"Der Sound ist Mist." Deutlicher hätte Sebastian Vettels Meinung zum neuen Klang der Formel 1 kaum ausfallen können. Der Weltmeister ist offensichtlich überhaupt kein Fan der Turbo-Motoren, die vielerlei Orts für hörbares Kopfschütteln sorgten. Vettel legte mit seiner Kritik nach: "Während des Rennens stand ich am Kommandostand - da war es ruhiger als in einer Bar! Ich denke, dass das nicht gut ist für die Fans. Die F1 muss spektakulär sein und da gehört der Sound zu den wichtigsten Dingen."

Vettel erinnerte sich an seine Kindheit, als er im Alter von sechs Jahren ein Formel-1-Rennen besuchte - den genauen Grand Prix wusste er nicht mehr. Was ihm aber bis heute im Gedächtnis geblieben ist: der Sound; es dürfte etwas zwischen V12- und V8-Tonlage gewesen sein - auf jeden Fall laut. "Ich erinnere mich daran, wie laut die Autos waren, und wie ich sie durch den vibrierenden Boden spüren konnte", so Vettel. "Es ist schade, dass wir so etwas nicht mehr haben."

Schwerer Stand

Ein stänkernder Bernie Ecclestone, Renn-Promoter, die ihr Geld wegen des fehlenden Sounds zurückfordern, ärgerliche Fans und verstimmte Fahrer - die Turbo-Autos haben bislang keinen einfachen Stand. Dabei war der mangelnde Klang keine große Überraschung gewesen, schließlich stand die Einführung der V6-Aggegate schon seit mehreren Jahren fest. Dass es so leise sein würde, damit hatten wohl nur die wenigsten gerechnet.

"Damals war der Sound das erste, was die Leute ansprachen", bestätigte Felipe Massa. "Wir wussten, dass es unterschiedlich klingen würde. Aber jetzt ist es zu spät. Es ist nun einmal unmöglich, dass ein Turbo-Motor den gleichen Sound liefert wie ein V8." Zuletzt gab es sogar Überlegungen, den Klang der neuen F1 in irgendeiner Art und Weise aufzupeppen, sollten die Fans eine Revolte anzetteln und sich von der Königsklasse abwenden. Eine Patentlösung wurde bislang allerdings nicht gefunden.

Kein Vergleich zu alten Turbos

"Wir müssen das Beste daraus machen und wenn die Fans nicht glücklich sind, müssen wir etwas dagegen unternehmen", forderte Jenson Button. Lieferte der McLaren-Pilot etwa gleich die Lösung mit? "Wenn es die Spritbegrenzung nicht gäbe, wäre der Lärm wie in den Achtzigern", glaubte Button. In der damaligen Turbo-Ära produzierten die Autos unvergleichlichen - und deutlich hörbaren - Sound. Dabei darf nicht vergessen werden, dass damals die Leistung sowie die Kosten fast ins Unermessliche stiegen und damit dem heutigen Konzept der F1 völlig widersprachen.

"Es gibt positive und negative Aspekte", brach Button gleichzeitig eine Lanze für die V6-Turbos. "Als Ricciardo im Q3 des Qualifyings zwischenzeitlich auf Platz eins fuhr, war es unglaublich, die Fans jubeln zu hören", bezog sich der Brite auf den Australien Grand Prix, bei dem Lokalmatador Daniel Ricciardo mit seiner starken Leistung für Jubel auf den Tribünen sorgte. Button: "Aber ich verstehe die Fans, es hört sich nicht mehr so aufregend an."

Für all jene seiner Fahrerkollegen, die sich am Klang der neuen Aggregate so sehr stoßen, hatte der routinierte McLaren-Pilot auch noch einen Ratschlag auf Lager: "Fahrt doch wo anders, wenn ihr nicht glücklich seid. Wenn man als erster über die Ziellinie fährt und einen Grand Prix gewinnt, kümmert man sich nicht darum, wie das Auto klingt oder aussieht."

Gesund für die Ohren

Ricciardo selbst dürfte sich über die Anfeuerungen der Fans in Melbourne gefreut haben - und auch über seine eigene Gesundheit, die dank der Turbos ein wenig mehr in Schutz genommen wird. "Ich habe jetzt wahrscheinlich etwas länger ein gutes Gehör, also kann ich mich nicht wirklich beschweren", witzelte der Red-Bull-Pilot. "Aber unterm Helm ist es immer noch so laut, dass man den Rest nicht mitbekommt. Wenn du Vollgas gibst, hörst du gar nichts mehr."

Das gilt allerdings nicht für den Zuschauer, der sich eher mit Reifengeräuschen und gelegentlichem Turbo-Zischen begnügen muss. "Der Sound ist nicht mehr so besonders wie wir es gewohnt waren", meinte Lewis Hamilton. "Aber wir haben immer noch viel Power, deshalb ist die Formel 1 auf andere Art und Weise etwas Besonderes."

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Wer schon mal an der Boxenmauer gestanden hat, wenn zwei Meter entfernt ein V10-Motor vorbei-kreischte, der weiß: der Sound der letzten beiden F1-Ären hatte schon etwas Brachiales an sich. Wow! Aber auch: Autsch! Ich schaue mir die Rennen aber an, weil ich Action und Manöver sehen will. Nicht etwa, weil ich auf das Summen in meinem Kopf stehe... (Stephan Heublein)