18 Jahre lang hatte die ARD die Rennen der DTM im Fernsehen übertragen. Ende 2017 endete das Kapitel mit dem öffentlich-rechtlichen Sender, stattdessen sicherte sich Sat.1 die TV-Rechte. Das Debüt des Privatsenders beim 2018er Auftakt in Hockenheim wurde im Vorfeld heiß diskutiert. Motorsport-Magazin.com macht den TV-Check: Was war gut und wo ist noch Luft nach oben?

Die Quote zählt

Die harte Währung im TV-Geschäft. Selten zuvor wurden am Sonntagmorgen in Hockenheim die TV-Quoten vom Samstagsrennen mit größerer Spannung erwartet. Dann die große Überraschung für die meisten Beobachter: Die Quote konnte sich sehen lassen!

Den Rennstart schauten 700.000 Zuschauer, was einem Marktanteil von 9,8 Prozent entspricht. Damit lag die DTM über dem Senderdurchschnitt und erzielte bis zum Abendspielfilm die besten Werte. Zum Vergleich: Die Samstagsrennen 2017 im Ersten verfolgten im Schnitt ähnlich viele Zuschauer, nur die Sonntagsrennen bewegten sich um die 1-Million-Marke herum.

Mercedes-Teamchef Uli Fritz zur überraschenden Sat.1-Quote: "Ich war super-positiv überrascht. Wir alle hatten die Befürchtung, dass es abrutscht, weil es eben kein öffentlich-rechtlicher Sender ist. Hut ab. Man hat gesehen, dass sich die harte Arbeit von Sat.1 im Vorfeld mit Trailern, Werbung und Ankündigungen ausgezahlt hat. Wir sind auf einem guten Weg."

Kommentator Edgar Mielke

Der vor allem aus der MotoGP bekannte Kommentator bleibt seiner Linie auch in der DTM treu: Eddie zeigte in den Rennen Emotion pur! Vor allem der epische Zweikampf zwischen Timo Glock und Gary Paffett holt alles aus Mielke heraus. Kein Vergleich zur ARD, wo es eher nüchtern und sachlich bis hin zu steril ablief. Mielkes gelebte Leidenschaft für den Sport kam aber nicht bei allen Zuschauern gut an, in den sozialen Netzwerken setzte es auch Kritik.

Timo Glock brachte es bei Motorsport-Magazin.com auf den Punkt: "Bei Eddie Mielke gibt es nur zwei Seiten: Die einen hassen ihn, weil er zu laut schreit. Die anderen finden das mega. Ich finde ihn super, weil er die Emotionen richtig rüberbringt."

Was die TV-Zuschauer gar nicht mitbekamen, war Mielkes leidenschaftlicher Einsatz auch abseits des Mikros. Am Samstag gab es nach dem Rennen ein paar technische Probleme mit der Übertragung, was Mielke aufhielt. Dabei sollte er doch die Pressekonferenz mit den Top-3 moderieren. Leicht außer Atem erreichte er doch noch den Pressesaal und entschuldigte sich öffentlich für die leichte Verspätung. "Ich bin wie Hölle gerannt, weil die Sprecherkabine komplett auf der anderen Seite der Strecke ist", sorgte Eddie für einen Lacher. Schöne Geste.

DTM Hockenheim I 2018: Highlights vom 2. Rennen (02:42 Min.)

TV-Experte Timo Scheider

Der hatte im Vorfeld angekündigt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und sich auch nicht vor Arbeitgeber BMW zu scheuen. Einen kleinen Seitenhieb in Richtung Vorgänger Norbert Haug inklusive ("Sehr oft sehr Mercedes-parteiisch"). Die Bombe platzen - wie es in der DTM so schön heißt - ließ Scheider am Wochenende nicht.

Keine skandalösen Enthüllungen, aber dafür war auch nicht unbedingt Platz. Den einen oder anderen Insider ("Toto Wolff war früher ja nicht so oft bei der DTM") konnte sich Scheider nicht verkneifen, insgesamt legte er den Fokus aber aufs aktuelle Renngeschehen.

Und das machte er ausgezeichnet, lieferte auch Infos, die eigentlich nur Fahrer kennen. Zwar freute er sich am Sonntag für Kumpel und Rennsieger Glock ganz besonders, aber von Befangenheit konnte nun wirklich keine Rede sein. Allgemeiner Tenor: Scheider machte seine Sache gut und ist eine echte Hilfe für Mielke.

Bei Sat.1 geht es betont locker zu, Foto: Sat.1
Bei Sat.1 geht es betont locker zu, Foto: Sat.1

Die Expertise

Ein weiterer Streitpunkt in den sozialen Netzwerken. War die Berichterstattung rund ums Rennen zu simpel und nicht tiefschürfend genug? Die extreme Schwäche von Audi am Samstag hätte sicherlich mehr Platz einnehmen sollen. Vor allem, weil es nach den Tests hieß, das gesamte Feld würde so eng beieinander liegen.

Die ungewisse Zukunft der DTM nach 2018 hätte ebenfalls ein größeres Thema sein können, wäre es zu ARD-Zeiten sicherlich auch gewesen. Verständlich aber aus Sicht von Sat.1, dass man die neuen Zuschauer nicht direkt mit solch einer komplexen Angelegenheit konfrontieren wollte. Das sportliche Entertainment stand klar im Vordergrund - war auch so im Vorfeld erwartet worden.

Mielke und auch Scheider erklärten während der Übertragungen zudem immer wieder Dinge, die für reine DTM-Fans nichts Neues waren. Zum Beispiel in aller Ausführlichkeit, wie das DRS in der DTM funktioniert. Hätte etwas weniger sein dürfen, stattdessen noch mehr Detail-Analyse und Insider-Expertise. Aber: Wer ein neues Publikum erreichen will, muss eben erst mal Basisarbeit leisten. Mit der Zeit werden die Basics immer weiter in den Hintergrund rücken.

Andrea Kaiser

Wer Andrea Kaiser klischeebehaftet vorhält, keine Ahnung vom Motorsport zu haben, ist selbst ziemlich ahnungslos. Sie führte zusammen mit Matthias Killing sicher durch Vor- und Nachberichterstattung, das Duo stellte meist die richtigen Fragen. Nur die Analyse des Duells zwischen Glock und Paffett am Sonntag hätte etwas detaillierter ausfallen können.

Absolut erfrischend: lockere Gesprächsrunde mit Kaiser und den Fahrern auf dem Podium statt Einzel-Interviews am Parc Fermé. Führt meist zu unterhaltsameren Diskussionen zwischen den Protagonisten. Dass Andrea Kaiser - und auch Eddie Mielke in der Pressekonferenz - die englische Sprache der Fahrer direkt selbst kurz und bündig ins Deutsche übersetzten, kam überall gut an.

Andrea Kaiser mit Mattias Ekström, Foto: LAT Images
Andrea Kaiser mit Mattias Ekström, Foto: LAT Images

Die Werbung

Die wohl größte Sorge vieler Fans bei Privatsender Sat.1, kannte man von der öffentlich-rechtlichen ARD schließlich quasi nicht. Die Sorge entpuppte sich jedoch als unbegründet, Sat.1 löste es ganz galant mit zwei Splitscreen-Werbeeinblendungen während des Rennens. Das ist absolut zu verschmerzen.

Und: Im Live-Stream auf der ran-Webseite wurde gar keine Werbung gezeigt, stattdessen ging sogar der Kommentar weiter. Auf unterschiedlichen Kanälen zu senden, sorgte zwar für kleinere Verwirrung in der Sprecherkabine, bei der Premiere aber kein Ding. Nur die lange Werbepause kurz nach dem wahnsinnigen Sonntagsrennen nervte etwas. Entsprechend sanken die Einschaltquoten der Nachberichterstattung rapide.

Topmodel-Alarm in der DTM: Nur Heidi Klum fehlte, Foto: DTM
Topmodel-Alarm in der DTM: Nur Heidi Klum fehlte, Foto: DTM

Die Topmodels

Im Fahrerlager zeigte sich, welchen Plan Sat.1 verfolgt. Cross-Promotion heißt das Zauberwort. Und so stolzierten Samstag und Sonntag die sechs Finalistinnen von Germany's Next Top Model durch die Startaufstellung und posierten für Fotos. Man muss kein Experte sein um zu wissen, wie am Wochenende das Verhältnis Models/Autos bei den Handy-Schnappschüssen ausfiel...

Was die ARD seit Jahren nicht mehr machte, darauf setzt Sat.1: Die DTM in andere prominente Formate integrieren, um die Reichweite zu steigern. Schade aber bei den Damen von Heidi Klum (übrigens nicht vor Ort): Ihr DTM-Besuch wird nicht in der Pro7-Sendung ausgestrahlt, sondern nur über die sozialen Medien lanciert. Ein Catwalk durch die Startaufstellung hätte schon was gehabt.

Dass die DTM-Piloten nun aber in Formaten wie dem Sat.1-Frühstücksfernsehen oder bei diversen Promi-Shows auf Pro.7 Gastauftritte haben, ist wichtig für die Serie. So erreicht man neues und vor allem jüngeres Publikum. Die Zeit wird zeigen, wie konsequent Sat.1 das Thema fortführt.