Nick Cassidy (Envision) hat sich in einem höchst turbulenten Qualifying die Pole Position für das Samstagsrennen der Formel E in New York (19:00 Uhr live im TV bei ProSieben) gesichert. Ein Unfall in der Gruppenphase und später einsetzender Regen über dem temporären Kurs im Hafengebiet von Brooklyn sorgten für einen echten Quali-Thriller mit reichlich Abwechslung.

Cassidy blieb während der Gruppenphase sowie anschließend in den K.o.-Duellen cool und eroberte den ersten Startplatz für das elfte Rennen der Saison 2022. Im Finale setzte sich der Neuseeländer gegen Mercedes-Pilot und Titelanwärter Stoffel Vandoorne durch, welcher die erste Startreihe komplettiert. Das Final-DFuell war ein echter Krimi! Cassidy hatte am Ende mit 0,008 Sekunden hauchdünn die Nase vorn.

Cassidy und Vandoorne hatten zuvor ihre jeweiligen Halbfinal-Duelle gegen Pascal Wehrlein (Porsche) respektive Lucas di Grassi (Venturi) gewonnen. Nach dem aktuellen und bei Fahrern wie Fans beliebten Qualifying-Format nehmen demnach di Grassi und Wehrlein die Startplätze drei und vier ein.

„Ein gutes Quali bei schwierigen Bedingungen“, sagte Porsche-Werksfahrer Wehrlein am ProSieben-Mikro. „Die Bedingungen auf der Strecke waren in jeder Runde anders. Ich habe das Finale knapp verpasst, bin aber trotzdem ganz zufrieden. Jetzt hoffe ich auf ein sauberes Rennen ohne Probleme und Zwischenfälle mit anderen Fahrern.“

Sebastien Buemi, Alexander Sims, Robin Frijns und der dreifache New-York-Sieger Sam Bird folgen in der Startaufstellung auf den Plätzen fünf bid acht.

Lotterer und Günther auf den hinteren Plätzen

Andre Lotterer verpasste die K.o.-Phase zum zweiten Mal in Folge, nachdem sich der Porsche-Pilot in jedem der neun vorangangenen Qualifyings für die Top-8 qualifiziert hatte. In New York blieb der dreifache Le-Mans-Sieger im Verkehr stecken und konnte bei seinen Rundenzeiten nicht nachlegen. Damit muss Lotterer das Rennen vom 17. Startplatz in Angriff nehmen.

Wenig besser lief es bei Maximilian Günther, der wie Lotterer in der Quali-Gruppe A antrat. Der Nissan-Werksfahrer verpasste auf frischen Reifen einen zweiten Schuss und schlug am Ende auch noch in die Streckenbegrenzung ein. Günther landete in Gruppe A direkt vor Lotterer auf dem achten Platz – demnach Startposition 15 im heutigen Rennen.

Formel E: Titelanwärter-Trio strauchelt

Mit Ausnahme von Vandoorne erlebten die weiteren Titelanwärter einen Rückschlag: Der Meisterschaftsführende Edoardo Mortara (Venturi) verpasste die K.o.-Phase in Gruppe A um wenige Hundertstelsekunden und konnte sich mit Startplatz neun einigermaßen aussichtsreich halten.

Deutlich schlechter lief es für Mitch Evans (Jaguar) und Jean-Eric Vergne (DS Techeetah). Der Dritte und Zweite in der Meisterschaft wurden in Gruppe B von einsetzendem Regen erwischt und verpassten eine Zeitverbesserung: nur Startplatz 14 für Evans, Vergne muss von P16 ins Rennen gehen.

„Bis jetzt ein guter Tag“, freute sich Vandoorne. „Meine Hauptgegner hatten ein paar Probleme und Pech. Die müssen jetzt von hinten los, während ich weit vorne starte. Aber ich fahre von der schlechteren Seite los, da müssen wir aufpassen.“

Rote Flaggen nach Dragon-Unfall

Das Samstags-Qualifying begann mit einem Knall: Nach wenigen Minuten schlug Sergio Sette Camara beim Heimspiel seines Dragon-Teams mit hoher Geschwindigkeit in die Mauern ein. Die Session wurde für zehn Minuten mit roten Flaggen unterbrochen.

„Physisch bin ich okay. Ich weiß, dass das am wichtigsten ist, aber ich denke nur an den Crash und die verpasste Chance. Wir schienen hier ein sehr schnelles Auto zu haben. Der Scheitelpunkt in dieser Kurve ist etwas versteckt, da muss man immer ein wenig raten, wann man einlenkt. Super-enttäuschend!“

Foto: LAT Images
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Formel E in New York: So lief das Qualifying am Samstag

Qualifying-Gruppe A: Edoardo Mortara, Stoffel Vandoorne, Robin Frijns, Nyck de Vries, Andre Lotterer, Jake Dennis, Nick Cassidy, Sebastien Buemi, Oliver Askew, Maximilian Günther, Sergio Sette Camara

Das zwölfminütige Qualifying der Gruppe A begann mit einer roten Flagge! Sergio Sette Camara verlor ausgangs der letzten Kurve die Kontrolle über seinen Dragon-Boliden und knallte mit der rechten Front in die Streckenbegrenzung. Der Brasilianer konnte das Auto aus eigener Kraft verlassen, die Abschlepp- und Streckenarbeiten sorgten für eine zehn-minütige Verzögerung.

Mit neun Minuten auf der Uhr nahmen die verbliebenen zehn Piloten die Zeitenjagd erneut auf. Nach wenigen Runden ohne deutliche Verbesserungen ließen die Fahrer neue Reifen aufziehen. Es entwickelte sich der übliche Stau in den Schlusssekunden, um die bestmögliche Position auf der Strecke zu finden. Robin Frijns gelang das mit einer 1:09.528 am besten – Platz eins für den Envision-Starter. Dem Niederländer folgten Teamkollege Nick Cassidy, Stoffel Vandoorne und Sebastien Buemi in die K.o.-Phase.

Edoardo Mortara verpasste unterdessen die Top-4 als Fünfter um nur acht Tausendselsekunden, dahinter folgte Weltmeister Nyck de Vries. Maximilian Günther kam nicht über Platz acht hinaus und schlug obendrein in die Mauern ein. Bei Andre Lotterer passte das Zeit-Management nicht, der Porsche-Pilot blieb auf seiner letzten Runde im Verkehr stecken – nur Platz neun in der Gruppe.

Qualifying-Gruppe B: Jean-Eric Vergne, Mitch Evans, Antonio Felix da Costa, Lucas di Grassi, Pascal Wehrlein, Sam Bird, Oliver Rowland, Oliver Turvey, Alexander Sims, Dan Ticktum, Antonio Giovinazzi

Zu Beginn der Qualifying-Gruppe B begann es leicht zu regnen. Lucas di Grassi setzte bei immer nasser werdender Strecke früh eine Rundenzeit und war damit gut beraten: Der Venturi-Pilot zog mit einer 1:10.678 als Erster in die K.o.-Runde ein, die Streckenbedingungen ließen keine weiteren Verbesserungen zu. Ähnlich geschickt agierten Alexander Sims, Sam Bird und Pascal Wehrlein auf den Plätzen zwei bis vier.

Antonio Felix da Costa verpasste die Top-4 um nur wenige Hundertstelsekunden – deutlich schlechter lief es bei Teamkollege und Titelanwärter Jean-Eric Vergne, der vom Regen eiskalt erwischt wurde und sich mit P8 in der Gruppe begnügen musste. Der Franzose landete einen Platz hinter WM-Rivale Mitch Evans.

Formel-E-Qualifying in New York: So lief die K.o.-Phase

Das Viertelfinale

Im ersten Viertelfinale auf abtrocknender Strecke setzte sich Pascal Wehrlein, der sich bereits mit den Streckenbedingungen vertraut machen konnte, deutlich gegen Robin Frijns durch. Der Porsche-Pilot war mit einer Zeit von 1:14.011 Minuten fast acht Zehntel schneller als der Niederländer im Envision-Rennwagen. „Pascal konnte drei, vier Runden im Regen fahren. Das war ein riesengroßer Vorteil“, meinte Frijns.

Das zweite Viertelfinal-Duell war eine eindeutige Angelegenheit zu Gunsten von Nick Cassidy (1:13.657 Minuten, der Gegner Sam Bird ganze 1,3 Sekunden abknöpfte! Ein folgenschwerer Verbremser von Bird im ersten Sektor brachte den Jaguar-Piloten völlig aus dem Rhythmus, während Cassidy eine saubere Runde gelang.

Etwas knapper ging es zwischen Stoffel Vandoorne und Alexander Sims im dritten Viertelfinale zu. Auf deutlich abtrockender Piste behielt der Mercedes-Pilot die Oberhand mit einer 1:13.040 – eineinhalb Zehntelsekunden schneller als sein Gegner im Mahindra.

Als letzter Fahrer ins Halbfinale zog Lucas di Grassi ein. Der Venturi-Pilot setzte sich gegen seinen langjährigen Formel-E-Rivalen Sebastien Buemi durch. Wie in alten Zeiten ging es ultraeng zu: Di Grassi reichte eine persönliche Bestzeit von 1:12.546 Minuten, um Buemi mit rund einer Zehntelsekunde rauszuwerfen.

Das Halbfinale

Für Pascal Wehrlein war nach dem ersten Halbfinal-Duell vorzeitig Feierabend. Der Porsche-Pilot unterlag seinem Gegner Nick Cassidy nach einem knappen Streckenduell. Der Neuseeländer war in allen drei Sektoren einen Tick schneller und setzte sich mit einer 1:10.367 durch – rund eineinhalb Zehntelsekunden schneller als Wehrlein auf einer Strecke mit inzwischen trockener Ideallinie.

Im zweiten Halbfinale kam es zum Fight der Mercedes-Motoren: Stoffel Vandoorne im Werks-Silberpfeil setzte sich dabei gegen Lucas di Grassi und seinen Venturi mit Mercedes-Kundenantriebsstrang durch. Während Vandoorne eine blitzsaubere Runde mit einer 1:09.515 auf dem Hafenkurs gelang, ließ di Grassi (1:09.559) im ersten Sektor die entscheidenden Hundertstel liegen, am Ende fehlten derer vier.

Das Finale

Bei Sonnenschein und komplett trockener Strecke ging Nick Cassidy im Finale gegen Stoffel Vandoorne als Erster auf die Reise. Der Neuseeländer war im ersten Sektor einen Tick schneller, im zweiten Abschnitt hatte Vandoorne hauchdünn die Nase vorn. Am Ende entschied die letzte Kurve! Krimi! Cassidy setzte sich mit einer 1:08.980 durch – und hauchdünnen 0,008 Sekunden Vorsprung auf den Mercedes-Piloten.

Formel E New York: Startaufstellung im Samstagsrennen

1 Cassidy (Envision) 1:08.980
2 Vandoorne (Mercedes-EQ) 1:08.988
3 Di Grassi (ROKIT Venturi) 1:09.559
4 Wehrlein (TAG Heuer Porsche) 1:10.515
5 Buemi (Nissan e.dams) 1:12.661
6 Sims (Mahindra) 1:13.220
7 Frijns (Envision) 1:14.799
8 Bird (Jaguar TCS) 1:14.998
9 Mortara (ROKIT Venturi) 1:09.777
10 Felix da Costa (DS Techeetah) 1:12.464
11 De Vries (Mercedes-EQ) 1:09.810
12 Rowland (Mahindra) 1:12.613
13 Dennis (Avalanche Andretti) 1:09.937
14 Evans (Jaguar TCS) 1:12.693
15 Günther (Nissan e.dams) 1:10.022
16 Vergne (DS Techeetah) 1:13.598
17 Lotterer (TAG Heuer Porsche) 1:10.084
18 Ticktum (NIO 333) 1:13.716
19 Askew (Avalanche Andretti) 1:16.319
20 Giovinazzi (Dragon Penske) 1:14.342
21 Sette Camara (Dragon Penske) -
22 Turvey (NIO 333) 1:15.130