Im Schatten des Teamkollegen - niemand steht dort gerne. Der Teamkollege ist die Messlatte - der einzige direkte Vergleich, der einzige Vergleich mit annähernd gleichwertigem Material. Ralf Schumacher konnte bei Williams jahrelang neben einem Juan Pablo Montoya bestehen - beide gelten seither als Siegfahrer. Doch in dieser Saison wurden die Karten neu gemischt - das langjährige Williams-Duo zerstreute sich: Montoya wechselte zu McLaren, Ralf zu Toyota. Montoya steht bei den Silbernen im Schatten des Kimi Räikkönen - dieser Schatten ist so groß, dass er für Montoya unangenehme Folgen haben könnte. Ähnlich ergeht es Ralf Schumacher bei Toyota - vergleicht man die bislang erbrachten Ergebnisse von Jarno Trulli und Ralf Schumacher, kann man auch beim Weltmeisterbruder die Gefahr einer Entzauberung durch den Stallkollegen orten...

Ralf Schumacher hatte bei seiner Ankunft auf dem Nürburgring ein durchwachsenes Monaco-Weekend hinter sich, in dem er immerhin mit drei WM-Punkten für zuvor erlittene Unfälle und unschuldig aufgebrummte Strafsekunden (Fehlgriff des Reifenherstellers) entschädigt wurde. Zugleich aber entstand jener "Bruderkrieg", der Ralf in das Licht des Quengelnden stellte, der sich bei den Eltern bitter beschwert, dass ihn der große Bruder tatsächlich in einem Rennen überholen wollte. Was in der ersten Empörung im Fürstentum ausgesprochen wurde, musste dann bei der Donnerstags-Pressekonferenz in der Eifel zurechtgerückt werden.

Da tat es wohl gut, dass Ralf am ersten Trainingstag immer um einen Tick schneller war als Jarno Trulli. Doch als es um Wesentliches wie die Startaufstellung ging, hatte Ralf abermals das Nachsehen - während Trulli den vierten Startplatz vereinnahmte, stellte Ralf seinen Wagen auf Startposition 8. Da es sich aber um das erste Qualifying im "neuen alten Modus" handelte, ist damit auch das Qualifying-Duell verschwunden. Weil ein Duell gleiche Spritladungen voraussetzt...

Das letzte Low Fuel-Quali in Monte Carlo hat Ralf verbockt, als er eine Leitplanke touchierte - wofür er sich bei seinem Team artig entschuldigte. Bei seinem Heimrennen wollte es Ralf wieder gutmachen - auf seiner Website schildert Ralf Schumacher seinen Heim-GP: "Ein relativ guter Start brachte mich auf dem Nürburgring in eine gute Position, um die erste Kurve zu nehmen. Nach der Kollision von Webber mit Montoya wurde es plötzlich ganz eng für mich und ich musste abrupt bremsen, um Fernando Alonso nicht aus dem Rennen zu befördern. Mein Auto wurde am vorderen Flügel beschädigt und ich musste an die Box, um einen neuen aufzunehmen."

Schumacher musste das Feld von hinten aufrollen: "Vollgetankt und mit einer anderen Strategie habe ich mich dann durch das Feld gekämpft, bis ich auf Takuma Sato auflief. Die Rundenzeiten waren bis dahin zufriedenstellend und ein Punktefinish wäre mit ein bisschen Glück noch drin gewesen."

Doch statt dem Glück kam ein Fahrfehler: "In der schnellen Ford-Kurve hatte ich ein verstärktes Untersteuern am Auto und kam zuerst mit der Frontpartie auf den Kerb, bevor dann auch der hintere Teil des Wagens ausbrach und ich mich in das Kiesbett drehte." Weshalb sich Ralf abermals bei Toyota entschuldigt: "Das tut mir sehr leid für das Team und die Jungs, die am Auto arbeiten."

Ist der Blick zurück getrübt, muss er nach vorne gerichtet werden, zumal ohnehin niemand ändern kann, was einmal geschehen ist: "Ich schaue trotz allem optimistisch voraus auf das nächste Rennen in Montreal in zwei Wochen. Dort bin ich schon tolle Rennen gefahren und auf die Strecke freue ich mich immer. Bevor es zu den Übersee-Rennen nach Kanada und den USA geht, stehen noch Tests in Silverstone auf dem Programm."

Bei McLaren-Mercedes denkt man bereits daran, sich vermehrt auf Kimi Räikkönen zu konzentrieren - auch wenn die Stallorder verboten ist, kann ein Team seine Energien auf den Piloten bündeln, der die besten Karten im Titelpoker in seinen Händen hält. Bei Toyota geht es zwar - noch - nicht um den Titel - dennoch muss Ralf Schumacher aufpassen, dass er nicht unter die Trulli-Räder gerät. Dass Ralf Schumacher Sieg-Qualitäten hat, konnte er bereits beweisen - doch die Formel 1 kennt keine Gnade: Steht einer der beiden Piloten stets im Schatten des Kollegen, sinkt der Marktwert des Schattenmannes...

Zwischenbilanz - Ralf Schumacher und Jarno Trulli im Vergleich:

Jarno Trulli
Ralf Schumacher
Grand Prix
Qualifying 1
Startplatz
Rennen
Qualifying 1
Startplatz
Rennen
Australien
2.
2.
9.
17.
15.
12.
Malaysia
2.
2.
2.
5.
5.
5.
Bahrain
2.
3.
2.
11.
6.
4.
San Marino
6.
5.
5.
12.
10.
9.
Spanien
1.
5.
3.
4.
4.
4.
Monaco
7.
5.
10.
18.
18.
6.
Europa
4.
4.*
8.
8.
8.*
-

*Kein Low Fuel-Qualifying. Punkteränge sind fett geschrieben.