Während das eine Ferrari-Partnerteam Haas F1 der illegalen Kopie von Teilen beschuldigt wird, bleibt es beim anderen Ferrari-Partner Sauber ruhig. Warum gibt es dort nicht die gleichen Fragen? Schließlich fährt Sauber seit dieser Saison unter dem Logo von Alfa Romeo - eines Unternehmens, das Teil des Ferrari-Konzerns ist. Wäre es nicht sinnvoll, ebenfalls die Haas-Strategie zu verfolgen und Ferrari zu kopieren?

Bei den Formel-1-Tests in Barcelona sprach Sauber-Teamchef Frederic Vasseur schließlich schon von mehr Zusammenarbeit mit Alfa Romeo: "Wir reden nicht nur von einem Sponsor, sondern von einem Partner, und wir werden unsere Kooperation weiter ausbauen. Es geht nicht nur um den Motor, es geht um viel mehr Technik. Sie haben sehr viele Ressourcen und Wissen, und wir können so etwas für die Zukunft aufbauen."

Sauber-Chef Vasseur: Bin nicht Günther Steiner

Dass Haas unter Günther Steiner ein sehr gutes Projekt am Laufen hat, will Vasseur ihnen gar nicht absprechen. Für sein eigenes Team Sauber bringt ihm das Haas-Konzept nichts, er hat andere Vorstellungen. "Ich bin nicht Günther Steiner, ich schaue auf mein eigenes Projekt", scherzte Vasseur in Australien. "Wir gehen anders an die Partnerschaft mit Ferrari heran. Ich weiß genau, was ich machen will. Nur weil es für Haas sehr gut läuft, werde ich meine Herangehensweise nicht ändern."

"Wir haben ein Projekt mit einer bestimmten Philosophie, dabei bleiben wir. Unsere Teams sind unterschiedlich, unsere Anlagen sind unterschiedlich", stellt Vasseur gegenüber Motorsport-Magazin.com klar. Im großen Stil Teile von Ferrari kopieren oder sogar übernehmen gehört nicht zur Sauber-Philosophie.

Diese lautet nämlich: Es wird selbst gebaut. Das ist nicht allzu schwer für das Team, welches 1993 in der Formel 1 debütierte. Die notwendigen Ressourcen und ausreichend Erfahrung sind vorhanden. In Hinwil in der Schweiz besitzt Sauber einen riesigen Gebäudekomplex, sogar mit Windkanal. Das Team beschäftigt über 300 Mitarbeiter, und hat massenhaft Motorsport-Erfahrung. Und Haas?

Formel-1-Neuling Haas will vor allem sparen

Im Vergleich zu Sauber ist Haas ein echter Formel-1-Neueinsteiger. Das Team des Amerikaners Gene Haas geht 2018 erst in die dritte Saison. Eine große Fabrik oder Mitarbeiter gab es zu Beginn nicht. Erklärtes Ziel war es aber, den Einstieg schnell und vor allem kosteneffizient durchzuziehen. Haas hatte zuvor die Negativ-Beispiele des Jahres 2010 (Virgin, Lotus und HRT) beobachten können - drei neu aufgebaute Teams, die fast alles selbst fertigen mussten und letztendlich scheiterten.

Haas ist anders aufgestellt. Das Hauptquartier liegt neben seinem NASCAR-Team in den USA, die Logistikbasis in England. Für das Chassis gibt es eine Partnerschaft mit den italienischen Rennwagenbauern von Dallara. Die sind gut bekannt und respektiert: Sie bauen unter anderem die Einheitschassis der Formel E, der amerikanischen IndyCar-Serie und vieler Nachwuchs-Formelserien.

Haas übernimmt viel und spart dadurch Geld, Foto: Sutton
Haas übernimmt viel und spart dadurch Geld, Foto: Sutton

Haas: Ferrari-Partnerschaft ist billiger

Seit der Teamgründung ist Haas außerdem Partner von Ferrari, und kauft dort Komponenten zu. Das ist auch kein Problem: Es gibt in der Formel 1 nämlich nur eine Liste an Teilen, die jedes Team selbst gestalten und bauen oder von unabhängigen Zulieferern bauen lassen muss - die sogenannten "Listed Parts". Der Rest darf von anderen F1-Teams zugekauft werden.

Letztendlich spart sich Haas damit Zeit, Geld und muss vor allem die Infrastruktur für ein Formel-1-Team nicht komplett mit viel Geld neu aufbauen. Für das Team selbst sollen nur etwa 200 Angestellte arbeiten. Es bleibt: Gestaltet Haas wirklich alle Listed Parts selbst? Gerade bei Aerodymanik-Bauteilen sind viele Fragen aufgekommen.

Haas-Teamchef Günther Steiner sieht keine Probleme bei der Haas-Taktik, Foto: Sutton
Haas-Teamchef Günther Steiner sieht keine Probleme bei der Haas-Taktik, Foto: Sutton

Haas-Teamchef Günther Steiner sieht bei sich alles im Reinen: "Wir berichten, wie jeder andere, alles an die FIA. Deshalb bin ich mir sicher, dass wir nichts falsch machen. Wir gestalten unsere eigene Aerodynamik, wie vom Reglement gefordert, und ja, wir nutzen Teile von Ferrari, aber jeder weiß das schon seit zwei Jahren." Genau dieses Modell wäre zumindest vom Reglement her erlaubt und auch für Sauber denkbar. Aber praktisch offenbar nicht, denn anders als Haas hat Sauber die nötigen Einrichtungen.

Sauber: Ohnehin optimistisch für nächste Rennen

So schlimm steht es laut Vasseur momentan ohnehin nicht um Sauber. Er glaubt nicht, dass nach dem Australien-Wochenende schon ein radikaler Wechsel notwendig ist, obwohl Charles Leclerc das Rennen nur auf dem 13. Platz beendete und Marcus Ericsson ausschied. "Es ist ja nicht so, dass wir nach einem Rennen alles komplett ändern müssen", wehrt Vasseur weitere Fragen zu einer umfangreichen Umstellung auf ein Haas-Modell ab.

Am Sonntag nach dem Formel-1-Auftakt in Australien blickte er optimistisch auf das nächste Rennen in Bahrain: "Die Balance des ganzen Rennwochenendes ist positiv, besonders wenn wir uns den Fortschritt ansehen, den wir seit Freitag gemacht haben. Alles in allem ist es ein gutes Gefühl für das Team, und wir sind motiviert und freuen uns auf Bahrain."