Zum zwölften Mal warten die Teams in diesem Jahr auf den Beginn des Rennens. Und zum zwölften Mal werfen wir einen Blick auf die Ausgangslage für den anstehenden Grand Prix.
S wie Startaufstellung
Für Kimi Räikkönen brachte der Deutschland GP endlich die lange ersehnte Pole Position, welche an den letzten beiden Rennwochenenden schon früh durch einen Motorwechsel zunichte gemacht worden war. Aber obwohl es diesmal geklappt hat und der Finne sich sicher ist ein "Paket" zu besitzen, mit welchem er "um den Sieg kämpfen" kann, schickt ihm sein Titelrivale eine Warnung zu: "Wir sind im Rennen immer stärker als im Qualifying."
Für das Qualifying muss Fernando Alonso allerdings zugeben, dass er und sein Renault Team "im Moment regelmäßig am Samstag um 13 Uhr unseren Tiefpunkt" erleben. Mit Startplatz drei hinter Räikkönen und Überraschungsmann Jenson Button steht der Spanier aber gar nicht einmal so schlecht da.
Gleiches gilt für Michael Schumacher, der hinter den beiden Renault aus Reihe drei an den Start gehen wird. Direkt hinter ihm startet der nächste Deutsche: Nick Heidfeld, der sich genauso wie Schumacher Hoffnungen auf einen verregneten Sonntag macht.
S wie Start
Trotz seiner guten Starts in dieser Saison muss der Pole-Mann heute aufpassen: Denn die Gefahr droht nicht - nur - von Jenson Button neben ihm, sondern vor allem von den beiden Raketenstartern eine Reihe hinter ihm. So besitzt nicht nur Alonso das Zeug am Start in Führung zu gehen, sondern könnte auch sein Teamkollege Giancarlo Fisichella von vier auf eins brausen.
Nachdem Räikkönen durch Juan Pablo Montoyas Abflug bereits seinen Teamkollegen und silbernen Puffer verloren hat, könnte Fisichella allerdings auch ein Ersatz für den Kolumbianer werden. Schließlich wehrte sich dieser schon in Kanada gegen jegliche Teamorder und blieb bis zu seinem technisch bedingten Ausfall vor Alonso.
Dessen Ziel steht derweil schon jetzt fest: "Mein Ziel lautet, als Zweiter in die erste Kurve zu gehen und dann abzuwarten, wie sich das Rennen entwickelt."
Einer wird die Spitzengruppe hierbei, im Gegensatz zu den letzten beiden Rennen, nicht aufhalten können. Jarno Trulli startet heute nur von Rang neun. Zuletzt hatte sich nicht nur McLaren-CEO Martin Whitmarsh darüber beschwert, dass Trulli in seinem Toyota das Feld auseinander ziehen würde. "Er macht zwei Dinge", stellte Whitmarsh fest. "Trulli hält die Vordergruppe zusammen und er lässt das führende Auto oder die führenden Autos davonfahren - und das ist das Problem." Würde Trulli heute beim Start vor Alonso stehen, würden Whitmarsh & Co dies sicherlich anders sehen...
S wie Setup
Hockenheim verfügt hauptsächlich über langsame und mittelschnelle Kurven, die maximalen Abtrieb verlangen. Für Sauber-Technikchef Willy Rampf ist der Kurs deshalb "teilweise mit Magny-Cours vergleichbar". "Die Oberfläche ist recht glatt und daher wird die Reifenabnutzung kein ernstes Thema sein. Aus diesem Grund können wir mit weichen Reifenmischungen fahren."
Und auch die Abstimmung der Autos erfolgt laut Renault-Renningenieur Rod Nelson "ziemlich weich". Dabei wird allerdings eine "steifere" Front eingesetzt, um sowohl eine bessere Traktion zu erlangen als auch ein stabiles Heck beim Bremsen zu erzielen. "Da die Bremszone für Kurve sechs die Hauptüberholmöglichkeit ist, müssen wir sehr hart an der Bremsstabilität arbeiten."
Nicht mehr so sehr wie noch vor einigen Jahren stehen die Motoren im Vordergrund. "Obwohl die langen Waldgeraden von Hockenheim seit 2002 verschwunden sind, liegen die Anforderungen an die Motoren dort im oberen Drittel", betont Mario Theissen dennoch die Wichtigkeit der Aggregate auf dem Hockenheimring. "2004 betrug der Volllastanteil pro Runde 62 Prozent, die längste Volllastpassage am Stück misst 1047 Meter."
S wie Schonen
Entsprechend müssen nicht nur wie üblich die Reifen geschont werden, sondern auch die V10-Herzen. Was die Reifen angeht, so gibt es am heutigen Sonntag allerdings keine Probleme zu erwarten. Schließlich hatten die Hersteller weitaus heißere Temperaturen erwartet, weswegen die Pneus kaum Zuverlässigkeits-Probleme bekommen sollten. Stattdessen könnten geringer Grip oder ein starkes Herumrutschen die Folge sein.
Neben der PS-Zahl benötigen die Motoren in Hockenheim auch eine gute Fahrbarkeit "im unteren Drehzahlbereich". Dies jedenfalls sagt Fabrice Lom, seines Zeichens Motoreningenieur bei Renault. "Ein gutes Drehmoment ist ebenfalls ein Vorteil bei der Beschleunigung aus den langsamen und mittelschnellen Kurven."
S wie Strategie
Aus Strategiesicht dürfen wir auf den 67 Rennrunden sowohl eine Zwei- als auch eine Dreistoppstrategie erwarten. Während die Top-Teams von McLaren und Renault höchstwahrscheinlich auf einer Zweistoppstrategie unterwegs sind, dürften Jenson Button und Michael Schumacher eher zu den Dreistoppstrategen gehören.
Allerdings versucht der siebenfache Weltmeister diese Theorien zu zerstreuen. "Im Vergleich zu den anderen sind wir wie ich glaube nicht mit weniger Sprit gefahren", schloss Schumacher ein solches Gedankenspiel aus.
Eine ganz andere Strategie wählte hingegen sein Teamkollege Rubens Barrichello, der nicht nur schwerer sein dürfte, sondern auch mit der anderen Bridgestone-Reifenmischung unterwegs ist. Ross Brawn musste im Nachhinein jedoch eingestehen, dass "Michaels Reifenmischung besser" funktionierte. Von Startplatz 15 aus dürfte es für den Brasilianer also schwer werden eine ähnliche Aufholjagd zu zeigen, wie sie Kimi Räikkönen in den vergangenen beiden Rennen gelang.
S wie Speed
Auch wenn Hockenheim nicht mehr die Hochgeschwindigkeits-Strecke vergangener Tage ist, spielt der Top-Speed immer noch eine bedeutende Rolle. Besonders da es nur eine wirklich gute Überholmöglichkeit am Ende der langgezogenen Parabolika gibt. "Der Parabolika-Vollgasabschnitt mündet in eine Haarnadelkurve, welche die beste Überholmöglichkeit darstellt", weiß auch Willy Rampf um die Wichtigkeit dieses Abschnitts. "Allerdings verlangt die hohe Geschwindigkeit dort eine hervorragende Bremsleistung und -stabilität, und am Kurvenausgang benötigt das Auto gute Traktion."
Für eine "ideale Rundenzeit" sollte man deshalb laut Rod Nelson mit einem "Medium-Downforce" Setup antreten. "Aber die Tatsache, dass man auf der langen Geraden einen konkurrenzfähigen Top-Speed erreichen muss um überholen oder seine Position erfolgreich verteidigen zu können, führt dazu, dass wir mit einem "Medium-Low-Downforce" Setup fahren." Dieses soll "ähnlich" jenem von Kanada sein.
Mit dem Top-Speed-Rekord im Qualifying verlieh Nelsons Schützling Fernando Alonso den Worten seines Motorenchefs Denis Chevrier jedenfalls ausdrücklich Nachdruck: " Das Auto ist auf längeren Distanzen konstant und unsere Topspeed-Werte sehen gut aus."
Platz | Fahrer | Top-Speed |
1. | Fernando Alonso / Renault | 323,7 |
2. | Kimi Räikkönen / McLaren | 323,1 |
3. | Juan Pablo Montoya / McLaren | 322,8 |
4. | Jarno Trulli / Toyota | 322,1 |
5. | Jacques Villeneuve / Sauber | 319,5 |
6. | Giancarlo Fisichella / Renault | 319,4 |
7. | David Coulthard / Red Bull | 319,3 |
8. | Felipe Massa / Sauber | 319,2 |
9. | Ralf Schumacher / Toyota | 318,8 |
10. | Michael Schumacher / Ferrari | 318,6 |
11. | Christian Klien / Red Bull | 317,9 |
12. | Jenson Button / BAR | 317,7 |
13. | Christijan Albers / Minardi | 317,0 |
14. | Narain Karthikeyan / Jordan | 315,7 |
15. | Nick Heidfeld / Williams | 315,6 |
16. | Takuma Sato / BAR | 315,4 |
17. | Rubens Barrichello / Ferrari | 315,3 |
18. | Robert Doornbos / Minardi | 312,9 |
19. | Mark Webber / Williams | 312,3 |
20. | Tiago Monteiro / Jordan | 312,1 |
S wie Spannung
Für Hochspannung ist vor dem Großen Preis von Deutschland auf alle Fälle gesorgt. Und zwar nicht nur weil die beiden Titelrivalen erstmals seit zwei Rennen wieder ohne Strafversetzungen direkt hintereinander mit den gleichen Voraussetzungen ins Rennen gehen, sondern auch weil die bislang an diesem Wochenende unterlegenen Renault darauf bauen im Renntrim McLaren ebenbürtig zu sein.
"Wir haben uns sehr gut vorbereitet, deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir mit um den Sieg kämpfen können", gibt sich Alonso jedenfalls angriffslustig. Eines wird er allerdings - wie Silverstone bereits bewiesen hat - nicht riskieren: Einen Ausfall. Kimi Räikkönen muss hingegen auch wenn er führt alles geben, um den Punkterückstand aufzuholen.
Aber es gibt noch einen weiteren Faktor, welcher das Rennen beeinflussen und beide WM-Favoriten zu Statisten degradieren könnte: "Für morgen besteht ein Schauerrisiko", freut sich Nick Heidfeld, dessen Michelin-Pneus zwar bisher keine Regenkünstler waren, der aber selbst als guter Regenfahrer gilt. Ganz zu schweigen von Michael Schumacher und dessen Bridgestone-Regenreifen, die schon das gesamte Jahr über sehnlich auf ihren ersten Renneinsatz warten...
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