Lewis Hamilton steht beim Rennen in Austin vor seinem fünften WM-Titel in der Formel 1. Und wo sonst wäre die erneute Krönung zum Champion für den Mercedes-Star passender als in den Vereinigten Staaten? Den Briten verbindet nicht nur wegen eines Lifestyles eine ganz besondere Beziehung zu den USA. Egal ob Indianapolis oder Austin - Hamilton ist sportlich auf der anderen Seite des Atlantiks längst der Chef im Ring. Ein Rückblick auf eine ganz besondere Liebesbeziehung.

2007 - Veni, vidi, vici

In seiner Rookiesaison bei McLaren Mercedes überraschte Hamilton schon nach wenigen Rennen die gesamte Formel-1-Welt. Anstatt bei seinem Weltmeister-Teamkollegen Fernando Alonso in die Lehre zu gehen, schaltete sich der damals 22-Jährige beim sechsten Rennen der Saison kurzerhand selbst in den Kampf um den Titel ein. In Montreal lieferte Hamilton mit der ersten Pole und dem ersten Sieg seiner Karriere sozusagen sein Gesellenstück ab und übernahm damit gleich einmal die WM-Führung.

Eine Woche später ging es für ihn das erste Mal in die USA - und Hamilton machte in Indianapolis gleich dort weiter, wo er in Kanada aufgehört hatte. Erneut erteilte er in Qualifying und Rennen der Konkurrenz eine Lektion. Mit Alonso lieferte er sich dabei wie schon einige Wochen zuvor in Monaco ein enges Rennen und entschied den Schlagabtausch nach einem sehenswerten Zweikampf für sich.

"Ich war unter Druck von Fernando und wir pushten beide so hart wie möglich", so der Rennsieger nach der Schlacht gegen den Teamkollegen. "Im zweiten Stint kam er wirklich nahe heran, als meine Reifen Graining bekamen. Er griff mich am Ende der Geraden an, aber ich war in der Lage ihn hinter mir zu halten. Es wird einfach besser und besser. Was war das für eine unglaubliche Woche? Ich kann nicht glauben, dass ich gewonnen habe."

Seinen ersten USA-Sieg holte sich Hamilton nach einem Kampf gegen Alonso, Foto: Sutton
Seinen ersten USA-Sieg holte sich Hamilton nach einem Kampf gegen Alonso, Foto: Sutton

2012 - Hamilton will es mehr als Vettel

Der Formel-1-Kalender gewährte Hamilton nach dem Abschied der Königsklasse von Indy nach der Saison 2007 zunächst kein Gastspiel in den Staaten mehr. Erst 2012 feierte die USA ihr Comeback, auf dem brandneuen Circuit of The Americas in Austin. In der Formel 1 hatte sich seit 2007 einiges geändert. Hamiltons gutes Händchen für die Rennen auf der anderen Seite des großen Teichs war hingegen ganz das alte.

Hamilton befand sich beim vorletzten Rennen der Saison auf Abschiedstournee. Sein Wechsel von McLaren zu Mercedes war besiegelt, die Weltmeisterschaft wurde nur noch zwischen Fernando Alonso im Ferrari und Sebastian Vettel im Red Bull entschieden. Für Hamilton kein Grund, den Gegnern in Austin das Spielfeld zu überlassen. Nachdem er sich Vettel im überlegenen Red Bull im Qualifying knapp geschlagen geben musste, kämpfte er den Deutschen am Sonntag in einem Rad-an-Rad-Duell nieder um Sieg Nummer zwei in den USA mit Stil einzutüten.

"Ich bin unglaublich stolz und sehr glücklich. Ich habe fast meine Stimme verloren weil ich auf meiner In-Lap so geschrien habe", sagte Hamilton nach seinem nächsten Streich. "Beide Red Bulls im Rennen zu überholen war für mich das Coolste. Als Sebastian von einer Überrundung aufgehalten wurde, wusste ich, dass ich meine Chance nutzen muss. Also drehte ich den Motor bis zum Anschlag hoch und pushte wie verrückt. Was heute den Unterschied zwischen Seb und mir machte? Ich wollte es mehr, das war es!"

2012 viel Sebastian Vettel dem Jagdtrieb Lewis Hamiltons zum Opfer, Foto: Sutton
2012 viel Sebastian Vettel dem Jagdtrieb Lewis Hamiltons zum Opfer, Foto: Sutton

2014 - Neues Auto, alte Liebe

Nachdem Hamilton 2013 in seinem ersten Jahr mit Mercedes dem unantastbaren Red Bull mit Vettel hinter dem Steuer den Vortritt lassen musste, war er ein Jahr später zurück an der Spitze. Der einzige Konkurrent war für ihn 2014 der eigene Teamkollege, Nico Rosberg. Der machte im Qualifying zunächst den besseren Job und schnappte Mr. USA die Pole Position vor der Nase weg.

Im Rennen schaute sich Hamilton das Heck Rosbergs dann noch bis kurz vor Rennhälfte an. In der 24. Runde bremste er sich am Ende der langen Geraden am Deutschen vorbei und fuhr von da an seinen eigenen Stiefel. Mit seinem zehnten Saisonsieg landete Hamilton im WM-Kampf gegen Rosberg einen wichtigen Schlag. Umso größer war die Freude über den dritten Triumph in den USA.

"Dies ist ein fantastischer Ort, um Rennen zu fahren. Die Unterstützung durch die Fans ist hier absolut großartig. Vielen Dank an all die Fans", so Hamilton der seit seinem Wechsel zu Mercedes mittlerweile zum absoluten Publikumsliebling der Amerikaner avanciert war. "Ich habe alles gegeben. Vor dem Überholmanöver blieb ich so nah wie möglich an Nico dran. Ich wartete auf den richtigen Moment, um nah genug dran zu sein und innen anzugreifen. Sobald ich an Nico vorbei war, ging es nur noch darum, das Rennen zu kontrollieren."

Foto: Sutton
Foto: Sutton

2015 - Hamilton ringt Rosberg nieder

Ein Jahr später war Austin das viertletzte Rennen im Kalender, die Vorzeichen dafür gänzlich andere. Zwar reiste Hamilton wie schon 2014 mit neun Siegen im Gepäck in die USA, die WM war aber schon so gut wie entschieden. Mit 66 Punkten Vorsprung auf Sebastian Vettel war das Rennen für ihn auf den ersten Blick ein lockerer Matchball. Doch wieder war es Rosberg, der sich trotz dritter Geige hinter Hamilton und Vettel in Austin aufbäumte.

Der Deutsche stellte seinen Silberpfeil vor Hamilton auf die Pole Position und drohte die WM-Entscheidung damit zu vertagen, schließlich musste der Brite im Rennen nicht nur neun Punkte mehr als Vettel, sondern auch zwei mehr als Rosberg sicherstellen. Bei widrigen Wetterbedingungen wurde das Rennen zu einem echten Thriller zwischen den beiden Mercedes-Piloten.

Nachdem Hamilton Rosberg am Start zunächst mit einem rustikalen Manöver abgeschüttelt hatte, schlug der in der 18. Runde zurück. Rosberg baute seinen Vorsprung bis zur Rennhälfte auf rund zehn Sekunden aus, nachdem er und kurz darauf Hamilton den bärenstark fahrenden Ricciardo im Red Bull von der Spitze verdrängt hatten. In der 27. Runde machte ein Safety Car die ganze Arbeit Rosbergs zunichte.

Hamilton ließ sich die Chance nicht entgehen und machte nach dem Restart unermüdlich Druck auf Rosberg - mit Erfolg. In der 48. Runde machte dieser in Kurve 16 einen Fehler. Laut Rosberg erwischte ihn eine Windböe auf dem falschen Fuß. Hamilton ging vorbei, und ließ sich Sieg Nummer vier und WM-Titel Nummer drei nicht mehr nehmen. "Nico fuhr heute sehr gut. Ich dachte mir die ganze Zeit: Diese Weltmeisterschaft ist gleich dort, wie kann ich sie holen? Es gab nicht einen Moment, in dem ich nicht glaubte, es zu schaffen", so Hamilton.

Lewis Hamilton stellte 2015 in Austin seine dritte Weltmeisterschaft sicher, Foto: Mercedes-AMG
Lewis Hamilton stellte 2015 in Austin seine dritte Weltmeisterschaft sicher, Foto: Mercedes-AMG

2016 - Hamilton schlägt zurück

Im dritten Anlauf klappte es für Hamilton endlich mit dem Qualifying-Triumph über Rosberg. Die Vorzeichen waren 2016 aber wieder ganz andere als in den Jahren zuvor. Nach einem Seuchenjahr, das wenige Wochen zuvor von einem Motorschaden in Malaysia besiegelt wurde, ging Hamilton mit 33 Punkten Rückstand in das viertletzte Rennen der Saison in den USA. Die Pole war für Hamilton damit umso wichtiger.

Im Rennen fuhr Hamilton einen ungefährdeten Sieg vor Rosberg ein und beendete damit eine fünf Grands Prix überdauernde Durststrecke. Den Rückstand in der WM reduzierte er damit auf 26 Punkte. Auch die darauffolgenden drei Rennen in Mexiko, Brasilien und Abu Dhabi sollte Hamilton souverän gewinnen. Den WM-Titel verpasste er dennoch um fünf Punkten.

"Ich bin sehr froh über meinen 50. Sieg heute. Es hat lange gedauert, aber am schönsten war es, ein gutes Rennwochenende zu haben. Dieses Rennen hier war für mich immer extrem gut, aber es war nach den ganzen Zuverlässigkeitsproblemen einfach eine riesige Erleichterung, als ich die Ziellinie überquerte", so der Brite nach seinem fünften Sieg in den Staaten.

Hamiltons Austin-Sieg 2016 beendete eine lange Durststrecke, brachte am Ende jedoch nicht den WM-Titel, Foto: Sutton
Hamiltons Austin-Sieg 2016 beendete eine lange Durststrecke, brachte am Ende jedoch nicht den WM-Titel, Foto: Sutton

2017 - Hamilton macht für Mercedes den Sack zu

In der Saison 2017 musste sich Hamilton erstmals seit langer Zeit wieder einem anderen Gegner als dem eigenen Teamkollegen stellen. Die WM-Offensive von Ferrari und Sebastian Vettel war auf der Asien-Tournee vor Austin allerdings verpufft, sodass das 17. der 20 Rennen im Kalender für Hamilton und noch mehr für Mercedes zur Triumphfahrt wurde.

Nachdem sich Hamilton souverän die Pole Position vor Vettel gesichert hatte, stellte er mit seinem sechsten USA-Sieg und dem fünften Platz von Teamkollege Valtteri Bottas für Mercedes vorzeitig den Titel in der Konstrukteurs-WM sicher. Für den Sieg musste er allerdings etwas mehr arbeiten als zunächst erwartet, nachdem Vettel ihn am Start kassiert hatte.

"Das Rennen war toll, eines der spaßigsten das ich seit einer ganzen Weile hatte. Ich hatte keinen guten Start, aber ich war trotzdem irgendwie entspannt, denn aus der Vergangenheit wusste ich, dass man hier überholen kann", so Hamilton hinterher, der Vettel in der sechsten Runde die Führung gleich wieder abnahm. "Ich hatte viel Spaß dabei, ihn einzufangen und zu überholen." Seine vierte WM-Krone fing er sich dann eine Woche später in Mexico City.

Sebastian Vettel konnte Lewis Hamilton 2017 in Austin nicht lange halten, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel konnte Lewis Hamilton 2017 in Austin nicht lange halten, Foto: LAT Images