Der diesjährige Deutschland GP war ein Erfolg. Mehr als 70.000 Formel-1-Fans pilgerten an den Hockenheimring. Mehr waren es zuletzt 2006, als Michael Schumacher im Ferrari um die Weltmeisterschaft fuhr. Und trotzdem ist die Zukunft der Formel 1 in Deutschland ungewisser denn je.

2018 war das letzte Jahr des Vertrags, den der Hockenheimring mit der Formel 1 hatte. Der Vertrag des Nürburgrings lief bereits nach der Austragung des GP 2013 aus. Auch wenn Bernie Ecclestone seinerzeit dem Hockenheimring mit den Antrittsgebühren entgegengekommen war, finanziell war das Rennen die letzten Jahre ein Ritt auf der Rasierklinge.

Trotz des großen Zuschauerzuspruchs in dieser Saison will noch niemand von einem Profit sprechen. "Die Tribünen waren ausverkauft, das Fassungsvermögen wurde aber nicht erreicht", erklärt Hockenheimring Geschäftsführer Georg Seiler gegenüber Motorsport-Magazin.com. Zu Schumachers Ferrari-Zeiten wurden zahlreiche Zusatztribünen aufgebaut und auch regulär Stehplatztickets verkauft.

Wie weit kommt die Formel 1 Deutschland entgegen?

Trotzdem sah die Bilanz 2018 nicht schlecht aus. "Wir waren mit dem Ergebnis zufrieden", sagt Seiler. Seine Bedingung, damit die Formel 1 auch in Zukunft in Deutschland fährt, hat der Hockenheim-Geschäftsführer schon oftmals klargemacht: Es darf kein wirtschaftliches Risiko geben. Heißt: Der Hockenheimring muss wissen, dass am Ende kein Minus steht.

In Form der aktuellen Verträge ist das aber nicht möglich. Liberty Media betonte zuletzt immer wieder, wie wichtig der Deutschland GP auch für die Formel 1 sei. Die Kulisse in diesem Jahr sucht im Kalender ihresgleichen.

Um die zu behalten, braucht es aber ein Entgegenkommen. Liberty weiß, dass Österreich, Großbritannien und Deutschland eine Sonderstellung haben: Keiner dieser drei GPs wird von öffentlicher Hand unterstützt. Allzu weit will oder kann der kommerzielle Rechteinhaber aber nicht entgegenkommen. "Dann können wir den anderen Promotern nicht mehr in die Augen sehen", sagte Formel 1 Marketingchef Sean Bratches zu Motorsport-Magazin.com.

Hift die Politik der Formel 1 in Deutschland?

Um die Lücke zwischen Veranstalter und Formel 1 zu schließen, schalteten sich beim diesjährigen GP tatsächlich dritte Parteien ein. Politik, Industrie und Verbände trafen sich am Hockenheimring, um zu beratschlagen, wie man den Deutschland GP retten könnte.

Verkehrsminister Scheuer mit AvD-Funktionär und Bodyguards, Foto: Sutton
Verkehrsminister Scheuer mit AvD-Funktionär und Bodyguards, Foto: Sutton

Sogar Verkehrsminister Andreas Scheuer zeigte sich am Rennsonntag und bemühte in einem ZDF-Interview perfekte Politiker-Sprache: "Ich hoffe, dass der GP hier bleibt, denn Deutschland ist eine große Automobilnation und auch die Organisatoren der Formel 1 müssen wissen, dass Deutschland ein guter Platz ist. Nicht nur für Rennen, sondern vor allem für Innovation. Deshalb will ich meine volle Unterstützung geben, dass der GP in Deutschland bleibt."

Kann der Deutschland GP auf eine Finanzspritze seitens der Politik hoffen? Was heißt Unterstützung konkret? Motorsport-Magazin.com wollte genau das von Scheuer wissen. "Nein! Das heißt Unterstützung", sagte der CSU-Politiker und zog mit seinen Bodyguards von dannen.

Auch wenn es bei der Unterstützung möglicherweise mehr um öffentlichkeitswirksame Aussagen geht, als um die Sache selbst: Immerhin tut sich wieder etwas. Auch der ADAC hat sich wieder mit an den Tisch gesetzt, obwohl zuletzt der AvD die sportliche Ausrichtung des GP übernommen hatte.

Verbände, Industrie und Politik für Deutschland GP

"Wir waren seit langem als ADAC nicht mehr in die Formel 1 involviert, wir wollen die Gespräche von Hockenheimring oder Nürburgring nicht stören", stellt ADAC Sportpräsident Hermann Tomczyk klar. "Nur wenn es so kommt, dass es gar keinen GP gibt, dann werden wir schauen, dass wir irgendwo helfen können", sagte er im Gespräch Motorsport-Magazin.com.

Auch Tomczyk glaubt nicht daran, dass letztendlich die Politik die Schatulle öffnen wird: "Das ist insofern schwierig, als wir uns in Deutschland im Vergleich zu anderen GPs auf einem ganz anderen Niveau begeben. Bei uns muss es immer einer privatwirtschaftlich stemmen. Das ist die Schwierigkeit dabei."

Rund um den Deutschland GP war nicht nur auf den Tribünen wieder vermehrt Euphorie zu verspüren, auch hinter den Kulissen. Politik, Industrie und Verbände scheinen an einem Strang zu ziehen. Nur DMSB-Präsident Hans Joachim Stuck suchte man im Fahrerlager vergblich.

Deutschland kein Lückenbüßer für Miami-Ausfall

Auch in den Wochen nach dem Rennen nahmen die Gespräche zwischen Hockenheim und Liberty Media wieder eine positive Richtung. Möglichweise half dabei, dass 2019 definitiv kein Rennen in Miami stattfinden wird. "Wir wollen uns aber nicht als Lückenbüßer für Miami verstanden wissen", stellt Seiler klar.

"Ob mit oder ohne Miami: Ein Deutschland GP ist von allen Seiten wünschenswert. Wir verhandeln natürlich für die Zukunft, davon ist nicht nur 2019 betroffen. Wir denken nicht kurzfristig", so Seiler. "Hockenheim hat nichts mit Miami zu tun - es gibt genügend Platz für beide Rennen", meint Marketingboss Sean Bratches und fügt an: "Wir schwenken noch nicht die weiße Fahne."

Insider glauben aber nicht, dass es wieder zu langfristigen Verträgen wie in der Vergangenheit kommen wird. Zunächst sind - wenn denn eine Einigung erzielt werden kann - zwei bis drei Jahre realistisch.

Lange müssen die deutschen Fans hoffentlich nicht mehr zittern. "Wir gehen von einer Entscheidung in den nächsten zwei bis drei Wochen aus", meint Seiler. Danach wird es schwierig: Zum einen sollte der Kartenvorverkauf langsam beginnen, zum anderen muss auch der Hockenheimring seine Events für 2019 planen.