Es ist inzwischen ein kleiner Trend: Immer, wenn Mercedes Probleme hat und die Pace der Konkurrenz nicht oder nur schwer mitgehen kann, ist Valtteri Bottas der bessere der beiden Mercedes-Piloten. Zum ersten Mal fiel das in dieser Saison in Russland auf, als Valtteri Bottas gewann und Hamilton im nirgendwo fuhr. In Monaco verpasste Bottas nur knapp die Pole, während Hamilton nur auf Platz 13 landete.

In Budapest war es in der Qualifikation zwar nicht so deutlich zwischen Hamilton und Bottas, doch der Finne hatte fast das gesamte Wochenende die Oberhand. Abgesehen vom 1. Freien Training war Bottas immer schneller. Bottas startet von Platz drei in den Ungarn GP, Hamilton von Patz vier.

Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner sieht deshalb einen Trend: "Ich habe den Eindruck, dass Hamilton mit dem Auto immer so fährt, als wäre es bei 100 Prozent - und dann fliegt er raus." In seinem ersten Versuch im finalen Qualifikationsabschnitt übertrieb es der Brite in Kurve vier und musste seine Runde abbrechen. Auch die zweite Q3-Runde von Hamilton war nicht fehlerfrei, optisch gut zu erkennen versuchte er zu viel.

Sind die vergangenen drei Jahre schuld, als Mercedes so dominant war und Hamilton nur Teamkollege Nico Rosberg fürchten musste? "Da gehört viel Psychologie dazu", meint Daner. "Für Hamilton ist es selbstverständlich, dass er der beste Fahrer der Welt ist und der automatisch auch das beste Auto hat. Und so fährt er. Man erkennt das auch an teaminternen Vorgängen: Wenn Hamilton Probleme hat, entschuldigt sich Niki [Lauda] und sagt, sie hätten ihm nicht das richtige Auto hingestellt. Dass Bottas schneller fährt, geht etwas unter."

Wolff sieht (noch) keinen Hamilton-Schwäche-Trend

Übrigens ist der Trend auch im vergangenen Jahr sichtbar: Als Mercedes in Singapur nicht das alle überstrahlende Auto hatte, war es Rosberg, der die Kohlen aus dem Feuer holte. Hamilton holte nur mit Zutun der Ferrari-Strategen noch Platz drei.

Toto Wolff wollte diesen Eindruck (noch) nicht bestätigen. "Ich glaub es nicht, aber ich habe mir die Statistik nicht angesehen, ob es so ist. Ich habe bis Spa viel Zeit und werde euch dann eine Antwort darauf geben", scherzte der Mercedes Motorsportchef.

In Spanien kamen sich Hamilton und Bottas nur aufgrund der Boxenstopps nahe, Foto: Sutton
In Spanien kamen sich Hamilton und Bottas nur aufgrund der Boxenstopps nahe, Foto: Sutton

Allerdings war teilweise auch das genau umgekehrte Phänomen zu sehen: Wenn Hamilton schnell war, war Bottas langsam. Trotz des guten Ergebnisses im ersten Rennen für Mercedes war Bottas in Australien deutlich langsamer als Hamilton. Auch in Spanien, als Hamilton siegte, konnte der Finne vor allem im Rennen nicht annährend mithalten.

Danner sieht Hamiltons Herangehensweise nicht unbedingt negativ: "Das ist eben auch einer der Gründe, warum er dieses Extra-Bisschen schneller ist, wenn das Auto zu 100 Prozent funktioniert. Aber: Konstruktionsbedingt ist der Mercedes nicht immer so gut wie etwa in Silverstone."

Mercedes: Schwache Performance Strecken-spezifisch

Und das ist der interessante Punkt für Mercedes: Lag es an der Strecke, dass Ferrari plötzlich wieder vorne ist oder an der Entwicklung? "Ich glaube, wir können inzwischen ein Muster sehen. Und das Muster ist die Strecke", meint Wolff. Der Hungaroring ist nach Monaco die zweitlangsamste Strecke im Kalender. In Singapur müssen die Silberpfeile erneut zittern. Der deutlich längere Radstand des Mercedes entpuppt sich offenbar tatsächlich als Nachteil auf winkligen Kursen.

Die Probleme im Fürstentum - zumindest bei Lewis Hamilton - waren aber noch deutlich gravierender. Hat Mercedes Fortschritte gemacht oder ist Ungarn einfach nicht ganz so extrem? Die Durchschnittsgeschwindigkeit von Vettels Pole-Runde in Budapest lag bei 206,8 Stundenkilometer, Kimi Räikkönen fuhr in Monaco mit durchschnittlich 166,4 km/h auf Pole.

Wolff zu Motorsport-Magazin.com: "Das ist das Positive von heute: In Monaco hatten wir noch viel größere Probleme. Heute waren wir viel näher dran an Ferrari. In Monaco hatten wir das Problem während des Wochenendes noch nicht so gesehen."