Renaults Präsentation des Formel-1-Autos für 2020 in Paris sorgte unter Experten und Fans für lange Gesichter. Statt dem fertigen R.S.20 wurden nur Teaser eines Renderings gezeigt. Doch dieser vermeintliche Fehlstart in die neue Saison soll für Daniel Ricciardo nichts bedeuten. Obwohl das Team im Vorjahr einen Abwärtstrend zeigte, hat sich der Australier für seine zweite Saison mit den Franzosen einiges vorgenommen.

"Ich glaube natürlich immer noch daran, dass ein Podest mit Renault möglich ist. Als ich diesen Zweijahresvertrag unterschrieben habe, habe ich darin ein Podium gesehen", erklärt der Strahlemann der Formel 1 beim Launch-Event im L'Atelier Renault auf der Champs-Elysees, dass er immer noch an den Shoey in Gelb glaubt.

Der Wechsel von Red Bull zum Mittelfeldteam aus Enstone war für den 30-Jährigen zunächst ein Kulturschock. Erst nach einigen Rennen fand er sich mit seiner neuen Situation ab, nicht mehr in einem siegfähigen Auto zu sitzen. Im harten Mittelfeldkampf lernte Ricciardo eine andere Formel 1 kennen, und auch die eine oder andere Lektion über sich selbst.

"Ich habe letztes Jahr gelernt, dass aggressiv zu sein und entschlossen Rennen zu fahren gut ist, ich das manchmal aber auch im Griff haben und smart sein muss. Ich muss mir meine Kämpfe und meine Momente aussuchen und darin will ich besser sein", erklärt er.

Fokus für Renault auf Platz vier in der Weltmeisterschaft

2019 war ein vierter Platz in Monza für den siebenfachen Grand-Prix-Sieger das höchste der Gefühle. Der R.S.19 war weder schnell noch konstant genug, und als die Underdog-Sensationen von Hockenheim und Interlagos verteilt wurden, war Ricciardo nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

2020 soll die Rückkehr auf das Podium gelingen. "Was Positionen angeht, ist das mein persönliches Ziel und etwas, das machbar ist", ist er sicher. Bevor er sich mit dem gelben Boliden unter die drei Top-Teams mischen kann, muss jedoch erst das Primärziel des Teams realisiert werden.

Das sieht auch im fünften Jahr des Werkseinsatzes immer noch bescheiden aus. "Als Team müssen wir uns auf jeden Fall verbessern, die Jungs an der Spitze sind das Ziel, aber wir müssen uns im Mittelfeld zurückkämpfen und diesen vierten Platz holen", so Ricciardo. Das Zeug dazu soll Renault mit seiner Fabrik allemal haben.

Ricciardo: Renault hat Potential der Top-Teams

"Es ist nicht so, dass uns in dieser Hinsicht zu den großen Teams viel fehlt", sagt er. Das Potential zu realisieren hängt für ihn nicht allein vom Budget ab: "Hier kommt das Teamwork ins Spiel und es geht darum, jedes einzelne Mitglied des Teams bestmöglich einzusetzen. Es geht nicht darum, den klügsten Kerl in der Formel 1 in deinem Team zu haben. Es geht nicht nur um ein Individuum, sondern um alle."

Als Teamleader will er seinen Teil dazu beitragen, die Mannschaft um ihn herum zu formen: "Ich habe letztes Jahr gesehen, wie der Glaube an das Team gewachsen ist, aber der muss auch gestärkt werden. Der Mensch vergisst Dinge mit der Zeit. Und was Teamgeist und Motivation angeht, musst du das dem Team immer wieder einimpfen. Das ist etwas, woran ich arbeite. Ich will das dieses Jahr besser am laufen halten, um das Beste aus jedem herauszuholen."

Ricciardo verspricht Competition gegen Ocon

Ricciardo tut gut daran, sich dieses Jahr von Anfang an von seiner besten Seiten zu zeigen. Im Vorjahr wirkte er die ersten Wochenenden etwas desillusioniert und lustlos, nachdem er feststellen musste, dass er um zehnte Plätze fährt. Zwölf Monate später geht es für ihn jedoch um seine Zukunft in der Königsklasse, denn für 2021 hat er noch keinen Vertrag.

Wie es für ihn weitergeht, wird auch das Duell gegen seinen neuen Teamkollegen entscheiden. Mit Mercedes-Zögling Esteban Ocon hat Renault einen vermeintlichen Verstappen-Killer ins Team geholt, mit dem sich der Routinier in den kommenden 21 Rennen messen muss. "Ein neuer Teamkollege ist immer aufregend. Es ist eine Chance zu lernen und auch eine andere Art des Kampfes gegen jemand neuen", sagt Ricciardo.

Im Vorjahr stach er Nico Hülkenberg über die Saison hinweg relativ deutlich aus, doch der Emmericher hatte in seinem dritten Jahr bei Renault offenbar schon ausgecheckt. "Esteban bringt jetzt eine neue Dynamik mit. Er ist viel jünger und sehr hungrig, denn er hat den Sport für eine ganze Saison vermisst und ist noch an einem frühen Punkt in seiner Karriere.

Sollte er Ocon im Griff haben, würde das seinen Marktwert deutlich steigern. Anreize, seinen Stallgefährten zu schlagen, sind also gegeben. Dass es zu heiß werden könnte, fürchtet er aber nicht: "Ich denke, dass diese Dynamik zwischen uns cool sein wird. Ihr werdet viel Competition sehen. Aber ich denke, wir werden es auf einem vernünftigen Level halten, damit das Team nicht zu gestresst ist. Ich hoffe, dass wir einander Respekt zeigen werden und das Team weiter nach vorne bringen."