Ferrari, Mercedes, Red Bull: Das Qualifying für den Großen Preis von Ungarn brachte nicht die große Überraschung, nach der es am Freitag noch gerochen hatte. Daniel Ricciardo und Max Verstappen gelang es nicht, an die hervorragende Form des Trainingsauftaktes anzuknüpfen und die Konkurrenz in Silber und Rot zu überrumpeln. Während Ricciardo einem besseren Ergebnis nachtrauerte, war Verstappen mit seiner Leistung durchaus zufrieden. Trotz der Qualifying-Niederlage wollen beide im Rennen zum Angriff auf Vettel & Co. blasen.

"Gestern waren wir stark aber heute einfach nicht nah genug dran. Wir haben unterperformt", gibt ein desillusionierter Ricciardo zu Protokoll. Nach zwei Trainingsbestzeiten am Freitag war er davon ausgegangen, die gezeigte Performance lediglich konservieren zu müssen, um eine Chance auf die Pole zu haben. Platz sechs und eine halbe Sekunde Rückstand auf Pole-Sitter Sebastian Vettel waren ganz und gar nicht das, was er sich vorgestellt hatte.

"Ich war schon realistisch. Ich wusste, dass die Pole noch nicht in trockenen Tüchern war, aber ich war mir sicher, dass wir heute stark sein könnten", so der Australier, der von der Pace der Ferraris am Samstag eiskalt erwischt wurde. "Die Strecke hat sich ziemlich verändert und besonders Ferrari fand einen großen Batzen Zeit. Wir konnten da einfach nicht mithalten", fügt er an. Dass er im Qualifying mit zwei Hundertsteln haarscharf dem Teamkollegen unterlag, ist da nebensächlich.

"Ich hatte einfach das Gefühl, wir hätten schneller sein können. Nicht nur ihn schlagen, sondern einfach besser abschneiden", so Ricciardo, für den der Defekt im 3. Freien Training die Hauptschuld am unbefriedigenden Abschneiden trägt. Nachdem er aufgrund eines Hydraulikdefekts am Vormittag nur sieben Runden drehen konnte, fühlte er sich auf verlorenem Posten: "Ich habe schon auf der Outlap im Q1 realisiert, dass es schön gewesen wäre, wenn wir diese Fahrzeit gehabt hätten."

Ein Defekt im 3. Freien Training warf Daniel Ricciardo in Budapest zurück, Foto: Sutton
Ein Defekt im 3. Freien Training warf Daniel Ricciardo in Budapest zurück, Foto: Sutton

Verstappen froh, Ricciardo frustriert: Verkehrte Welt bei Red Bull

Ricciardo hatte schon im Training nicht mehr das gute Gefühl, mit dem er am Freitag an der Spitze des Feldes lag. "Wir waren ziemlich früh in aufgeschmissen und haben nicht wirklich eine Erklärung", gibt er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com zu. Die technischen Probleme sorgten jedoch dafür, dass er der Sache nicht auf den Grund gehen konnte. "Max ist gefahren und wir haben versucht herauszufinden was die Strecke macht und das Auto so eingestellt, wie wir dachten, dass es funktioniert. Es war dann aber ziemlich widerspenstig und ich habe in Q1 und Q2 damit gekämpft", erklärt der 28-Jährige.

Im letzten Segment des Zeittrainings kam er zwar besser zurecht, doch wirklich glücklich ist er trotzdem nicht: "Im Q3 haben wir es geschafft, etwas mehr herauszuquetschen. Aber rückblickend war selbst meine letzte Runde chaotisch und wir waren trotzdem nur ein Zehntel hinter Hamilton", so Ricciardo, den der geringe Abstand zu den Silberpfeilen umso mehr wurmt: "Ich bin wahrscheinlich nur so frustriert, weil wir aus dem Nirgendwo doch noch so nah herangekommen sind, aber nicht nah genug." Auf der anderen Seite der Garage ist die Stimmung deutlich besser, obwohl mit Platz fünf auch nicht der erhoffte Coup gelang.

Max Verstappen kam am Freitag zunächst auf keinen grünen Zweig und war etwas ratlos, wie er Ricciardo auf dem Hungaroring Paroli bieten sollte. Am Samstag plötzlich vor dem Teamkollegen zu landen, war für ihn durchaus ein Grund zur Freude. "Wir haben sehr viel am Auto geändert, denn ich war gestern nicht glücklich. Ich hatte viel Übersteuern und viel Untersteuern, mir fehlte einfach das Vertrauen ins Auto", so der Niederländer, der offenbar erst im letzten Moment die Kurve bekam: "Im letzten Training war ich immer noch nicht zufrieden, aber wir haben es geschafft das Blatt zu wenden."

Pünktlich zum Zeittraining fanden Verstappen und seine Crew den richtigen Weg, um den RB13 wieder auf Kurs zu bringen. "Wir haben etwas zurückgebaut. Nicht was die Teile anging, aber das Setup. Im Qualifying haben wir es dann endlich auf den Punkt hinbekommen", so Verstappen gegenüber Motorsport-Magazin.com. Mit den Upgrades am Boliden ist er im Großen und Ganzen zufrieden: "Es ist ein guter Schritt, absolut. Aber es sind noch kleine Details, wo wir mehr Grip im Auto finden müssen um wirklich konkurrenzfähig zu sein."

Max Verstappen kam am Samstag besser zurecht, musste sich aber Ferrari und Mercedes unterordnen, Foto: LAT Images
Max Verstappen kam am Samstag besser zurecht, musste sich aber Ferrari und Mercedes unterordnen, Foto: LAT Images

Kampfansage von Ricciardo: Werde nach Ungarn keine Freunde mehr haben

Aus der dritten Startreihe heraus wird Red Bull im Rennen vor der in dieser Saison gewohnten Herausforderung stehen. Dass das Team für den Grand Prix die Probleme an der Setup-Front noch in den Griff bekommt, hält Ricciardo für unwahrscheinlich. Stattdessen will er lieber die Ellenbogen ausfahren, um nach vorne zu kommen. "Wenn wir Track Position bekommen können, können wir uns selbst helfen. Das wird ein spaßiges Rennen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich nach dem Rennen noch viele Freunde haben werde. Aber das ist schon okay", scherzt der Australier, der in Silverstone zuletzt von Platz 19 auf die fünfte Position nach vorne fuhr.

Dass Mercedes und Ferrari einem angriffslustigen Ricciardo die Bahn frei macht, da dieser nicht im WM-Kampf ist, hält er für unwahrscheinlich. "Ich denke, es ist für sie noch zu früh um konservativ zu fahren. Aber normalerweise kämpfen sie. Vor allem Seb ist da nicht so schlecht", so Ricciardo, der weiß, dass das Überholen auf dem Hungaroring besonderes Fingerspitzengefühl verlangt: "Ich bin am Ende dieser Gruppe und muss mich nach vorne kämpfen. Aber wir können diese Jungs nicht einfach überholen. Wenn ich vorbei will, braucht es ein paar schöne Manöver."

Verstappen hofft schlichtweg darauf, wie schon so oft in diesem Jahr gleich beim Erlöschen der Ampeln zuzuschlagen. "Unsere Starts waren diese Saison bisher sehr gut. Mal sehen, was wir da am Sonntag machen können", so der 19-Jährige, der angesichts der bevorstehenden Hitzeschlacht hofft, dass sein Red Bull mit den Reifen am besten zurechtkommt. "Du musst die Reifen gut unter Kontrolle behalten. Ich hoffe, wir haben die Balance um das zu schaffen" erklärt er. Bei den Longruns hatte er jedenfalls ein gutes Gefühl: "Ich denke, die Hitze könnte andere Autos mehr beeinflussen als unseres."

Ricciardo gibt jedoch zu bedenken, dass Ferrari in Sachen Reifenkontingent einen Vorteil hat, wenn die Hitze die Reifen in die Knie zwingen sollte. "Ferrari hat sich zwei Sätze Soft aufgehoben. Wenn es richtig heiß wird, wie in der Vorhersage, könnte das gut für sie sein", so der fünfmalige Grand-Prix-Sieger, der genau wie Verstappen seine Pirelli-Pneus so lange wie möglich durchbringen will: "Ich bin für alles bereit, aber wir werden auf jeden Fall die Reifen managen müssen. Es wird sehr wahrscheinlich kein Einstopp-Rennen."