Seit seinem Einstieg bei Minardi 1997 war Jarno Trulli stets ein Teil der Formel 1. Ob bei Jordan, Renault oder Toyota - Trulli startete trotz häufig mittelmäßiger Resultate jahrelang in der F1, brachte es auf respektable 252 Starts. In der anstehenden Saison könnte der Italiener erstmals seit 16 Jahren ohne Cockpit dastehen. Caterham setzte Trulli kurz vor dem zweiten Wintertest in Barcelona vor die Tür und schenkte stattdessen Vitaly Petrov das Vertrauen. Trulli also auf dem Abstellgleis der Formel 1?

Für den 37-Jährigen sieht es düster aus, die Fahrerplanungen für 2012 sind weitestgehend abgeschlossen. Stammcockpits sind vergeben, höchstens ein Engagement als Testfahrer wäre eine Option. Nur wo? Aktuell drängt sich kein Team auf, dass Trulli einen Platz anbieten könnte - einmal davon abgesehen, dass die F1-Mannschaften gern Fahrer mit finanziellem Background verpflichten. Ob Trulli ausreichend Sponsorengelder in kurzer Zeit zusammenraffen kann, ist eher fraglich.

Trulli 1997 auf Minardi, Foto: Sutton
Trulli 1997 auf Minardi, Foto: Sutton

Die Team-Türen sind wohl verschlossen, aber vielleicht bietet sich doch noch ein Hintertürchen: Pirelli. Der Reifenlieferant sucht derzeit ein Testauto zur Evaluierung neuer Mischungen - das will natürlich auch bewegt werden. Petrov wurde bereits mit dem italienischen Hersteller in Verbindung gebracht, fand aber bekanntlich Zuflucht bei Caterham. Trulli könnte mit all seiner Erfahrung eine aussichtsreiche Personalie für die Truppe von Paul Hembery darstellen. Die Beispiele Pedro de la Rosa und Nick Heidfeld haben gezeigt, dass der Weg über Pirelli zurück in die F1 führen kann.

Sollte Pirelli keine Option sein, muss Trulli wohl die Serie wechseln, sollte er dem Motorsport treu bleiben wollen. Hier springt sofort der Name 'Rubens Barrichello' ins Gedächtnis. Den Brasilianer prägt ein ähnliches Schicksal wie Trulli: relativ hohes Alter, kein Platz in der F1, aber Spaß am Racing. Barrichello steht vor dem Einstieg in die IndyCar-Serie - ein beliebtes Pflaster für ehemalige Formel-1-Piloten. Nachdem die US-Serie vor allem wegen des tragischen Unfalltodes von Dan Wheldon zuletzt eher negative Schlagzeilen produzierte, würde den Machern ein prominenter Neuzugang sicherlich entgegen kommen. Das hat Barrichello bereits bewiesen, der sprichwörtlich auf Knien in die Serie gelockt wird.

Barrichello steht auf dem Sprung in die IndyCars, Foto: Sutton
Barrichello steht auf dem Sprung in die IndyCars, Foto: Sutton

Fraglich nur, ob Trulli Interesse an den IndyCars hat. Eine andere Möglichkeit bietet die wiedereingeführte Langstrecken-Weltmeisterschaft. Siehe Heidfeld: der ehemalige F1-Pilot startet 2012 bei mindestens drei WEC-Rennen für das Schweizer Privat-Team Rebellion, darunter dem Klassiker von Le Mans. So ziemlich jeder Motorsportler träumt davon, einmal an der Sarthe zu starten - gehört Trulli dazu? Die Werks-Cockpits von Audi und Toyota sind zwar belegt, doch auch bei einem ambitionierten Privatier könnte Trulli konkurrenzfähig in der WEC starten. Außerdem kommen die LMP-Boliden den Formel-1-Autos in Sachen Technik und Power wohl am nächsten.

Andere Serien kommen für Trulli eher nicht infrage, schließlich war er jahrelang in der Königsklasse des Motorsports aktiv. Das Problem: die Zeit eilt, denn sämtliche Teams befinden sich mitten in den Vorbereitungen auf die neue Saison. Erste Testfahrten gingen bereits über die Bühne und auch abseits der Strecke muss eine Menge organisiert werden; Familie und Sponsoren an erster Stelle. Was auch immer das Jahr 2012 für Trulli bereithält: er muss sich beeilen, wenn er nicht auf dem Abstellgleis landen will.