Williams wollte mit guten Leistungen und sensationellen Ergebnissen in der Saison 2014 auf sich aufmerksam machen. Nun hat das Team die volle Aufmerksamkeit in Malaysia bekommen, aber aus einem ganz anderen Grund. "Felipe, Valtteri is faster than you", tönte es über den Williams-Boxenfunk. Die klare Anweisung an den Brasilianer, seinem schnelleren Teamkollegen Platz zu machen - doch Massa weigerte sich.

"Er tat nicht, was wir bevorzugt hätten. Man muss verstehen, dass wir die Konstrukteurs-Punkte maximieren wollen bei jedem Rennen", zeigte sich Chefingenieur Rod Nelson wenig begeistert von der eigenmächtigen Handlung des Brasilianers. Massa hätte zu diesem Zeitpunkt etwas Probleme mit der Motortemperatur gehabt und Bottas' Reifen seien deutlich frischer gewesen. "Das war keine Teamorder, sondern eine strategische Entscheidung basierend auf der Performance der beiden Autos", rechtfertige Nelson. "Wir dachten, es wäre gut, Valtteri eine Chance zu geben, an Button vorbeizugehen. Wenn er es nicht geschafft hätte, hätten wir wieder gewechselt." Ein klärendes Gespräch mit beiden Fahrern soll noch vor der Abreise nach Bahrain folgen. "Es läuft nichts im Hintergrund ab und wir wollen keinen Fahrer bevorzugen. Es ist nicht so, dass wir einen Nummer-1 oder Nummer-2-Fahrer haben - wir wollen zwei Nummer-1-Fahrer."

Massa gesteht keinen Fehler ein

Massa hingegen sah sich vollkommen im Recht. "Was ich tat, war meiner Meinung nach richtig", untermauerte der Brasilianer. Sofort kamen aber auch bei ihm Gedanken an Hockenheim 2010 hoch, als der gleiche Satz durch den Boxenfunk hallte. "Ich war schon ein bisschen sauer, aber ich bin nicht enttäuscht. Es war ein gutes Rennen für das Team und das ist positiv." Sein Verhältnis zur Mannschaft sei vorher durch 100 prozentigen Respekt geprägt gewesen und daran werde sich auch im Nachhinein nichts ändern.

Felipe Massa wurde nach dem Rennen von den Medien umlagert, Foto: Motorsport-Magazin.com
Felipe Massa wurde nach dem Rennen von den Medien umlagert, Foto: Motorsport-Magazin.com

Bottas Sicht der Dinge war merklich anders, der Finne versuchte sich aber in diplomatischen Antworten. "Wir hatten noch kein ausführliches Gespräch, aber wir werden nachher klären, was zukünftig in einer ähnlichen Situation zu machen ist", so Bottas. Sowohl für ihn als auch Chefingenieur Nelson stand aber fest: Hätte Massa Platz gemacht, wäre deutlich mehr für Bottas möglich gewesen. "Ich denke, ich hätte die Möglichkeit gehabt, McLaren anzugreifen", ärgerte sich Bottas.

McLaren in Reichweite?

Von derartigen Spekulationen wollte der siebtplatzierte Massa hingegen nichts wissen. "Ich bin mir sicher, dass sich das Ergebnis nicht verändert hätte, wenn ich ihn vorbeigelassen hätte", erklärte er bestimmt. Die Themen ältere Reifen oder höhere Motorentemperaturen wollte der Brasilianer dabei nicht zählen lassen. Auch er fühlte sich über das gesamte Rennen deutlich schneller als Jenson Button im McLaren vor ihm. Überholen sei aber nicht möglich gewesen.

"Sie hatten aus der letzten Kurve heraus eine gute Traktion. Button hatte immer eine kleine Lücke und obwohl wir unglaublichen Speed hatten, war es nicht genug, um vorbeizugehen", erklärte Massa seine Sicht der Dinge. Genau mit den gleichen Problemen in den Kurven 14 und 15 hätte seiner Meinung nach auch Bottas zu kämpfen gehabt und wäre daher nicht an Button vorbeigekommen.

Bottas konterte und sprach von verpassten Punkten für die Konstrukteurs-Mmeisterschaft. "Weil mein Stopp etwas später war, hatte ich zu diesem Zeitpunkt Reifen in besserer Verfassung als die von Button", ärgerte sich der Finne. Seinem Gefühl nach war seine Pace deutlich besser als die der vor ihm fahrenden Massa und Button. "Ich denke wirklich, dass ich eine Chance gehabt hätte, Button anzugreifen." Letztlich musste sich Bottas aber mit Rang acht abfinden, denn zwei Runden vor Schluss gab es vom Team die Anweisung, die Plätze nun doch zu halten, um nicht sichere Punkte zu verschenken.

Die Ruhe vor dem Sturm

Sichere Punkte schienen am Samstag noch nicht wirklich in Reichweite, denn die magere Ausbeute des Qualifyings hieß Platz 13 für Massa und nach einer Strafversetzung von Bottas sogar nur Platz 18. "Wir brauchen einfach einen sauberen Samstag. Wenn du Rennen von so weit hinten startest bedeutet das immer Extra-Arbeit, die Reifen leiden mehr und bei der Strategie muss man Kompromisse eingehen", resümierte Bottas.

Valtteri Bottas gewann im Rennen zehn Positionen, Foto: Sutton
Valtteri Bottas gewann im Rennen zehn Positionen, Foto: Sutton

Dieser Kompromiss in der Strategie sah vor, dass Bottas erst in der 14. Runde zu seinem ersten Stopp in die Box abbog. Als er wieder zurück auf der Strecke war, hatte er viel Zeit und Positionen eingebüßt. Mitverantwortlich hierfür: Die beiden Red Bulls sowie Fernando Alonso hatten bereits gestoppt und überholten mit frischen Reifen. "Das hat mich in der letzten Runde vor dem Boxenstopp zusätzlich drei Sekunden gekostet", rechnete Bottas vor. "Den Rest des Rennens war ich nur damit beschäftigt, auf Felipe und Jenson [Button] aufzuholen."

Dabei war der Williams-Pilot einer der Helden der Startphase. Von Startplatz 18 ging es innerhalb von wenigen Kurven in die Top-10. "Ich fand eine gute Lücke in die erste Kurve hinein. Alle waren innen also entschied ich mich für die Außenbahn. Ich konnte viel Speed mitnehmen und etliche Positionen gutmachen", erinnerte sich der Finne an seinen Raketenstart zurück. "Besonders in den ersten paar Runden hat sich das Auto auch sehr konkurrenzfähig angefühlt."

Abtrieb als Achillesferse

Dennoch blieb die erhoffte Konkurrenzfähigkeit des Teams über das gesamte Rennen eher aus. Für Massa ein Problem des Sepang International Circuit, das bereits in Bahrain wieder deutlich besser sein sollte. "Auf diesem Kurs brauchst du Abtrieb und genau in diesem Bereich haben wir Schwierigkeiten", erinnerte der Brasilianer. Im ersten Sektor war der Williams richtig schnell unterwegs, doch vor allem im zweiten Sektor wurden die Probleme offensichtlich.

Eben der fehlende Abtrieb ist für Bottas auch die Erklärung, warum Williams im Vergleich zu anderen Teams im Rennen weniger Sprit verbrauchte. "Wir sind auf der Geraden schnell, aber wir verlieren in den Kurven. Vielleicht gehen die anderen Teams am Kurvenausgang schneller aufs Gas und brauchen daher mehr Benzin", überlegte der Finne.