Die MotoGP wollte 2023 gleich zwei neue Events in ihren Rennkalender aufnehmen. Der Kasachstan-Grand-Prix auf der Sokol International Racetrack hätte an diesem Wochenende den Abschluss der ersten Saisonhälfte bilden sollen. Das Rennen musste aber bereits vor Monaten abgesagt werden, da die Strecke nicht fertig wurde.

Ende September steht der Indien-GP im Kalender. Doch auch dort schreiten die Vorbereitungen nicht wie erhofft voran. Ein Szenario, dass MotoGP-Fans bereits zu gut kennen. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf eine lange Geschichte an Grand-Prix-Events, die schon vor der ersten Austragung scheiterten.

Indien-GP vor Absage? Probleme für die MotoGP (08:08 Min.)

2009 - Ungarn

"Die Grundsteinlegung für den neuen Balatonring, der im nächsten Jahr den Ungarn-Grand-Prix beheimaten wird, fand am 6. November statt", verkündete die MotoGP im Herbst 2008 stolz. "Wenn das Wetter mitspielt, bin ich mir sicher, dass die Strecke rechtzeitig fertig wird und wir am 20. September 2009 den Ungarn-Grand-Prix austragen werden", sagte Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta damals. Die Strecke wurde nicht rechtzeitig fertig. Nicht für 2009 und auch für keine der folgenden Saisons. Stattdessen wurde die Bauruine als Mülldeponie genutzt. Mittlerweile gibt es zwar eine Rennstrecke am Balaton, diese hat mit dem damaligen Projekt aber nichts zu tun und befindet sich am anderen Ende des fast 80 Kilometer langen Sees.

2012 - Ukraine

Was heute undenkbar klingt, war 2010 Realität. Der ukrainische Motorsportverband und der russische Industrielle Anatoly Kuchmin machten gemeinsame Sache und planten einen modernen Motorsportkomplex auf der Krim. Die Bauarbeiten liefen unter Beobachtung der Dorna auch tatsächlich an, konkrete Ausmaße nahm das Projekt aber nie an. Seit der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 kann das Event auf der Halbinsel im Schwarzen Meer endgültig als gescheitert angesehen werden.

2016 - Wales

Rund 330 Millionen Euro wollte man einst in Wales in die Hand nehmen, um ein Motorsportzentrum allererster Güteklasse zu schaffen. Von 2016 bis 2024 hätte der Circuit of Wales die MotoGP beheimaten sollen. So zumindest das Versprechen der Streckenverantwortlichen. Die Anlage wurde nie gebaut, im Gegensatz zu vielen anderen gescheiterten Projekten bestand hier aber nie auch nur die Absicht dazu. Diverse Personen füllten sich schon in der Planungsphase die eigenen Taschen und ließen den Circuit of Wales anschließend ohne Bedenken sterben. Die Dorna war einem lupenreinen Betrug aufgesessen.

2017 - Indonesien

Indonesien gilt seit Jahrzehnten als Sehnsuchtsort für die MotoGP. 270 Millionen Einwohner zählt das südostasiatische Land. Ein Großteil der Bevölkerung bewegt sich auf motorisierten Zweirädern fort, dementsprechend groß ist der Markt für die Hersteller. Die Dorna gewährte Indonesien daher einen Platz im Kalender für die Jahre 2017 bis 2021, als Austragungsort wurde der Sentul International Circuit auserkoren. Dort gastierte die Motorrad-Weltmeisterschaft bereits 1996 und 1997. Die Strecke war in der Zwischenzeit aber massiv in die Jahre gekommen und musste umfangreich modernisiert werden. Das passierte nicht und so kam Indonesien erst 2022 auf dem neu geschaffenen Mandalika International Street Circuit zu seinem MotoGP-Comeback.

2019 - Finnland

Zu einer scheinbar unendlichen Geschichte wurde das Projekt KymiRing. 2019 wollte die MotoGP dort erstmals fahren, am geplanten Termin war aber gerade erst ein Asphaltband ohne jegliche Infrastruktur rundherum gebaut worden. Man beschränkte sich daher auf einen Probegalopp mit den Testfahrern aller MotoGP-Hersteller und visierte die Premiere nun für 2020 an. Dann kam die Corona-Pandemie, die fortan zwei Jahre lang als Ausrede für die immer noch nicht fertiggestellte Strecke herhalten musste. 2022 stand der Finnland-GP erneut im Kalender, musste aber einmal mehr abgesagt werden. Mittlerweile ist der KymiRing für die MotoGP gestorben.

Über Testfahrten kam man am KymiRing nie hinaus, Foto: MotoGP
Über Testfahrten kam man am KymiRing nie hinaus, Foto: MotoGP

2021 - Russland

Im zweiten Jahr der Pandemie bereitete sich die MotoGP bereits auf etwaige Corona-bedingte Absagen vor und schickte zusätzlich zum provisorischen Rennkalender eine Liste an Ersatzrennstrecken aus, die bei Streichungen zum Zug kommen würden: Portimao, Mandalika und der Igora Drive Circuit unweit von Sankt Petersburg. Portimao kam gleich zwei Mal zum Zug, Mandalika war noch nicht fertiggestellt. Vier weitere Rennen hätte man 2021 ersetzen können beziehungsweise sollen, vom Igora Drive Circuit sprach bei Promoter Dorna nach der ursprünglichen Bekanntgabe aber niemand mehr. Nach dem Angriff auf die Ukraine 2022 ist ein Event in Russland nun ohnehin auf viele Jahre auszuschließen.

2022 - Brasilien

Auch Brasilien plante vor einigen Jahren die Rückkehr in den MotoGP-Kalender. 2019 kündigte man gemeinsam mit der Dorna ein Rennen in Rio de Janeiro ab 2022 an. Austragungsort sollte ein Neubau namens Rio Motorpark im Stadtteil Deodoro werden. Gut ein Jahr vor der geplanten Premiere folgte aber bereits das Aus: Für die Strecke hätten große Teile eines Naturschutzgebietes gerodet werden müssen. Der verantwortliche Umweltsekretär schob dem Projekt daher einen Riegel vor.

2023 - Ungarn (Teil 2)

Nach dem Debakel am Balatonring wagte die Dorna 2021 einen weiteren Anlauf in Ungarn. Nun sollte die MotoGP von einem neuen Projekt im Osten des Landes nahe Debrecen beheimatet werden. Die erste Austragung des Ungarn-Grand-Prix plante man dort für 2023, also die laufende Saison. Da war das Rennen im MotoGP-Kalender aber nie zu finden. Die Bauarbeiten verzögern sich durch Probleme bei der Ablöse der benötigten Grundstücke massiv. Außerdem strich die Regierung aufgrund der Wirtschaftskrise Fördermittel. Kaum jemand glaubt derzeit noch an eine Verwirklichung des Projekts.