Nick Cassidy zum Zweiten! Der Envision-Pilot erzielte beim Formel-E-Rennwochenende in New York seine zweite Pole Positon in Folge. Im Qualifying am Sonntag trumpfte Cassidy erneut überragend auf und ließ Antonio Felix da Costa (Techeetah) mit einer Fabelrunde keine Chance im Finale der K.o.-Phase. Für Cassidy war es die vierte Pole Position in der Elektro-Rennserie – und die dritte in New York, wo die Formel E an diesem Wochenende das achte von zehn Rennwochenenden in der Saison 2022 austrägt.

Dann aber das Drama: Erst kurz nach dem Ende des Qualifyings kam heraus, dass Cassidy für das heutige Rennen eine Strafversetzung um 30 Plätze in der Startaufstellung erhält. Somit muss der Neuseeländer vom 22. und letzten Platz beginnen. Wie aus einer Entscheidung der Sportkommissare hervorgeht, musste Cassidys Envision-Team nach dem Crash am Samstag neben der Sicherheitszelle auch die Batterie und den Kühler auswechseln.

Weil es sich um den fünften Wechsel des Kühlers in der laufenden Saison handelte - nur vier sind straffrei erlaubt - setzte es eine Rückversetzung um insgesamt 30 (20 für Batterie, 10 für Kühler) Positionen. Obendrein kassiert Cassidy im Rennen heute noch eine verpflichtend anzutretende Durchfahrtsstrafe, weil er nur 21 der 30 Strafplätze in der Startaufstellung antreten kann.

Für die ausgiebigen Reparaturarbeiten musste das Team bereits die Nachtruhe überschreiten, kassierte dafür aber keine Bestrafung. Auch der Mercedes von Stoffel Vandoorne erhielt nach dem Samstags-Crash eine neue Sicherheitszelle, hierfür gab es wie in Cassidys Fall keine Strafe.

Cassidy sauer nach Strafe: "Extrem unfair"

Cassidy behält zwar die drei Zusatzpunkte, den ersten Startplatz muss er allerdings an Felix da Costa abtreten. "Ich muss aufpassen, was ich jetzt sage“, ärgerte sich Cassidy vor laufender Kamera, angesprochen auf die Strafe. „Diese Strafe gab es, weil jemand anderes in mich gecrasht ist. Wir mussten durch den Unfall die Batterie wechseln, nachdem Stoffel und Lucas mich getroffen haben, als ich dort stand. Deswegen finde ich das extrem unfair."

Durch die nachträgliche Strafe kann sich Cassidy seine Hoffnungen auf den zweiten Sieg in New York im heutigen Sonntagsrennen (19:00 Uhr live im TV auf ProSieben) abschminken. Am Samstag wurde der Neuseeländer trotz eines durch Aquaplaning bedingten Unfalls als Sieger des vorzeitig abgebrochenen Rennens gewertet – sein erster Triumph in der Formel E.

So demoliert war Nick Cassidys Auto am Samstag, Foto: LAT Images
So demoliert war Nick Cassidys Auto am Samstag, Foto: LAT Images

Lotterer hofft auf Podium – Wehrlein hinten

Andre Lotterer gelang zum zehnten Mal im zwölften Qualifying der Sprung in die K.o.-Phase. Für den Porsche-Piloten, der seine letzte Formel-E-Saison für das Werksteam bestreitet, war erst im Halbfinale gegen Cassidy Schluss – Startplatz drei hinter Alexander Sims (Mahindra) nach der Cassidy-Rückversetzung. „Ich habe mich in Turn 6 verbremst, dann war die Runde weg und ich konnte keine gute Zeit mehr fahren“, sagte Lotterer. „Heute ist ein Podestplatz das Ziel.“

Porsche-Teamkollege Pascal Wehrlein kam zuvor in der Qualifying-Gruppe A nicht über den siebten Platz hinaus (Startplatz 14). Nachträglich wurden dem früheren DTM-Champion und Formel-1-Fahrer mehrere Rundenzeiten wegen Power Overuse (mehr Energie als erlaubt genutzt) gestrichen, womit er ohne gewertete Zeit ans Ende des Starterfeldes rutschte. Maximilian Günther (Nissan) verpasste in Gruppe B ebenfalls den Einzug in die K.o.-Phase und landete nur auf dem achten Platz direkt hinter Teamkollege Sebastien Buemi.

Hinter Pole-Setter Felix da Costa, Sims und Lotterer erzielte überraschenderweise Sergio Sette Camara (Dragon-Penske) den vierten Startplatz beim Heimspiel seines Teams.

Mercedes-Duo mit guter Ausgangslage

Stoffel Vandoorne machte aus Sicht der vier verbliebenen Titelanwärter den besten Job und sicherte sich den fünften Startplatz. Der Belgier flog erst im Viertelfinale gegen Nick Cassidy raus, ebenso wie Mercedes-Teamkollege und amtierender Weltmeister Nyck de Vries (Startplatz sieben).

„Das Qualifying war heute schwieriger als gestern wegen der engen Abstände. Das Team hat einen tollen Job gemacht, mein Auto nach dem Crash am Samstag rechtzeitig zu reparieren“, sagte Vandoorne, der am Samstag als Zweiter ins Rennen gestartet war, später verunfallte und letztendlich als Vierter gewertet wurde.

Eine hoffnungsvolle Ausgangslage im Titelkampf sicherte sich ebenfalls Mitch Evans mit dem sechsten Startplatz. Der Jaguar-Fahrer scheiterte erst im Halbfinale - mit wahnsinnigen sechs Tausendstelsekunden Rückstand auf Gegner Alexander Sims!

Im Samstagsrennen ging Evans leer aus. „Hinter dieser Entscheidung der FIA steckt keine Logik“, kritisierte der Neuseeländer nach dem heutigen Qualifying. „Das Rennen wäre noch so lange gegangen (07:30 Minuten; d. Red.). Man hätte das Safety Car herausschicken und die Verhältnisse checken können. Das waren sehr komische Umstände...“

Drama um Formel-E-Titelanwärter

Einen bitteren Rückschlag erlebte unterdessen der Meisterschaftsführende Edoardo Mortara. Der Venturi-Pilot, schon im Samstagsrennen wegen einer nachträglichen Strafe vom fünften auf den neunten Platz zurückgefallen, konnte keine gezeitete Runde drehen! Wegen technischer Probleme musste der Italo-Schweizer vorzeitig aussteigen – damit startet der WM-Spitzenreiter im heutigen Rennen von ganz hinten.

Wenig aussichtsreicher lief es für Jean-Eric Vergne, einem weiteren Titelanwärter. Der zweifache Champion trat wie Mortara in der Quali-Gruppe A an und schlug während seiner letzten schnellen Runde in die Mauer ein. Eine Zeitverbesserung war nicht möglich, Vergne kehrte mit komplett schiefem Lenkrad zurück an die Box und musste sich mit dem achten Platz in der Gruppe – damit Startplatz 12 im Rennen – begnügen.

Auf den 'billigen Plätzen' trifft Mortara unter anderem auf seinen Teamkollegen Lucas di Grassi, der im Samstagsrennen noch auf dem Podium gestanden hatte. Der Brasilianer hatte in Gruppe B die Bestzeit erzielt, doch wegen eines Vergehens beim Qualifying-Ablauf wurden ihm die beiden besten Runden nachträglich aberkannt. Das warf den früheren Formel-E-Champion auf den zehnten Platz in der Gruppe und damit in die vorletzte Startreihe beim Rennen zurück.

Formel E in New York: So lief das Qualifying am Sonntag

Qualifying-Gruppe A: Edoardo Mortara, Jean-Eric Vergne, Robin Frijns, Nyck de Vries, Pascal Wehrlein, Nick Cassidy, Sam Bird, Oliver Rowland, Oliver Askew, Alexander Sims, Sergio Sette Camara

Dramatisches Gruppen-Qualifying und eine faustdicke Überraschung! Sergio Sette Camara bescherte US-Rennstall Dragon die Bestzeit in 1:09.566 Minuten. Der Brasilianer übernahm in den Schlussminuten der zwölfminütigen Session die Spitze, nachdem mal wieder Bummel-Alaram herrschte! Alle Fahrer versuchten ihre letzte Runde so spät wie möglich in Angriff zu nehmen – einige Fahrer waren wieder einmal zu spät dran.

Zusammen mit Sette Camara zogen Samstags-Sieger Nick Cassidy, Nyck de Vries und Alexander Sims als Top-4 in die K.o.-Phase des Qualifyings ein. Pascal Wehrlein (unter Beobachtung der Rennleitung wegen Power Overuse) kam nicht über P7 in der Gruppe hinaus, während Titelanwärter Jean-Eric Vergne nach einem Mauerkontakt nicht über den achten Platz hinauskam. Ein Debakel erlebte auch der dreifache New-York-Sieger Sam Bird, der sich mit dem vorletzten Platz begnügen musste.

Dahinter noch mehr Drama! Der Meisterschaftsführende Edoardo Mortara musste nach nur einer abgebrochenen Runde in die Boxengasse zurückkehren, es gab offensichtlich ein technisches Problem mit seinem Venturi-Boliden. Der Italo-Schweizer musste wenige Minuten vor dem Session-Ende aussteigen, konnte keine gezeitete Runde setzen und muss das Rennen demnach von ganz hinten in Angriff nehmen.

Qualifying-Gruppe B: Stoffel Vandoorne, Mitch Evans, Lucas di Grassi, Antonio Felix da Costa, Andre Lotterer, Jake Dennis, Sebastien Buemi, Oliver Turvey, Maximilian Günther, Dan Ticktum, Antonio Giovinazzi

In der zweiten Qualifying-Gruppe fuhr Lucas di Grassi (1:09.353) zunächst die Bestzeit, allerdings wurde dem Venturi-Piloten nachträglich die schnellste Runde gestrichen – nur Platz zehn! Damit übernahm Mitch Evans die Spitze mit einer persönlichen Bestzeit von 1:09.371 Minuten. Dem Jaguar-Piloten folgten Antonio Felix da Costa, Stoffel Vandoorne und Andre Lotterer ins Viertelfinale. Die Top-4 trennte weniger als eine Zehntelsekunde!

Jake Dennis verpasste den Einzug in die nächste Runde um wenige Hundertstelsekunden, dahinter gelang Antonio Giovinazzi mit P6 zumindest ein Achtungserfolg. Maximilian Günther fehlten im Nissan knapp drei Zehntel zu den Top-4 des Klassements. Das bedeutete Platz acht für den Allgäuer direkt hinter seinem Teamkollegen Sebastien Buemi.

Formel-E-Qualifying in New York: So lief die K.o.-Phase

Das Viertelfinale

Im ersten Viertelfinale mit der vollen Power von 250 kW setzte sich Andre Lotterer knapp gegen Sergio Sette Camara durch. Der Porsche-Pilot zog mit einer 1:08.685 und rund einer halben Zehntelsekunde Vorsprung ins Halbfinale ein.

Samstags-Sieger Nick Cassidy knüpfte im zweiten Viertelfinale an seine bislang so starken Leistungen an und warf Gegner Stoffel Vandoorne raus. Der Neuseeländer bugsierte seinen Envision-Boliden in nur 1:08.657 Minuten über den Kurs – Vandoorne (1:08.765) musste sich trotz einer ähnlich guten Performance geschlagen geben.

Deutlicher ging es im dritten Viertelfinale zu, in dem Antonio Felix da Costa kurzen Prozess mit Nyck de Vries machte. Der amtierende Weltmeister leistete sich einen kleinen Fahrfehler und zog mit einem Rückstand von gut eineinhalb Zenhtelsekunden den Kürzeren gegen den stark aufgelegten Felix da Costa (1:08.721 Minuten).

Als letzter Fahrer gelang Alexander Sims der Einzug ins Halbfinale – mit wahnsinnigen sechs Tausendstelsekunden Vorsprung vor Titelanwärter Mitch Evans! Sims schaffte eine persönliche Bestzeit von 1:08.796 Minuten, Streckengegner Evans benötigte in 1:08.802 Minuten nur einen Wimpernschlag länger.

Das Halbfinale

Nick Cassidy ließ Andre Lotterer im ersten Halbfinale keine Chance und zog mit einer 1:08.795 locker ins Finale ein. Sein Porsche-Gegner brachte die Runde unterdessen überhaupt nicht zusammen und musste sich mit einer 1:10er-Runde inklusive eines Verbremsers vorzeitig verabschieden.

Deutlich knapper ging es im zweiten Halbfinale zu, wo Antonio Felix da Costa knapp die Nase vor Alexander Sims behielt. Der Techeetah-Pilot setzte sich mit einer starken Runde in 1:08.681 durch und hatte beim Zielstrich 0,19 Sekunden Vorpsrung auf den Briten, der sich in New York bislang stark schlug.

Das Finale

Wieder Nick Cassidy! Der Neuseeländer erzielte seine zweite Pole in Folge in New York. Im Finale gegen Antonio Felix da Costa haute Cassidy eine Fabelrunde raus: 1:08.584 Minuten und Bestzeit in allen drei Sektoren. Gegner Felix da Costa war ebenfalls fehlerfrei unterwegs, konnte mit seiner 1:08.751 aber nicht mithalten.