Zum letzten Mal in diesem Jahr waren Marc Marquez, Valentino Rossi und Co. bei den Testfahrten in Jerez auf ihren Maschinen unterwegs. Jetzt geht es für die MotoGP-Piloten in die wohl verdiente Winterpause, während in den Werken fleißig an den neuen Bikes für 2020 gearbeitet wird, damit bei den ersten Tests im neuen Jahr keine bösen Überraschungen auf Fahrer und Teams warten. Das haben Honda, Yamaha und Co. an den beiden Testtagen in Jerez ausprobiert:

Honda: In der Repsol-Honda-Garage standen den beiden Marquez-Brüdern jeweils zwei 2020er-RC213Vs zur Verfügung sowie ein Bike aus der abgelaufenen Saison, um Vergleiche ziehen zu können. Schon vor Beginn der Jerez-Tests stellte die HRC klar, dass man nach nur vier Tagen Pause zwischen den Tests in Valencia und Jerez keine neuen Teile im Gepäck hatte, sondern vor allem die Ergebnisse aus Valencia bestätigen wollte.

Beide 2020er-Hondas in der Repsol-Box hatten den neuen Motor aus dem Hause HRC eingebaut, der etwas besser zu sein scheint als das Vorgängermodell. "Es gibt positive und negative Aspekte", attestierte Marc Marquez nach dem Ende der Testfahrten. Allerdings dürfte es für den japanischen Hersteller schwierig sein, bereits ein starkes Setup für das neue Aggregat gefunden zu haben, nachdem Marquez, Stefan Bradl und Cal Crutchlow schon in Valencia mit der neuen Maschine gestürzt waren. Wie sein Vorgänger braucht auch der 2020er-Motor der RC213V eine größere Airbox, um den Lufteinlass zu verbessern. Um Platz für diese zu schaffen, mussten am Bike scheinbar einige Komponenten verschoben werden, sodass auch das Anschlussfeld auf der rechten Seite der neuen Honda verändert wurde.

Zwei neue Rahmen standen den Honda-Piloten ebenfalls zur Verfügung. Deren größter Unterschied zu ihren Vorgänger-Modellen besteht darin, dass sie ohne hintere Motorhaltung auskommen.

Yamaha: In der Yamaha-Box warteten ebenfalls ein Standard-2019er-Bike sowie ein Prototyp für 2020 mit neuem Motor und neuem Chassis auf Maverick Vinales und Valentino Rossi. Ebenso wurden auch Fabio Quartararo und Franco Morbidelli mit dem 2020er-Modell ausgestattet.

Der Fokus der Yamaha-Piloten lag wie bereits in Valencia vor allem auf dem ausgiebigen Testen des neuen Aggregats. Fahrer und Hersteller wissen, dass man dort den größten Fortschritt benötigt. Das Feedback der Piloten ist einstimmig: Der neue Motor ist eine gute Basis, muss aber noch weiterentwickelt werden, will man für die Saison 2020 den Rückstand der letzten Jahre weiter ausmerzen. Schwierig ist es für die japanischen Ingenieure vor allem, mehr Topspeed aus ihrem Motor herauszuholen und gleichzeitig die flüssige Fahrweise der Yamaha beizubehalten.

Hat man die Probleme um den Yamaha-Motor gut im Griff, können sich die Piloten auf die Arbeit am Chassis konzentrieren. Auch dort gibt es laut Vinales noch Verbesserungsbedarf, jedoch steht diese Arbeit der am Motor nach. So arbeitete in Jerez lediglich Rossi bereits an Chassis-Teilen wie der neuen Carbon-Schwinge. In Spanien stand den Yamaha-Piloten jedoch erst der erste Prototyp des neuen Chassis zur Verfügung. Nun hofft man auf eine Verbesserung bei den Testfahrten in Malaysia im kommenden Jahr.

Die Marquez-Brüder sind im kommenden Jahr Teamkollegen bei Repsol Honda, Foto: HRC
Die Marquez-Brüder sind im kommenden Jahr Teamkollegen bei Repsol Honda, Foto: HRC

Ducati: Wie bei den beiden japanischen Werken auch, hat Ducati ebenfalls einen neuen Motor und ein neues Chassis mit nach Jerez gebracht. Während im Werksteam das komplette Bike getestet wurde, bekam Jack Miller im Pramac-Team nur den neuen Motor. Während die Yamahas nach mehr Topspeed suchen, ist man bei Ducati bemüht, die Desmosedici GP einfacher fahrbar zu machen.

Der neue Motor scheint ein Schritt in die richtige Richtung zu sein, ebenso geben Andrea Dovizioso, Danilo Petrucci und Miller positives Feedback zum neuen Aluminium-Chassis ab. Dieses wurde bereits in Valencia getestet und erhielt schon dort Lob von den Piloten. Beide Komponenten haben das Ziel, den größten Schwachpunkt der Ducati, die Kurvengeschwindigkeit, zu verbessern. Am Ende der Fahnenstange sind die Roten da aber noch nicht angekommen. In Sepang sollen Dovizioso und Co. dann die weiterentwickelte Version der GP20 zur Verfügung gestellt bekommen, die in Sachen Fahrbarkeit noch einen Deut besser sein soll als die jetzige Prototypen-Version.

Suzuki: Bei Suzuki liegt der Fokus für die kommende Saison ebenfalls auf dem neuen Motor. Bereits in Valencia stand das neue Aggregat Alex Rins und Joan Mir zur Verfügung, Testfahrer Sylvain Guintoli fuhr den neuen Motor bereits sogar illegalerweise bei seinem Wildcard-Einsatz in Motegi und wurde prompt disqualifiziert. Nichtsdestotrotz haben die Suzuki-Piloten ihre Feststellungen aus Valencia in Jerez bestätigen können. Der neue Motor lässt sich flüssiger fahren als das diesjährige Modell und ist sogar noch ein bisschen schneller.

Das ist ein Vorteil für die Suzuki-Piloten, denn auch Rins und Mir litten im Renn-Fight häufig unter dem zu geringen Topspeed ihres Bikes im Vergleich zu den Honda- und Ducati-Piloten. Neben dem neuen Motor wartete auch ein neuen Chassis in der Suzuki-Box auf seinen Einsatz sowie eine neue Methode zur Kühlung, einige neue Settings, Elektronik und Federung.

Foto: Tech3
Foto: Tech3

KTM: Im KTM-Lager liegt der Fokus für die bevorstehende Saison nicht auf dem neuen Motor, sondern auf dem neuen Chassis. Bereits in Valencia zeigten die Österreicher eine Revolution in Sachen Rahmen. Zwar bleibt man der Stahl-Konstruktion treu, allerdings wirkt das neue Chassis in seiner Form dem Aluminium-Chassis der Konkurrenz deutlich ähnlicher. Diese Neuerung testete KTM nun auch in Jerez - und das mit Erfolg.

Pol Espargaro, der als einziger Pilot konstant Teil des KTM-Teams war und damit die meiste Entwicklungsarbeit schultert, lobte die neue Konstruktion aus Mattighofen bereits in Valencia. Auch in Jerez fand der Spanier lobende Worte: "Das neue Bike ist an Stellen besser, an denen wir früher schwach waren." Dazu zählt in seinen Augen außerdem auch die verbesserte Aerodynamik der RC16.

Aprilia: Die Aprilia-Piloten hatten in Jerez ebenso wenig Neuigkeiten zu testen wie in Valencia. Die neue RS-GP bekommen Aleix Espargaro und Andrea Iannone frühestens in Malaysia 2020 in die Hände, damit gab es für Aprilia nur wenige Programmpunkte in Jerez. Espargaro fuhr mehrere Runs mit unterschiedlichen Elektronik-Settings, während sein Teamkollege Iannone neben neuen Setups auch an der Starrheit des Bikes arbeitete.

Derweil haben sich in Jerez personelle Änderungen in der Aprilia-Box getan, wie Espargaro berichtete. So sind drei neue Motor-Ingenieure zu dem Team gestoßen, ebenso zwei Ingenieure für die Aerodynamik und ein Ingenieur für den Rahmen der RS-GP. Mit sechs Neuzugängen hofft man auf neue Ideen und damit auf eine Verbesserung der prekären Lage, in der Aprilia nun schon seit langer Zeit steckt.