Lance Stroll musste in der Anfangsphase der Formel-1-Saison 2017 viel Kritik einstecken. Nach seinem Stolperstart gelang dem Rookie mit seinem dritten Platz beim Großen Preis von Aserbaidschan ein wichtiger Erfolg, um sich seines Paydriver-Rufs ein Stück weit zu entledigen. Für den Milliardärssohn war die Podest-Premiere in der Königsklasse aber in erster Linie für sich selbst ein wichtiger Meilenstein. Viel anders gemacht hat er dafür laut eigenen Angaben allerdings nicht.

"Nein, überhaupt nicht", macht Stroll im Vorfeld des Österreich GP klar, dass das Resultat aus Baku ihn nicht zu einem anderen Menschen gemacht hat. Der 18-Jährige trat in seiner Debüt-Saison von Anfang an mit einem dicken Fell auf und machte stets deutlich, dass die Worte der Kritiker für ihn "nur Lärm" seien. Dementsprechend sieht er das erste Podest seiner noch jungen Karriere auch nicht als notwendigen Beweis für seine F1-Tauglichkeit: "Ich fahre nicht für die Kritiker und ich fahre auch meine Resultate nicht ein, um irgendwem etwas zu beweisen."

Wichtig war das Resultat für ihn in erster Linie für seiner selbst und diejenigen, die ihn auf seinem Weg durch die Königsklasse unterstützen. "Ich bin nur für mein Team, für alle die mich unterstützen und für mich selbst glücklich. Das ist alles, was für mich zählt", so Stroll weiter. Der Kanadier ist davon überzeugt, dass sein Podium nach all den Schwierigkeiten ein wichtiges Etappenziel war: "Ich denke, dass Baku ein großer Augenöffner für alle war. Und für mich war es einfach ein großartiges Resultat."

Beim Heimrennen in Montreal fuhr Stroll erstmals in die Punkte, Foto: Sutton
Beim Heimrennen in Montreal fuhr Stroll erstmals in die Punkte, Foto: Sutton

Stroll: Hätte in Baku auch gewinnen können

Ein Resultat, das noch besser hätte ausfallen können, hätte Stroll die Ziellinie etwa eine Zehntelsekunde früher überquert. Valtteri Bottas gelang es im Schlussspurt noch, den Youngster abzufangen. Großes nachgetrauert hat Stroll dem verpassten zweiten Platz allerdings nicht. Ein "shit" war laut seinen Aussagen alles, was ihm in diesem Moment durch den Kopf ging. Ändern hätte er es ohnehin nicht gekonnt: "Natürlich könnte ich etwas enttäuscht sein. Aber letztendlich hatte er das DRS offen und hat mich auf der Geraden überholt. So ist die Formel 1 heute. Ich war einfach mega glücklich, schließlich war ich auf dem Podium. Ob Zweiter oder Dritter, das sind nur ein paar Punkte unterschied."

Die Freude über das erreichte Podiumsresultat wog für ihn zweifelsohne mehr. Außerdem hätte er sich bei anderen Szenarien sowieso viel mehr geärgert. "Wenn ich mir eine Position aussuchen könnte, die ich verliere, wäre es Platz zwei. Denn von drei auf vier zurückzufallen wäre viel schmerzhafter gewesen, und von eins auf zwei auch", erklärt Stroll, der sich nicht mit hätte, wäre und wenn aufhalten will: "Hinterher kann ich immer zurückschauen und sagen, hier hätte ich dieses oder jenes machen können. Hätte ich mich beim Re-Start gegen Ricciardo verteidigt, hätte ich vielleicht gewinnen können."

Angesichts des Chaos, was in Baku um ihn herum ablief, weiß er den Wert seines dritten Platzes hingegen sehr zu schätzen: "Letztendlich ist Racing einfach Racing. Dinge passieren, auch unerwartet. Und du kannst es nicht zehn Mal machen. Du hast immer nur einen Versuch. Und wenn der zweite Platz alles ist, was ich am Ende eines solchen Rennens verloren habe, nehme ich das gerne." Ob er in den kommenden Rennen an seine Leistung aus Aserbaidschan anknüpfen kann, will Stroll jetzt noch nicht in Aussicht stellen. Der Rookie ist ohnehin der Ansicht, dass er auf dem anspruchsvollen Straßenkurs etwas anders gemacht hatte als zuvor.

Österreich 2017: Rennen 1 nach dem Vettel-Skandal (03:13 Min.)

In Montreal und Baku nicht viel anders gemacht

Die beiden Punktefahrten von Montreal und Baku zeigen auf dem Papier einen deutlichen Aufwärtstrend von Stroll. Vor allem der Qualifying-Triumph über Teamkollege Felipe Massa am letzten Rennwochenende war ein deutliches Zeichen. Stroll selbst sieht das allerdings nicht so. "Die Resultate lassen es natürlich vermuten. Aber in Baku sind wir eigentlich nur auf ein altes Setup zurückgegangen, das ich zu Jahresbeginn verwendet hatte und mit dem ich besser zurechtkam", begründet er seine Performance in Aserbaidschan.

Williams machte kein Geheimnis daraus, dass ihr Youngster in der Woche vor dem Rennen bei einem privaten Test auf dem Circuit of the Americas im 2014er Boliden gewesen war, um an seinen Schwächen zu arbeiten. Das Hauptaugenmerk lag darauf, sich an dem Setups des routinierten Stallgefährten zu versuchen. "Die Sache war, dass ich mehr in Felipes Richtung gegangen bin. Ich denke, an diesem Punkt in meiner Karriere, mit wenig Erfahrung, weiß ich nicht immer, was genau ich vom Auto brauche", erklärt Stroll seine Probleme von Saisonbeginn.

Das Wissen Massas und dessen Setup hilft ihm dabei, mit dem FW40 besser warm zu werden. "Für mich geht es um dieses Gefühl: Ah, das war es, wonach ich gesucht habe - statt selbst danach zu fragen. Denn wenn ich das gemacht habe, ging es manchmal in die falsche Richtung", beschreibt er den Hauptgrund für seine Erleuchtung. Bis dato hatte ihm einfach das Vertrauen in den Boliden gefehlt, um ans Limit zu gehen: "Ich hatte das Gefühl, dass es in vielen Bereichen schlecht lag und ich war deshalb nicht dazu in der Lage, mehr herauszuholen. In Baku war es nicht so. Ich konnte mit dem Auto arbeiten, statt mit ihm kämpfen zu müssen."

Lawrence Stroll hat viel Geld in die F1-Karriere von Sohn Lance investiert, Foto: Sutton
Lawrence Stroll hat viel Geld in die F1-Karriere von Sohn Lance investiert, Foto: Sutton

Stroll jetzt mit mehr Selbstvertrauen unterwegs

Während im das Ansehen der Kritiker nach wie vor egal zu sein scheint, sind die Erfolgserlebnisse für ihn selbst und seine Zukunft ein wichtiger Schritt. "Natürlich ist es für mich in manchen Belangen sehr positiv. Ich habe viel Selbstvertrauen getankt, mit dem ich jetzt weitermache", so Stroll. Allem voran steht die Erkenntnis, dem F1-Boliden fahrerisch gewachsen zu sein: "Hätte ich mich nicht angepasst, hätte das Setup auch nicht funktioniert. Es ist eine Kombination und daraus entstehen diese Ergebnisse. Es ist natürlich nicht nur das Auto, es kommt viel mehr von mir. Denn es geht für mich darum, zu lernen, ein Formel-1-Auto zu fahren."

Er wartet jedoch nicht, dass es für ihn nach dem ersten Punktsieg gegen den Teamkollegen und den ersten Zählern in der WM nun ein Spaziergang wird. "Das wird nichts daran ändern, dass es harte Wochenenden geben wird. Jedes Rennen ist eine Herausforderung für sich und ich mag es nicht, den Wettbewerb zu unterschätzen", hält sich Stroll mit Kampfansagen zurück. In Österreich will er deshalb genau so weitermachen, wie bisher: "Ich will es so angehen, wie jedes Event. Ich möchte mich über die Trainings aufbauen und so viele Informationen wie möglich aufsaugen, um das bestmögliche Rennen zu haben."

Auf dem Red Bull Ring, auf dem Williams traditionell stark ist, rechnet er daher mit den gewohnten Kräfteverhältnissen. "Wir werden wieder gegen Force India kämpfen. Es wäre falsch von uns, jetzt jedes Wochenende ans Podium zu denken. An einen Kampf mit den Top-Teams zu glauben wäre etwas optimistisch. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir einige Punkte holen können, wenn wir einen guten Job machen. Für mich war es großartig, zu sehen, dass ich vorne dabei sein und mitkämpfen kann. Das bleibt natürlich. Aber jetzt geht es darum, weiter einen Schritt nach dem anderen zu machen."