Montag BMW, Dienstag McLaren - für Rene Rast begann die Woche mit gleich zwei Paukenschlägen. Nur eine Woche nach seiner vorzeitigen Trennung von Audi Sport ist die sportliche Zukunft des dreifachen DTM-Champions im Groben geklärt: 2023 startet Rast für Neueinsteiger McLaren, der die Startlizenz des doppelten Weltmeisters Mercedes übernommen hat, in der Formel E. Was Rast unterdessen ab dem kommenden Jahr bei BMW M Motorsport erwartet, steht zumindest offiziell noch nicht fest.

"In welchen Fahrzeugen, Rennserien und Einzelevents Rast antritt, wird gemeinsam mit den Programmen der anderen BMW-M-Werksfahrer bekanntgegeben", hieß es lediglich in der Pressemitteilung des Autobauers aus München. Denkbar sind Einsätze im 2022 auf den Markt gekommenen BMW M4 GT3, der unter anderem in der DTM, in der GT World Challenge und bei 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, in Spa-Francorchamps oder Daytona an den Start geht.

Ebenso möglich erscheint ein Langstrecken-Engagement für Rast mit dem aktuell in Entwicklung befindlichen LMDh-Boliden namens BMW M V8 Hybrid. Der Le-Mans-Daytona-hybrid gibt im Januar 2023 sein Debüt bei den 24h Daytona, gleichzeitig Auftakt zur nächstjährigen IMSA-Meisterschaft.

2023 startet BMW mit dem LMDh-Prototyp ausschließlich in der US-Sportwagenserie, ab 2024 kommt ein Engagement in der WEC mit den 24 Stunden von Le Mans als Highlight hinzu. Als Einsatzteam für die WEC wurde der belgische Erfolgs-Rennstall WRT verpflichtet - ein Team, das Rast seit zehn gemeinsamen Jahren bei Audi bestens kennt und mit dem er zahlreiche Erfolge gefeiert hat, unter anderem beim 24h-Rennen in Spa und diesjährigen LMP2-Einsätzen in der WEC.

BMW und McLaren? Rast wollte es nicht glauben

"Gerade die letzten Monate haben mir wieder gezeigt, weshalb Rene und ich schon so lange erfolgreich zusammenarbeiten", sagte Rasts langjähriger und bestens vernetzter Manager, Dennis Rostek von der Agentur Pole Promotion. "Anfangs wollte er mir gar nicht so recht glauben, wie die Idee mit zwei Herstellern funktionieren könnte. Doch aus der Idee wurde der Ansporn für uns, das Projekt in die Hand zu nehmen. Und jetzt heißt es Feuer frei ab Januar - mit zwei unglaublich spannenden Herstellern mit unendlichen Möglichkeiten an Betätigungsfeldern."

Auf Rasts Doppel-Programm mit BMW und McLaren reagierten einige Motorsport-Fans in den sozialen Medien mit Verwunderung. Manche vermuteten gar einen zweiten 'Fall Oscar Piastri', nachdem um den jungen Franzosen ein Vertragsstreit zwischen den Formel-1-Teams von McLaren (da soll er hin) und Alpine (da kommt er her) entbrannt ist. Klar ist hier bislang nur die vorzeitige Trennung zwischen dem Rennstall aus Woking und Daniel Ricciardo zum Saisonende 2022.

Was läuft da zwischen BMW und McLaren?

Und zweifelsohne hat es absoluten Seltenheitswert, dass ein Rennfahrer mit einer zwölfjährigen Historie bei einer einzigen Marke (Audi) bei gleich zwei unterschiedlichen Herstellern anheuert, die auf den ersten Blick keine aktuellen Gemeinsamkeiten aufweisen. Ob das aber in Zukunft wieder der Fall ist?

Mitte Juli dieses Jahres berichtete die Fachzeitung Automobilwoche über eine mögliche Zusammenarbeit zwischen BMW und McLaren in der Serienproduktion. Laut dem Bericht sei eine Partnerschaft zwischen den beiden Marken möglich, die in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts zum Bau eines vollelektrischen BMW M1 und einem englischen Schwestermodell führen könnte. Auch von einem rentablen Crossover-Serienmodell war die Rede.

Gespräche zwischen Franciscus van Meel, seit November 2021 wieder Geschäftsführer der BMW M GmbH, und dem neuen McLaren-Automotive-CEO Michael Leiters (kam im Juli von Ferrari) habe es bereits gegeben. Das Projekt sei aber noch nicht in trockenen Tüchern, hieß es in dem Bericht. Ein neuer BMW-Sportwagen genieße nicht "die Priorität Nummer eins, aber vom Herzen her hat er immer eine hohe Priorität", wurde BMW-M-Boss van Meel von der britischen Zeitschrift Autocar zitiert.

Laut Auto Motor und Sport soll eine mögliche Übernahme des Formel-1-Teams von McLaren durch Audi nicht nur an hohen finanziellen Forderungen gescheitert sein, sondern auch, weil im Hintergrund bereits Beratungsgespräche mit dem bayerischen Konkurrenten BMW liefen. Da sich Audi schnell in Richtung Sauber für das mögliche F1-Projekt orientiert habe, habe sich die Verstimmung in München über die angeblichen Gespräche zwischen McLaren und Audi - Rasts Noch-Arbeitgeber - in Grenzen gehalten.

Rast mit BMW und McLaren: Ein riesengroßer Coup?

Sollten sich die Gerüchte bewahrheiten und McLaren tatsächlich wie schon zu früheren Zeiten eine Kooperation mit BMW eingehen, hätte Rast tatsächlich die perfekte Lücke gefunden. Ein BMW-Werksfahrer, der vollelektrische Sportwagen seines Formel-E-Arbeitsgebers McLaren promoten kann? Das klingt nach einem absoluten Coup! Ob Zufall oder nicht: Rasts neue Verträge dürften seine letzten sein in der Karriere als aktiver Rennfahrer.

Rast-Manager Rostek hatte im exklusiven Interview mit Motorsport-Magazin.com durchblicken lassen: "Es ist ein ganz wichtiger Punkt, zu schauen, wie seine Karriere nach dem aktiven Motorsport weitergeht und wann dieser Zeitpunkt gekommen ist. Das hatten wir vor einer Weile bei Audi schon definiert. Wenn man aber vor einem Wechsel steht, sollte man seine Ziele noch einmal überdenken."

Spekulationen über eine neuerliche Zusammenarbeit zwischen BMW und McLaren gab es in den vergangenen Jahren immer wieder. 2017 kündigten McLaren Automotive, die vom Rennsport losgelöste Sparte in Woking, BMW und einige andere Partner sogar ein strategisches Projekt zur Konstruktion und Entwicklung von Technologien für die nächste Generation von Antrieben an. Daraus sollten neue Verbrennungstechnologien entstehen, die zu einer höheren Leistungsausbeute bei gleichzeitiger Reduktion des CO2-Ausstoßes führen.

Als BMW mit dem McLaren F1 in Le Mans siegte

Nährboden jeglicher Gerüchte rund um BMW und McLaren war das legendäre Kooperationsprojekt aus den Neunziger-Jahren, der Supersportwagen McLaren F1. Das 1,5 Millionen D-Mark teure Auto wurde von 1993 bis 1997 106 Mal gebaut und von einem 6,1-Liter-12-Zylinder-Motor aus der Feder des 2016 verstorbenen BMW-Motorenpapstes Paul Rosche angetrieben.

Der McLaren F1 bei den 24 Stunden von Le Mans 1995, Foto: Sutton
Der McLaren F1 bei den 24 Stunden von Le Mans 1995, Foto: Sutton

28 der 106 Modelle gingen in einer umgerüsteten GT1-Variante unter anderem in der damaligen FIA-GT-Meisterschaft an den Start. Der sportliche Höhepunkt des McLaren F1 war der Gewinn der 24 Stunden von Le Mans 1995 mit dem Fahrer-Trio Yannick Dalmas/JJ Lehto/Masanori Sekiya des britischen Rennstalls Kokusai Kaihatsu Racing. 1999 feierte BMW zum ersten und bislang einzigen Mal als Hersteller den Gewinn der 24h Le Mans mit dem BMW Team Schnitzer-Aufgebot Joachim Winkelhock/Pierluigi Martini/Yannick Dalmas.