Es ist eine Weißheit, die in jeder Sportart auf dieser Welt gilt: Jeder Athlet, egal wie gut oder schlecht, wird irgendwann seinen sportlichen Leistungszenit erreichen. Anschließend geht es bergab - beim einen schneller, beim einen langsamer. Selbst die größten Legenden einer Sportart bleiben davon nicht verschont. Ganz egal, ob Lionel Messi, Cristiano Ronaldo, Michael Jordan, Roger Federer, Michael Schumacher oder Valentino Rossi - sie alle erwischte es irgendwann.

Rossi beispielsweise hatte die MotoGP in den 2000er-Jahren nach Belieben dominiert und in dieser Zeit nicht weniger als sieben WM-Titel eingefahren, ehe ihn eine schwere Fußverletzung beim Italien Grand Prix 2010 außer Gefecht setzte. Anschließend sollte der charismatische Italiener dann nie wieder an zuvor gezeigten Leistungen anknüpfen können. Stattdessen übernahmen die jungen Wilden um Yamaha-Teamkollege Jorge Lorenzo, Dani Pedrosa und Casey Stoner zunehmend das Kommando, Rossis Glanzlichter wurden immer seltener.

Valentino Rossi konnte im hohen Alter zunehmend seltener mit den jungen Stars mithalten, Foto: Yamaha Factory Racing
Valentino Rossi konnte im hohen Alter zunehmend seltener mit den jungen Stars mithalten, Foto: Yamaha Factory Racing

Marc Marquez: Totale MotoGP-Dominanz zwischen 2013 und 2019

Zu den jungen Wilden der MotoGP gesellte sich ab 2013 dann auch ein gewisser Marc Marquez. Der damalige Repsol-Honda-Youngster krönte sich in jener Saison nicht nur zum ersten Rookie-Weltmeister der MotoGP-Geschichte, sondern startete damit auch seine ganz eigene Ära der Dominanz. Zwischen 2014 und 2019 war kaum noch ein Vorbeikommen am spanischen Superstar, einzig 2015 verpasste er den WM-Titel. In der letzten Saison der 2010er-Jahre stellte Marquez mit 420 Zählern sogar noch einen neuen Punkterekord auf, er wurde in 18 von 19 Rennen Erster oder Zweiter.

An diese Höhen konnte Marquez anschließend aber nicht anknüpfen. Ein schwerer Sturz im Auftaktrennen 2020 in Jerez veränderte seine Karriere nachhaltig, zudem wurde die Honda RC213V immer konkurrenzunfähiger. Die Geschichte wiederholte sich, eine neue Generation an Talenten übernahm die Kontrolle in der MotoGP. Als sich Marquez im Herbst 2023 zum Wechsel zu Gresini Ducati entschied, war sich die Motorrad-Welt aber schnell einig: 2024 würde der spanische Superstar wieder an alte Zeiten anknüpfen. Und die erste Ducati-Ausfahrt in Valencia Ende 2023 bestätigte diese These auch, die offiziellen Wintertestfahrten in Sepang und Katar gaben zuletzt aber ein etwas anderes Bild ab. Zwar war Marquez dort nicht langsam, aber eben auch nicht auf Augenhöhe mit den Ducati-Stars Francesco Bagnaia, Enea Bastianini oder Jorge Martin unterwegs.

Marc Marquez hat noch Nachholbedarf gegenüber seinen Ducati-Kollegen, Foto: LAT Images
Marc Marquez hat noch Nachholbedarf gegenüber seinen Ducati-Kollegen, Foto: LAT Images

Marc Marquez zweifelt: Leistungszenit bereits erreicht?

"Ich muss noch viel lernen, speziell von den Topjungs bei Ducati. Ich fühle mich wohl, bin aber nicht dazu bereit, um Podien oder Siege zu kämpfen", analysierte Marquez selbst am Donnerstag im Rahmen der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz in Katar. Entgegen der öffentlichen Erwartungshaltung sieht er sich nicht im Titelkampf 2024: "Zu denken, dass ich von Anfang an gewinnen kann, wäre ein großer Fehler. Ich habe die letzten zwei Jahre kein Rennen gewonnen. Ich muss mir erst eine Basis schaffen und komme letztlich zu einem Hersteller, wo es mit Pecco, Enea und Martin drei verdammt schnelle Fahrer gibt. Sie kennen das Bike bestens. Ich muss von ihnen lernen und mich an ihren Fahrstil anpassen."

Und dann gibt es da eben noch den eingangs erwähnten Leistungsabfall im steigenden Sportleralter, der auch dem kommende Woche 32 Jahre alt werdenden Marquez nicht verborgen geblieben ist. "Jeder Athlet hat seinen Moment, dann gibt es einen 'Drop'", hält er fest und ergänzt: "Du musst dann härter und härter arbeiten, um den Abfall möglichst flach zu halten. Junge Leute wie Fabio, Pecco, Martin oder jetzt Pedro [Acosta, Anm.] kommen rein und fahren schneller. Du musst von ihnen lernen, um dein Leistungsniveau so lange wie möglich zu behalten."

Hat Marc Marquez seinen Leistungszenit also schon erreicht? Kann er sein Level nun maximal noch aufrechterhalten oder geht es schlimmstenfalls nur noch bergab? "Das werden wir dieses Jahr herausfinden", meint der Gresini-Neuzugang. "Letztes Jahr habe ich viel gelitten, war aber immernoch die beste Honda. Davor habe ich in sieben Jahren sechs Titel gewonnen. 2020 hat mein Leben verändert, von da an wurde alles zum Albtraum. Ich habe selbst viele Fragen an mich, aber die muss ich nicht im ersten Rennen beantworten. Wir gehen, wie in der Saisonvorbereitung, Schritt für Schritt und brechen nicht in Panik aus."

Marc Marquez sieht sich 2024 nicht im MotoGP-Titelkampf, Foto: LAT Images
Marc Marquez sieht sich 2024 nicht im MotoGP-Titelkampf, Foto: LAT Images

Marc Marquez verrät Ziel für MotoGP-Saison 2024: Top-5 oder -6

Der MotoGP-Superstar warnt also ausdrücklich davor, sein Premierenrennen im Gresini-Dress zu hochzuhängen. Natürlich wird sich der achtfache Weltmeister aber an seinen Leistungen messen lassen müssen, zu groß sind Standing und Talent. "Ich will mich wieder konkurrenzfähig fühlen", weiß auch Marquez, ergänzt aber sofort: "Das muss nicht heißen, dass ich den Titel gewinne. Das bedeutet, in den Top Fünf oder Sechs zu sein. Da möchte ich hin, aber nicht schon im ersten Rennen. Du kannst beim Hausbau schließlich auch nicht mit dem Dach anfangen."

Während Marquez also weiterhin tiefstappelt, sind seine Ducati-Kollegen etwas anderer Meinung. "Er ist sehr stark. Wir werden bald sehen, wie stark", kommentierte am Donnerstag etwa Jorge Martin und Francesco Bagnaia gab zu Protokoll: "Ich bin mir sicher, dass er eine gute Chance haben wird. Sein Motorrad ist schnell und er ist immer noch Marc Marquez."

Was glaubt ihr: Hat Marc Marquez seinen Zenit bereits erreicht? Lasst es uns in den Kommentaren wissen! Hier findet ihr nun alle Wege, wie ihr den Saisonstart in Katar live mitverfolgen könnt: