarn GP neue Regeln für Boxenstopps gelten. Die Kurzfassung: Für Menschen als realistisch errechnete Reaktionszeiten müssen eingehalten werden, der Reifenwechsel wird dadurch langsamer.

Besonders betroffen von der Regelklarstellung ist Red Bull. Der aktuelle WM-Leader liefert seit zwei Jahren die konstantesten und schnellste Reifenwechsel der gesamten Formel 1. Läuft alles rund, werden Max Verstappen und Sergio Perez in unter zwei Sekunden abgefertigt - diese Saison bereits dreimal. Im DHL Fastest Pit Stop Award, der an die schnellste Boxencrew vergeben wird, hat das Team 2021 längst doppelt so viele Punkte wie die ersten Verfolger von Williams und Mercedes.

Red Bull kritisiert Sicherheits-Argument: Mehr als lächerlich

Die neuen Regeln würden den Boxenstopp-Weltmeister mehrere Zehntelsekunden kosten. "Wir haben jahrelang dafür gearbeitet, diesen Vorsprung zu bekommen", ärgert sich Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com und fügt an: "Wir finden außerdem, dass es ein ganz großer Teil der Show ist."

Deshalb will Red Bull die Technische Direktive nicht akzeptieren und bearbeitet die FIA. "Das ist richtig", bestätigt Marko und schickt die Begründung hinterher: "Das Sicherheitsargument für die Boxenstopps ist mehr als lächerlich. Die ärgste Strafe ist, wenn der Reifen nicht drauf ist. Dann bist du raus. Haas hat das ja zweimal bewiesen…"

Das Sicherheitsargument hält Marko für fadenscheinig. "Man hat diesmal ein anderes Mercedes-Team vorgeschoben", meint der Grazer. Wen er damit meint, ist klar: McLaren. Ein anderes Team, weil bislang hauptsächlich Mercedes und Aston Martin gemeinsame Sache machten.

Red Bull hofft auf FIA-Einlenken bei Boxenstopps

Nur: Wie wahrscheinlich ist es, dass die FIA eine Technische Direktive, die gerade erst ausgegeben wurde, sofort widerruft? "Das kann ich nicht sagen, aber ich hoffe auf die Vernunft. Es gibt einen kontinuierlichen Dialog in dieser Angelegenheit", verrät Marko.

Teams, die das Einschreiten der FIA begrüßten, fürchten aktuell tatsächlich eine Rolle rückwärts. Kritische Stimmen sagen: Sollte der Automobilweltverband nachträglich einknicken, wäre das eine Kapitulationserklärung. Die Rufe nach einem stärkeren Regelhüter werden im Formel-1-Fahrerlager lauter.