Jerez, Spanien
Auch in dieser Woche spulten die Teams in Vorbereitung auf die in wenigen Wochen beginnende F1-Saison unbeeindruckt aller Misstöne im Umfeld ruhig ihre Testkilometer auf der südspanischen Teststrecke von Jerez de la Frontera ab.

Besonders interessant waren dabei neben den guten Testzeiten von McLaren, Renault, Sauber und Toyota auch die technischen Probleme der gleichen Teams. Die neuen langlebigen Motoren und das veränderte Fahrverhalten durch die neuen Aerodynamikbestimmungen und Reifenregeln fordern also immer noch ihren Tribut. Auch von Ferrari und British American Racing.

Wohnung eines x-beliebigen F1-Fans
Wenige Wochen vor dem Beginn der von vielen Experten als "spannendsten Saison seit Jahren" angepriesenen F1-Saison 2005 fiebert unser Musterfan dem ersten Erlöschen der roten Ampeln im Albert Park von Melbourne lüstern entgegen. Alle Neuigkeiten und Infos werden wie von einem Brabham-Staubsauger aufgesogen und die Testzeiten mit Argusaugen seziert.

Heathrow Airport Hotel, London
Ungeachtet der Tests oder der Vorfreude der Fans wird in kleinen oder wohl eher riesigen Hinterzimmern über die Zukunft der Formel 1 entschieden. Teamchef-Meetings, Hersteller-Präsentationen und Treffen mit FIA-Regel-Oberguru Max Mosley stehen auf der Tagesordnung.

Doch während die Reifenregeln für die in wenigen Wochen startende Saison 2005 noch nicht endgültig geklärt sind und noch kein Qualifying-Format bestätigt worden ist, möchte Brieffreund Max am liebsten schon vorgestern ein radikales neues Reglement für das Jahr 2008 festgelegt haben.

Regeln für alle Fälle

Ob diese ganzen Regeländerungen überhaupt notwendig oder sinnvoll sind, bezweifeln unterdessen immer mehr. "Im Fußball heißt es immer so schön, dass der Sport so beliebt ist, weil alles so einfach und für alle gleich ist. Dieses Motto scheint Max Mosley ein bisschen verloren gegangen zu sein...", stellte motorsport-magazin.com-Chefredakteur Stephan Heublein im Gespräch mit Ex-Jordan-Pilot Timo Glock fest. "Das ist richtig", nickte dieser dazu. "Da kann ich nur zustimmen."

Regeln sind dazu da, den Spaß unter Kontrolle zu halten. Dieses Motto könnte Max Mosley in den Kopf seines inflationär gebrauchten Brief- und Faxpapiers aufnehmen. Dabei gibt es auch im aktuellen sportlichen Reglement der FIA einige wirklich "interessante" Passagen.

Imaginäre Siegerehrung

Drehen wir also die Zeit ein bisschen nach vorne. Wir befinden uns jetzt in Melbourne. Und zwar genau am 6. März dieses Jahres. Der Sieger des Auftaktrennens hat gerade die Ziellinie überquert und auch der Zweit- und Drittplatzierte wurden bereits abgewunken. Doch nach ihrer Rückkehr in den Mosley´schen Parc Fermé und dem Abstellen der V10-Motoren ist das Einsatzgebiet des offiziellen FIA-Reglements entgegen aller Annahmen noch lange nicht vorbei.

So schreibt Artikel 161 des sportlichen FIA-Reglements vor, dass die ersten Drei eines jeden Grand Prix sowie ein Vertreter des siegreichen Teams an der Siegerehrung teilnehmen müssen. So weit, so unspektakulär. "Sofort" nach der Podiums-Zeremonie müssen die drei siegreichen Fahrer aber noch für eine "Zeitspanne von einer Stunde und 30 Minuten zum Zwecke von TV-Interviews und Pressekonferenzen" im Media Centre zur Verfügung stehen.

Noch mehr ins Detail geht derweil Anhang 3 des sportlichen Reglements der FIA Formel 1 Weltmeisterschaft. Dieser befasst sich nämlich auf jeder Menge Seiten ausschließlich mit dem Podiumsprozedere.

Hierbei wird von den Dimensionen des Siegerpodests über dessen Farbe bis hin zur Verwendung der FIA-Grafiken und Logos und der Form der Nationalflaggen einfach alles festgeschrieben und geregelt. Eben so wie Max und Bernie es gerne haben.

Damit es auch die Fahrer etwas bequem haben, beträgt der Mindestabstand vom Podest zur Absperrung 120 cm und sind die Plätze auf denen die Pokal überreichenden Personen stehen mit Markierungen versehen. Sonst könnte sich ja noch jemand auf dem Podest verlaufen. Während die Trophäen auf einem Tisch, dessen Position natürlich peinlich genau festgelegt ist, stehen müssen, muss der Champagner bereits auf den Siegertreppchen platziert worden sein.

Laut Artikel 3a des Anhangs 3 müssen zudem die Nationalhymnen so laut gespielt werden, dass sie "klar verständlich" sind. Die vier Pokale für die drei Piloten und den siegreichen Konstrukteur müssen derweil die Logos der FIA F1 Weltmeisterschaft, den Namen des Grand Prix sowie die Position des Fahrers enthalten und dürfen die folgenden Maße nicht überschreiten: 50 bis 65 cm für den Siegerpokal und 35 bis 45 cm für den Zweit- und Drittplatzierten. Damit sich die schwer erschöpften Fahrer keinen Bruch zuziehen, dürfen die Trophäen ein Gewichtslimit von 5 Kilo nicht überschreiten. Um einen leichten Transport ohne Schnittverletzungen zu gewährleisten müssen die Pokale auch ohne Probleme und Schäden zu transportieren sein.

Besonderen Schutz dürfen die Fahrer auf dem Podest aber nicht erwarten. Denn nach Artikel 5b sind weder Bodyguards noch Polizisten auf dem Podium erlaubt. Bibeltreue Pfarrer hätten also leichtes Spiel, sollten sie denn tatsächlich bis aufs Podest vordringen können.

Dafür dürfen sich die erschöpften Fahrer nach der Zeremonie in einem ventilierten oder (sollte die Außentemperatur mehr als 25°C betragen) Klima konditionierten Raum erholen. Und wie könnte es anders sein: Auch die berühmten Wasserflaschen bei der offiziellen Pressekonferenz sind klar reglementiert: Es müssen sowohl im Parc Fermé als auch im Erholungsraum drei Flaschen und drei Handtücher bereit liegen. Andere Getränke sind nicht gestattet.

Und was lernen wir nun aus dieser ausschweifenden kleinen Regelkunde? Vielleicht dass neben den Tests auch der Papierverbrauch im FIA-Hauptquartier am Place de la Concorde limitiert werden sollte...