Die umstrittene Strafe gegen Sebastian Vettel beim Kanada GP 2019 übertünchte in der Nachbetrachtung des Rennwochenendes so gut wie alles - auch die in Montreal endlich wieder verbesserte Ferrari-Performance.

Ohne den Fehler und die Strafe hätte Vettel das Rennen immerhin aus eigener Kraft von Pole Position gewonnen. Vorausgesetzt jedenfalls, Hamilton hätte ohne Wissen von einer Strafe nicht härter attackieren können und attackiert, den Ferrari noch kassiert. Allerdings beklagte Hamilton längst eingehende Reifen.

Ferrari-Teamchef Binotto: Wir waren die Schnellsten!

Für Ferrari jedenfalls steht fest: Kanada war ein Comeback. Genau deshalb sieht sich die Scuderia trotz der zumindest erneuten Schlappe auf dem Papier [wobei noch überlegt wird, das Steward-Urteil anzufechten, Anm. d. Red.] als sportlich rehabilitiert und zurück im Geschäft.

"Wir verlassen Kanada in dem Wissen, dass wir heute - oder tatsächlich über das ganze Wochenende - bewiesen haben, dass wir konkurrenzfähig waren. Dieser Fakt ist ein Selbstvertrauen-Booster für das gesamte Team", sagt Ferrari-Teamchef Mattia Binotto. "Wir waren heute die Schnellsten auf der Strecke und das ist wichtig. [...] Wir wissen, dass es noch Schwächen gibt, die wir angehen müssen. Aber die Saison ist nicht vorbei!"

Charles Leclerc traut dem Braten nicht: Montreal nur Ferrari-Land?

Sebastian Vettel schließt sich an. "Wir haben den Sieg verdient, wenn man sich ansieht, wie die Dinge dieses Wochenende liefen - auch wenn die Rennpace unserer Gegner heute sehr stark war", so der Deutsche nach dem Rennen am Sonntag in Montreal.

Teamkollege Charles Leclerc klingt ähnlich, bleibt aber noch etwas vorsichtiger. "Ich freue mich jetzt auf das nächste Rennen in Frankreich", so der Monegasse. "Aber es ist schwierig zu sagen, wo wir da stehen werden, denn der Kurs in Montreal hat unserem Auto auch sehr gut gelegen", erinnert der Youngster. "Wir werden aber hart arbeiten, um weiter besser zur werden und um starke Ergebnisse zu kämpfen."

Ross Brawn: Ferrari in ausgezeichneter Form

Eine gewisse Erleichterung ist jedoch auch Leclerc ganz klar anzumerken. Ähnlich ergeht es Ross Brawn, Sportdirektor der Formel 1 und als solcher durchaus interessiert an einem spannenden WM-Kampf statt reiner Mercedes-Solofahrt. "Der wichtigste Befund des Wochenendes ist, dass die Fans eine klassische Vettel-Performance gesehen haben, was vielleicht seit dem Belgien GP des vergangenen Jahres verschwunden war", sagt der Brite.

"Ferrari war in Montreal in ausgezeichneter Verfassung", ergänzt Brawn auch über die Performance des Teams. "Deshalb war es essentiell, dass sie sich auch auf einen Fahrer von der Klasse und dem Talent von Sebastian, der auf der Höhe seiner Fähigkeiten war, verlassen konnten. Das war dieses Wochenende der Fall.

Binotto: Vettel-Gefühlsausbruch gutes Zeichen

Auf den Vettel-Faktor setzt nun auch Ferrari. Gerade dessen emotionale Reaktion nach dem Rennen - von manchen Experten und Beobachter auch scharf kritisiert - sieht Ferrari dabei als zusätzlichen Boost für die restliche Saison. "Das ist ein gutes Zeichen bei einem Fahrer", sagt Binotto über die riesige Enttäuschung und den Frust Vettels. Denn das verdeutliche nur dessen unbändigen Siegeswillen.

"Er ist sehr hungrig, wir alle hier sind hungrig und das ist ganz sicher etwas, dass uns über die nächsten Wochen, Monate und Rennen helfen wird", meint der Ferrari-Teamchef. "Gerade sind wir als Team natürlich enttäuscht, aber vor allem sind wir da bei Sebastian. Ich denke nicht, dass er die Dinge hätte anders machen können. Deshalb haben wir uns auch entschlossen, die Entscheidung der Stewards anzufechten", ergänzt Ferrari.

Ferrari-Einspruch als Bekenntnis für Vettel

Heißt: Ferrari will damit zusätzlich zeigen, wie sehr das Team hinter Sebastian Vettel steht. Ein Leadership-Ansatz, der bei den Roten vor nicht allzu langer Zeit noch deutlich anders schien …