Packendes Sonntags-Rennen der DTM in Assen: Mike Rockenfeller gewann das zweite Rennen bei der Premiere der Tourenwagenserie auf dem niederländischen Kurs. Diesmal entschied kein Safety Car über Sieg und Niederlage - stattdessen spielten die Hankook-Reifen die ausschlaggebende Rolle.

Rockenfeller gelang von Startplatz drei sein erster Sieg seit 2017 in Zandvoort sowie der sechste seiner DTM-Karriere. Das Audi-Urgestein profitierte von einem klugen Reifen-Management und übernahm in der Schlussphase die Führung von Pole-Setter Rene Rast.

Um den Meisterschaftsführenden Rast entwickelte sich ein echtes Reifen-Drama. Der Audi-Star befand sich auf bestem Wege zu seinem 14. DTM-Sieg, bis zwölf Minuten vor dem Rennende die Reifen einbrachen.

Rast musste einen zweiten Boxenstopp einlegen und fiel in Führung liegend bis auf den elften Platz zurück. Im restlichen Verlauf des Rennens kämpfte sich der Pole-Setter mit seinen frischen Hankook-Reifen bis auf den fünften Platz zurück.

Rast: Sehr frustrierend

"Sehr frustrierend", sagte Rast bei Sat.1. "Man führt und meint, dass man alles unter Kontrolle hat. Dann kommt plötzlich ein extremer Einbruch der Reifen und man ist zehn Sekunden langsamer als im Qualifying. Ich musste deshalb noch mal stoppen. Wir müssen jetzt rausfinden, warum das passiert ist. Platz fünf ist Schadensbegrenzung."

Wittmann: Der Mann des Rennens

Die Geschichte des zehnten Saisonrennens schrieb aber Marco Wittmann mit Platz zwei. Der BMW-Fahrer musste das Rennen nach einem Problem mit der Sensorik während des Qualifyings vom letzten Startplatz aufnehmen.

Wittmann zeigte eine wahre Aufholjagd und hatte sich schon nach zehn Runden bis auf den sechsten Platz verbessert. Nach den Boxenstopps belegte der zweifache DTM-Meister sogar die zweite Position, bis er sich Rockenfeller geschlagen geben musste.

Wittmann war an der Spitze allerdings der einzige BMW-Pilot auf weiter Flur. Mit Nico Müller, WRT-Rookie Jonathan Aberdein, Rast und Lokalmatador Robin Frijns fuhren vier Audi-Piloten auf die Plätze drei bis sechs.

Aston Martin profitiert von Reifen-Poker

Vom Reifen-Poker profitierte diesmal auch DTM-Neueinsteiger R-Motorsport: Daniel Juncadella führte den Aston Martin Vantage auf den siebten Platz. "Die Reifen haben uns geholfen", sagte der frühere Mercedes-DTM-Fahrer. "Die anderen konnten nicht den richtigen Speed von ihren Autos nutzen."

Paul Di Resta (R-Motorsport), Jamie Green (Audi) und Pietro Fittipaldi (WRT-Audi) komplettierten die Punkteränge.

Mit dem fünften Rennwochenende in Assen endet die erste Hälfte der DTM-Saison 2019. Weiter geht es mit dem nächsten von insgesamt neun Läufen (18 Rennen) in Brands Hatch vom 09. bis 11. August.

Rene Rast bleibt Spitzenreiter in der DTM-Meisterschaft 2019, Foto: DTM
Rene Rast bleibt Spitzenreiter in der DTM-Meisterschaft 2019, Foto: DTM

Die Meisterschaft: Rene Rast bleibt trotz des Rückschlags Spitzenreiter. Nach zehn von 18 Rennen hat der Audi-Pilot 158 Punkte auf dem Konto. Gesamtzweiter ist Markenkollege Nico Müller aus der Schweiz mit 136 Zählern. Marco Wittmann belegt nach dem Sieg am Samstag und der heutigen Aufholjagd Gesamtplatz drei mit 118 Punkten. BMW-Pilot Philipp Eng (111) und Sonntags-Sieger Mike Rockenfeller (94) komplettieren die Top-5.

Die Top 3 der aktuellen Tabelle waren in Assen auch die Fahrer mit der größten Punkteausbeute - allerdings in umgekehrter Reihenfolge: Wittmann sicherte sich insgesamt 46 Punkte, Müller kam auf 33 Zähler und Rast reist mit 30 weiteren Punkten im Gepäck nach Brands Hatch.

Rockenfeller, Wittmann, Müller: Stimmen vom Podium

Mike Rockenfeller, Sieger: "Toll! Gestern war ein frustrierender Tag, deshalb ist es heute umso schöner. Das Qualifying war ein guter Grundstein. Ich hatte dann einen guten Start und im Rennen ging es darum, die Reifen am Leben zu halten. Das galt für alle Fahrer. Am Ende habe ich auch gekämpft, aber ich hatte ja einen guten Vorsprung."

Marco Wittmann, Zweiter: "Ich bin mit extrem viel Wut losgefahren nach dem Qualifying. Ich hatte eine super erste Runde und war schon Elfter. Dann bin ich ein bisschen hinter den Audis steckengeblieben und wir haben uns für einen frühen Boxenstopp entschieden. Danach ging es nur noch ums Reifen-Management. Es hat sich ganz komisch angefühlt. Ich dachte, dass der Reifen hinten von der Felge fallen würde. Ich hätte nie gedacht, dass ich zu Ende fahren kann."

Nico Müller, Dritter: "Die letzten Runden waren nicht so stressfrei wie gewünscht. Ich habe hinten links Luft verloren und hatte am Ende weniger als ein bar im Reifen. Ich habe geschwitzt, ob ich es überhaupt ins Ziel schaffen würde. Als der Druck unter 1,2 bar gefallen war, habe ich Gas rausgenommen. Wenn du dann über einen Kerb fährst... Ich wollte nur noch ins Ziel."

Philipp Eng: Blick in einen Fahrer-Raum im Renntruck (10:24 Min.)

DTM in Assen: So lief das Rennen am Sonntag

Die Startaufstellung: Rene Rast stand zum vierten Mal in den letzten sechs Rennen auf der Pole Position. Mit seiner insgesamt neunten Pole hat er sich damit in der ewigen DTM-Bestenliste einen Top-10-Platz (Rang neun) gesichert. Auch beeindruckend: Rast startete saisonübergreifend bereits zum zehnten Mal in den letzten 16 Rennen aus der ersten Reihe. Hinter Rast belegten mit Jonathan Aberdein, Mike Rockenfeller, Nico Müller und Robin Frijns fünf Audi-Fahrer die vorderen fünf Startplätze. Samstags-Sieger Marco Wittmann musste das Rennen nach einem Sensor-Fehler als Letzter aufnehmen. Wegen anschließender Arbeiten im Parc-Fermé wurde der BMW-Pilot vom Qualifying disqualifiziert.

Der Start: Rene Rast erwischte von der Pole einen guten Start, daneben kam Jonathan Aberdein allerdings überhaupt nicht vom Fleck und wurde auf Platz acht durchgereicht. Mike Rockenfeller und Robin Frijns nahmen die Verfolgung zu ihrem Audi-Markenkollegen auf. Dahinter bekriegten sich BMW-Rookie Sheldon van der Linde und Nico Müller im Audi um die vierte Position. Marco Wittmann verbesserte sich in der Startrunde um sechs Plätze auf P12. Mit Daniel Juncadella von Startplatz 14 fuhr auch ein Aston Martin in den Punkterängen.

Die Boxenstopps: Die üblichen ganz frühen Boxenstopps blieben diesmal aus. In Runde 6 legte Loic Duval von Platz sieben als Erster seinen Pflicht-Reifenwechsel ein und nahm das Rennen mit einem frischen Satz wieder auf. Auf BMW-Seiten absolvierte Bruno Spengler im achten Umlauf seinen Pflicht-Boxenstopp.

Nach den Reifenwechseln von Jamie Green (Runde 11) und Joel Eriksson (12) wurde es geschäftig in der Boxengasse. Die drei BMW-Piloten Marco Wittmann (13), Timo Glock und Sheldon van der Linde (beide 14) bogen innerhalb kurzer Zeit ab. Audi konterte und holte Nico Müller im 14. Umlauf an die Box. Der Reifenwechsel dauerte allerdings zu lange, was den Schweizer zwei Positionen auf der Strecke kostete.

Aus der Spitzengruppe legten in Runde 15 Rene Rast, Robin Frijns und Pietro Fittipaldi ihren Pflicht-Stopp ein. Nach dem Stopp von Mike Rockenfeller im 17. Umlauf fuhren nur noch WRT-Rookie Jonathan Aberdein und die vier Aston Martin Vantage auf ihren Startreifen. In Runde 22 legte Duval nach Runde 6 seinen zweiten Boxenstopp ein.

Zwölf Minuten vor dem Rennende wurde es dramatisch: Rene Rast musste in Führung liegend in Runde 29 einen zweiten Boxenstopp einlegen, nachdem seine Rundenzeiten eingebrochen waren und Mike Rockenfeller spielend die Führung übernahm. Rast ordnete sich als Elfter wieder im Feld ein. Auch Timo Glock entschied sich für einen zweiten Reifenwechsel.

Die Zwischenfälle: Paul Di Resta segelte in der Startrunde von der Strecke und geriet ins Kiesbett. Der Aston-Martin-Fahrer konnte sich allerdings selbstständig befreien - die von vielen befürchtete Safety-Car-Phase blieb aus.

Nach dem Großteil der Pflicht-Boxenstopps führte zur 19. Runde Loic Duval nach seinem frühen Stopp das Rennen an. Der Franzose ließ Audi-Markenkollege Rene Rast ohne Probleme passieren und überließ ihm die Spitze. Etwas schwieriger wurde es verständlicherweise für den nachfolgenden Marco Wittmann, der Duval einen Umlauf später überholen und die zweite Position übernehmen konnte.

Bei Ferdinand Habsburgs Boxenstopp in Runde 21 lief etwas schief: Sein Hinterrad drehte durch, während ein Mechaniker das neue Rad festschrauben wollte. Das kostete unnötig viel Zeit ist laut Reglement verboten.

Die Ausfälle: In Runde 20 erlebten die Zuschauer einen Doppel-Ausfall. Zunächst stellte Norisring-Sieger Bruno Spengler seinen BMW mit einem technischen Problem ab. Parallel dazu parkte auch Jake Dennis seinen Aston Martin in der Box von R-Motorsport.

In Runde 31 rauchte plötzlich der BMW von Joel Eriksson. Der Schwede musste das Rennen vorzeitig aufgeben und parkte seinen Rennwagen am Streckenrand.