Charles Leclerc hat seine erste Woche Testfahrten als Stammfahrer der Scuderia Ferrari so gut wie beendet. Am finalen Tag der ersten Formel-1-Tests in Barcelona 2019 sitzt der Monegasse noch einmal im SF90, hat den Boliden erneut von Sebastian Vettel übernommen. Eine kurze Mittagspause nutzt Monegasse für zehn spannende Minuten mit der Presse.

Neben der allgemeinen Performance Ferraris dabei eines der Top-Themen: die teaminterne Zusammenarbeit mit dem viermaligen Weltmeister. Alles gut? Oder gibt es bereits erste Anzeichen von Konkurrenzdenken? Kurz gesagt: Ein bisschen schon, aber mehr als das Gegeneinander überwiegt aktuell ganz klar das Miteinander.

Charles Leclerc: Vettel gibt starkes Feedback

"Wir arbeiten sehr gut zusammen. Seb ist ein echt netter Kerl. Es ist also nicht schwierig, mit ihm klarzukommen. Das ist gut", sagt Leclerc zu Motorsport-Magazin.com. "Ich will da gar nicht zu sehr ins Detail gehen, aber es läuft gut. Es ist gut, ihn während dieser Tage an meiner Seite zu haben, auch wenn es sehr schwierig ist, einen Tag mit dem anderen zu vergleichen. Aber es ist gut, seine Stärken zu sehen und was ich von ihm lernen kann. Es war auf jeden Fall in vielerlei Hinsicht sehr aufschlussreich."

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Ein paar Details verrät der Youngster dennoch. Nämlich, welche Vettel-Stärken und – Lehren genau das sind. "Was das Fahrer-Feedback angeht ist Seb sehr stark. Er hat ein gutes technisches Wissen", schildert Leclerc.

Leclerc fünf Wochen in Maranello

"Das kann ich definitiv noch verbessern. Aber ich gebe da heftig Gas. Ich war die letzten fünf oder sechs Wochen immer in der Fabrik, um die ganzen Zusammenhänge besser zu verstehen. Das war letztes Jahr noch eine meiner Schwächen - da will ich besser werden!"

Klingt nach harter Arbeit. Ist es auch. Doch Leclerc will einfach - so schnell es geht - in allen Belangen den Level Vettels, der im Team über einen gewaltigen Erfahrungsvorsprung verfügt, erreichen. Seit 2015 fährt der Deutsche jetzt immerhin schon für Ferrari.

"Seb ist in einer anderen Situation. Er ist schon einige Jahre hier und kennt die Leute jetzt natürlich schon besser. Für mich ist das alles noch sehr neu, auch wenn ich in der Ferrari Driver Academy war. Ich muss erst noch verstehen und in Erfahrung bringen, welche Person wofür zuständig ist", beschreibt Leclerc.

Zwei schnelle Fahrer Problem für Ferrari-Teamchef? Leclerc: Gut für mich!

Sein Engagement kommt nicht von ungefähr. Denn auch, wenn Ferrari-Teamchef Mattia Binotto erst zuletzt im Rahmen des Ferrari-Launchs angekündigt hatte, Vettel im Zweifelsfall in Sachen WM über Leclerc zu priorisieren, hätte der Monegasse das selbst naturgemäß gerne etwas anders.

"Ich werde natürlich happy sein, wenn ich mich so schnell wie möglich an dieses Auto gewöhne und sofort auf Pace komme", sagt Leclerc. "Ich kann nicht verbergen, dass ich alles gebe, um für das erste Rennen so bereit zu sein wie nur möglich. Wenn Mattia dann das Problem hat, mit zwei schnellen Fahrern umgehen zu müssen, dann ist das für mich ein gutes Zeichen!"

Dass es so kommen könnte, schließt auch der Weltmeister nicht aus. "Er ist sehr talentiert und wird höchstwahrscheinlich viele Leute überraschen", meint Lewis Hamilton. Sofort einen WM-Aspiranten dürfe man allerdings nicht erwarten. "Diese Erwartung auf seine Schulter zu legen wäre unfair" meint Hamilton. "Er ist jung, er wird noch Fehler machen."

Erst lernen, dann angreifen

Noch dazu spreche man bei Leclercs Teamkollegen immerhin von einem viermaligen Weltmeister. "Und für Erfahrung gibt es keinen Ersatz", sagt Hamilton. Das sieht Leclerc kaum anders. Deshalb feilt er daran, diese Erfahrungen zu schnell zu sammeln wie nur möglich.

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"Es ist aber erst meine zweite Saison in der Formel 1 und ich muss noch viel lernen. Vor mir liegt noch ein langer Weg", weiß Leclerc. "Ich konzentriere mich jetzt einfach auf mich und versuche, mich mit jeder Runde im Auto zu verbessern. Es ist ein Top-Team und ihre Herangehensweise ist deshalb ziemlich anders als bei meinem vorherigen Team. Daran muss ich mich erst gewöhnen, aber ich will für Australien so bereit sein wie nur möglich."

Ein konkretes Resultat fasst Leclerc dabei noch nicht ins Auge. "Die Ergebnisse kommen dann ganz von selbst."