Heile Welt in der DTM? Von wegen. Hinter den Kulissen der Tourenwagenserie kriselte es mächtig in den vergangenen Wochen. Genauer gesagt: Seit dem Rennwochenende in Ungarn. Ab diesem Zeitpunkt waren die Performance-Gewichte das große Thema in der DTM. Bestimmte Hersteller gaben ihren Fahrern während der Rennen in Budapest per Boxentafel Zielvorgaben, welche Rundenzeiten sie in den ersten 28 Runden fahren sollten - um dadurch kein zusätzliches Gewicht aufgebrummt zu bekommen.

Das war per Reglement nicht verboten, tat dem Ansehen des Sports aber alles andere als gut. Stichwort: Fahrer gezielt einbremsen. Zum folgenden Rennwochenende auf dem Norisring wurde eine kurzfristige Regeländerung eingeführt: jegliche Informationen außer dem Hinweis, zum Reifenwechsel reinzukommen, wurden auf den Boxentafeln verboten. Die Diskussionen darüber, wie die DTM nun mit dem leidigen Erfolgsballast-Problem umgehen soll, gingen unterdessen munter weiter.

Abschaffung erst mal vom Tisch

Wie Motorsport-Magazin.com weiß, ist die völlige Abschaffung der Performance-Gewichte erst einmal vom Tisch. Der neue ITR-Boss Gerhard Berger soll mit den drei Herstellern Audi, BMW und Mercedes in den vergangenen Tagen Gespräche geführt haben, eine Einigung konnte aber nicht erzielt werden. Ein Hersteller soll sich gegen die kurzfristige Abschaffung ausgesprochen haben.

Um den nervigen Diskussionen über den Erfolgsballast jedoch Einhalt zu gebieten, hat der DMSB vor dem anstehenden Rennen in Moskau aber eine neue Lösung präsentiert. Ab Russland wird laut Informationen von Motorsport-Magazin.com per Zufallsgenerator entschieden, wie viele Rennrunden herangezogen werden, um die Verteilung der Zusatzgewichte zu bestimmen.

Galt bislang der Mittelwert der 28 schnellsten Runden als Maßstab, wird nun eine Zahl zwischen 15 bis 30 Runden per Zufall bestimmt. Diese Rundenzahl gilt dann als Wert zur Bestimmung, welche Hersteller nach dem Rennen Gewicht ein- oder ausladen müssen. Die zufällig generierte Zahl wird vermutlich erst nach dem Rennen veröffentlicht.

Schluss mit Einbremsen

Mit dieser Regelung soll komplett verhindert werden, dass die Hersteller ihre Fahrer einbremsen, um dem Erfolgsballast zu entgehen. Wenn sie nicht wissen, wie viele Runden zur Bestimmung der Verteilung herangezogen werden, können sie taktisch im Rennen nicht mehr darauf reagieren. Die Streuung zwischen 15 bis 30 Runden dürfte groß genug sein, um dem Zielzeitfahren endgültig einen Riegel vorzuschieben.

Zudem gibt es eine weitere neue Regelung. Es werden nun nicht mehr die Mittelwerte aller sechs Autos eines Herstellers herangezogen, sondern nur noch die der drei punktbesten in der Meisterschaft. Der Trick dahinter: Aufgrund der engen Zeitabstände in der DTM gibt es immer mal wieder Ausreißer, also Fahrer, die nach einem guten Qualifying vorne mitfahren, mit der Meisterschaft aber kaum etwas zu tun haben.

Damit diese Fahrer nicht 'missbraucht' werden, um die Rundenzeiten zu drücken, gilt die Regel nur noch für die Titelanwärter - und kein Hersteller wird es sich leisten können, die Favoriten einzubremsen, nur um Gewicht einzusparen.

Boxentafel-Regel bleibt

Die Boxentafel-Regel vom Norisring bleibt unterdessen bestehen. Irgendwelche Codes wie in Ungarn, die bestimmte Rundenzeiten vorgeben, bleiben verboten. Da sich einige Fahrer darüber beschwert hatten, aufgrund der mangelnden Informationen nicht einmal mehr zu wissen, in welcher Runde sie sich befinden, soll ab Moskau eine für alle sichtbare Zeitanzeige entlang der Strecke angebracht werden.

Der DMSB hat sich nach all den Querelen hinter den Kulissen diesmal über die Hersteller hinweggesetzt und die neuen Regeln formuliert. Bei einem Treffen der Sporting Working Group am kommenden Montag soll die Regel ausformuliert und als Bulletin veröffentlicht werden.

Dann bleibt den drei Herstellern eine Woche Zeit, um sich neue Taktik-Kniffe auszudenken - oder einfach weiter den guten Sport zu bieten, zu dem die DTM dank der 2017er Regeln durchaus in der Lage ist, wie die meisten Rennen in dieser Saison bewiesen haben. Nebenkriegsschauplätze wie der Erfolgsballast-Ärger und weitere Verschwörungstheorien hatten zuletzt einen Schatten über die Serie geworfen, den sich keiner der Beteiligten wünschen kann.