Sebastian Vettel und die mögliche Formel-1-Zukunft des viermaligen Weltmeisters bei Racing Point, respektive 2021 Aston Martin, zählt weiter zu den bestimmenden Themen in der Königsklasse. Eine Meinung hat jeder, eine deutliche nicht immer. Wohl aber Eddie Jordan, der ehemalige Besitzer des über viele Umbenennungen und Verkäufe aus Jordan Grand Prix hervorgegangenen Teams.

Der Ire holte mit Damon Hill 1998 selbst einen Weltmeister in sein Team - ein Schachzug, den Brite gleich im ersten Jahr prompt mit dem ersten F1-Sieg Jordans, im achten Jahr des Teams in der Königsklasse, belohnte. Dass da eine Verpflichtung eines sogar vierfachen Champions wie Vettel für Jordan außer Frage stehen sollte, liegt da nahe. Doch der 72-Jährige urteilt völlig anders.

Jordan warnt: Würde Vettel Team-Gefüge zerstören?

„Natürlich würde man ihn [Vettel] in dem Auto lieben. Wenn man so will habe ich mein bestes Ergebnis, meinen ersten Sieg, mit Damon Hill geholt - und der war an der Grenze zum Alter, aufzuhören...“, erinnert sich Jordan im offiziellen Formel-1-Podcast ‚F1 Nation’.

„Und selbstverständlich ist Vettel als vierfacher Weltmeister auch ein großer Gewinn für jedes Team. Aber würdest du das Team, das Sergio hat, plus Einnahmen, plus Geld und einen guten Fluss innerhalb des Teams zerstören?“, grübelt Jordan.

Jordan zweifelt an Vettel: Ist das Feuer noch da?

Damit nicht genug. Auch, ob Vettel - abgesehen von diesen Argumenten - überhaupt noch der richtige Mann ist, bezweifelt Jordan. Allzu viel zu bedeuten haben die vier WM-Titel Vettel für Jordan offenbar nicht mehr. „Kann er eine Art Funken und ein Feuer und den Enthusiasmus und das Charisma, das er hatte, wieder entfachen? Das wird in seinem Alter schwierig“, so der 72-Jährige über den 33-Jährigen. „Würde ich ihn einstellen? Vielleicht nicht, weil ich denke, dass viel zu viele junge Kids nachkommen.“

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Damit zielt Jordan vor allem auf Vettels aktuellen Teamkollegen. Dessen Debütjahr bei Ferrari hat für Jordan bewiesen, dass in der Formel 1 eine Wachablösung erfolgt ist. „Vor einem Jahr hätten sehr wenige Leute dem Fakt viel Glauben geschenkt, dass Charles Leclerc ihn in seinem ersten Jahr in vielerlei Hinsicht vollständig zerstört haben würde. Aber er hat es getan und Charles wird so weitermachen, vielleicht, um bei Ferrari für eine bemerkenswerte Zeit zur Nummer eins zu werden“, so Jordan.

Jordan: Vettel von Leclerc zerstört, auch gegen Lewis keine Chance

Zudem glaubt der ehemalige Jordan-Chef, Vettel könne es auch mit Lewis Hamilton nicht aufnehmen. „Willst du mir sagen, dass er in einem ähnlichen Auto Kopf-an-Kopf mit Lewis Hamilton kämpfen könnte? Gerade kann er das, psychologisch, nicht einmal mit Charles Leclerc“, so Jordan. „Kann er es mit Lewis? Ich denke das nicht und das ist die Art, wie ich das betrachten würde, wenn ich der Team-Boss wäre ...“

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Gänzlich anders schätzt ein ehemaliger Fahrer Jordans, Nick Heidfeld, den Wert Vettels für Racing Point aka Aston Martin ein. „Mittelfristig kann Aston Martin für ihn eine gute Option sein. Auch wegen der Mercedes-Motorisierung. Das würde passen. Für beide Seiten. Aber vor allem für das Team“, schreibt Heidfeld in seiner aktuellen Kolumne als Sky-Experte. „Sebastian wäre eine große Hilfe.“

Nick Heidfeld widerspricht: Vettel wäre große Hilfe

Warum? Weil Vettel nach Amtszeiten bei Red Bull und Ferrari sowohl wisse, wie es funktioniere als auch, wie es eben nicht funktioniere. Heidfeld: „Nicht nur aus Fahrersicht, sondern vor allem wegen seines Wissens. Er ist vierfacher Weltmeister! Er weiß wie Weltmeisterteams funktionieren - und nicht funktionieren. Er ist bei Red Bull und Ferrari gefahren. Zweifellos kann Sebastian für jedes Team mit Ambitionen den Unterschied machen.“

Jordans Meinung zum vollständigen Zerstörer Leclerc dürfte Heidfeld für überholt halten. Zumindest kritisiert der Deutsche den Monegassen für dessen bisherige Leistung in der Saison 2020. Heidfeld: „Leclerc hat in den beiden letzten Rennen keine gute Figur abgegeben. Zuerst anfängerhaft sich und Sebastian direkt beim Start aus dem Rennen genommen, dann nach einem schwachen Rennen nur als Elfter ins Ziel gekommen.“

Leclerc-Hype übertreiben & unrealistisch

Heidfeld hält den Hype um Leclerc für übertrieben - und gefährlich, auch für Leclerc selbst. „Was ich schon seit Monaten sage: Leclerc wurde Ende letzten Jahres schon als der große Heilsbringer gesehen. Gerade von italienischer Seite. Der Traum: Er setzt sich ins Auto und ihm gelingt das, woran so viele schon gescheitert sind: Weltmeister werden!“ All diese Hoffnungen könne Leclerc gar nicht erfüllen. „In den Monaten und Wochen vor Saisonstart war er ein ‚Halb-Gott‘. Einer, der alles kann. Der Sunnyboy! Aber es war da schon klar, dass es völlig unrealistisch ist, was von ihm erwartet wird.“