Die DTM unter dem neuen GT3-Reglement bleibt eine Wundertüte bis zum ersten Qualifying der Saison 2021 am Samstag. Das 2. Freie Training beim Jahresauftakt in Monza lieferte nur bedingt Erkenntnisse über die Performance der Autos von fünf Marken.

Die Bestzeit bei knapp 32 Grad Außentemperatur erzielte DTM-Rookie Philip Ellis. Der Pilot aus dem Mercedes-Team Winward führte die Zeitenliste mit einer Bestzeit von 1:47.617 Minuten an. Für die schnellste Runde der 45-minütigen Session benötigte Ellis nur sechs Runden, bevor er seinen Mercedes-AMG GT3 aus Reifenspar-Gründen an der Box abstellte.

Damit unterbot Ellis die von Maximilian Götz (1:47.624 Minuten) aufgestellte Bestzeit aus dem 1. Freien Training um genau 0,007 Sekunden! Der im 2. Training Zweitplatzierte Nico Müller (Rosberg-Audi) hatte einen Rückstand 0,267 Sekunden. Dahinter ging es enger zu: Die Top-9 bis einschließlich Ex-DTM-Champion Mike Rockenfeller waren weniger als eine Sekunde voneinander getrennt.

Ferrari-Duo auf den letzten Plätzen

Auffällig: Die beiden Ferrari 488 GT3 von Alex Albon und Liam Lawson (beide AF Corse) belegten am Nachmittag die letzten beiden Plätze im Zeitentableau. 1,8 Sekunden fehlten dem früheren Formel-1-Fahrer Albon zu Spitzenreiter Ellis. AF Corse konzentrierte sich beim Heimrennen auf dem 5,973 km langen Kurs offensichtlich auf Long Runs und das Verhalten der S8M-Reifenmischungen des neuen DTM-Partners Michelin. Den Vormittag hatte das Duo auf P2 und P3 beendet.

Prominente Unterstützung erhalten die GT3-Novizen Albon und Lawson in Form von Alessandro Pier Guidi. Der Ferrari-Werksfahrer unterstützt mit Tipps und Tricks aus dem GT-Sport in Monza. "Alessandro kennt dieses Auto besser als jeder andere Fahrer", sagt Albon. "Er fuhr hier vor einer Woche einen Test und fand Dinge heraus, von denen ich nicht einmal etwas wusste! Das ist gut, weil Liam und ich uns mit niemand anderem vergleichen können."

Vier unterschiedliche Marken schafften es am Ende in die Top-8: Die Mercedes von Ellis und Arjun Maini (GetSpeed) auf den Plätzen eins und vier, dazu zweimal Audi-Power mit DTM-Vizemeister Müller (Rosberg) und GT3-Ass Kelvin van der Linde (Abt) auf P2 und P3. "Wir haben genug Daten bei Long und Short Runs gesammelt", sagte van der Linde. "Morgen lassen alle ihr Potenzial aus dem Sack, aber es könnte gut werden für uns." BMW belegte durch Marco Wittmann (Walkenhorst) und Sheldon van der Linde (ROWE) die fünfte und sechste Position.

DTM-Doppelchampion Marco Wittmann im Monza-Interview (22:59 Min.)

Esmee Hawkey: Sprung in GT3-Auto sehr groß

DTM-Neueinsteiger Esteban Muth fuhr mit dem Lamborghini Huracan GT3 auf den siebten Platz. Seine Teamkollegin bei T3 Motorsport, die 23-jährige Esmee Hawkey ordnete sich auf der 13. Position ein. "Ich konnte ein bisschen testen, aber der Sprung vom Carrera Cup ins GT3-Auto ist sehr groß", sagte Hawkey. "Hier fahren einige der besten GT3-Piloten der Welt. Ich will das erste Rennwochenende nutzen, um zu lernen."

Sophia Flörsch, die zweite Dame im Starterfeld der DTM 2021, beendete das 2. und damit letzte Training des Wochenendes auf Platz 15. Die Münchnerin ist eine von drei Kandidaten, die eines der im Motorsport neuartigen Space-Drive-Systeme im Auto verbaut haben, bei denen die traditionelle Lenkstange entfällt und stattdessen über Sensoren gelenkt wird. Paffett-Ersatzmann Maxi Buhk (Mücke-Mercedes, Platz 10) und Timo Glock (ROWE-BMW, Platz 16) haben ebenfalls Space Drive an Bord.

"Man weiß nie, was alle machen", sagte Flörsch am frühen Abend. "Mir ist wichtig, dass ich im Vergleich zu meinen Teamkollegen Fortschritte mache. Das 2. Training war nicht so gut, weil wir die Bremsen einfahren mussten. Entscheidend ist, was im Qualifying und dann im Rennen passiert."

DTM-Teams im Reifenspar-Modus

Eine kuriose Szene ereignete sich zur Mitte des Trainings an der Winward-Box. Obwohl Philip Ellis von den Mechanikern am Boxenplatz eigentlich schon abgefertigt worden war, blieb der DTM-Rookie kurz dahinter stehen und parkte seinen Mercedes. Es schien, als würde er auf Teamkollege Lucas Auer warten. Der Österreicher steuerte eine Weile später ebenfalls die Box des Teams an, hielt nur kurz und drehte dann eine weitere Runde. Ellis stieg unterdessen aus dem Auto und spazierte in die Teamgarage genauso wie Auer, nachdem er an die Box zurückgekehrt war.

Zu diesem Zeitpunkt führte Ellis das Klassement an und hatte sechs Runden zurückgelegt. Auer belegte Platz acht mit zwei Umläufen mehr auf dem Konto. Winward hatte im 1. Training komplett aufs Fahren verzichtet mit dem Hinweis auf einen Test bei vergleichbaren Bedingungen vor eineinhalb Wochen in Monza. Auer ließ nach dem 1. Training durchblicken: "Schauen wir mal, wie das läuft. Die Antwort darauf erhalten wir dann im Qualifying."

DTM-Rookie Maini hat ein Rad ab

DTM-Rückkehrer Daniel Juncadella aus dem Mercedes-Team GruppeM Racing fuhr am Nachmittag keine einzige Runde. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com hatte sich der Spanier während des 1. Trainings ein technisches Problem beim Überfahren eines Kerbs eingehandelt. Die Schwierigkeiten stellten sich als schwerwiegender heraus und so blieb der Mercedes am Nachmittag in der Garage. Für den Samstag erwartet GruppeM keine Probleme.

In der Schlussphase blieb es spannend in der Boxengasse: DTM-Neueinsteier Arjun Maini vom Mercedes-Team GetSpeed kam nach einem Reifenwechsel nur wenige Meter weit, bis sich das rechte Hinterrad am AMG-GT3 löste und den ersten Inder der DTM-Geschichte vorzeitig Feierabend machen musste.

Erstmals ernst in der DTM-Saison 2021 wird es am morgigen Samstag. Um 10:30 Uhr steht das Qualifying im Königlichen Park zu Monza bevor. Der Rennstart erfolgt wie in der Vergangenheit um 13:30 Uhr.