Unmittelbar vor dem Formel-E-Rennen in Berlin kündigten Porsche und Andretti eine gemeinsame Zukunft in der Elektrorennserie an. Nachdem mit BMW der bisherige Partner von Andretti die Formel E verlassen hat, bietet sich für Andretti zum Beginn der neuen Fahrzeuggeneration ab der Saison 2023 eine perfekte Gelegenheit für einen Neuanfang mit Porsche. Noch in Berlin sprachen Porsche-Motorsport-Chef Thomas Laudenbach und Andretti-Teamchef Roger Griffiths erstmals über Details.

Für Motorsportkenner ist der Deal zwischen den Teams eine Hommage an vergangene Tage. Denn die beiden Rennsport-Urgesteine vereint eine langjährige Historie. Schon 1983 traten die Andretti-Brüder Mario und Michael auf einem Kremer-Porsche bei den 24 Stunden von Le Mans an. Nun soll die Partnerschaft in den Saisons neun und zehn der Formel E wieder aufleben. "Für uns ist es eine Ehre. Es ist ein toller Name und wir haben eine gemeinsame Historie", sagte Laudenbach.

Roger Griffiths (links) Thomas Laudenbach (rechts)., Foto: Porsche
Roger Griffiths (links) Thomas Laudenbach (rechts)., Foto: Porsche

Porsche und Andretti: So lange feilten die Teams am Deal

"Ich glaube, das reicht zurück bis Saudi-Arabien in Saison sieben. Dort haben wir erstmals darüber gesprochen, als wir wussten, BMW würde die Formel E verlassen", verriet Andretti-Teamchef Griffiths auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com über die Dauer der Vertragsverhandlungen mit Porsche. Doch der Deal zwischen den Teams sei nicht nur von finanzieller oder sportlicher Natur. Bei Griffiths und Laudenbach stimmt auch zwischenmenschlich alles.

"Wir arbeiten in einem hoch professionellen Umfeld und in einer Art ist es auch Business, aber ich glaube, es ist sehr wichtig, dass man die gleiche Attitüde und den gleichen Ansatz hat. Ich habe es schon einmal gesagt, diese Passion bringen wir beide mit. Ich meine Porsche partizipiert nicht nur in der Formel E, um das Starterfeld aufzufüllen. Ich glaube, diese Einstellung Teilen wir, wenn zwei Marken zusammenarbeiten, muss man die gleiche Sicht haben und den gleichen Ansatz verfolgen", so Laudenbach.

Formel-E-Daten: Moralische Bedenken bei Porsche und Andretti?

Doch obwohl die beiden Motorsport-Funktionäre ein schon fast freundschaftliches Verhältnis an den Tag legten, bleiben Fragen der Integrität nicht aus. Denn sowohl Porsche als auch Andretti pflegen in anderen Rennserien Partnerschaften mit der Konkurrenz. Andretti wird zum Beispiel in der Indy-Car-Serie vom japanischen Automobilhersteller Honda beliefert.

Auch Porsche kämpft in der WEC-Serie zusammen mit Andrettis Indy-Car-Konkurrenten Penske. Der Porsche-Motorsport-Chef gab auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com aber Entwarnung: "Ich sehe da keinen Konflikt, für uns ist das ganz simpel. Wir haben ein Rennprogramm in der LMDh, wir haben einen starken Partner dafür gesucht und haben uns für Penske entschieden. Die Formel E ist eine andere Meisterschaft und hier haben wir erneut nach dem richtigen Partner gesucht, mit dem wir arbeiten können. Die involvierten Parteien arbeiten alle in hoch professionellen Organisationen. Für uns ist da kein Konflikt und auch kein Problem."

Auch auf Andretti-Seite sorgt man sich nicht über mögliche Interessenskonflikte. "Klar, Penske und Andretti sind große Konkurrenten in der Indy Car, wir reden aber nicht über andere Rennserien, da gibt es keinen Austausch", so Griffiths.

Doch wenn beide Teams ihre sensiblen Daten unter Verschluss halten, können Porsche und Andretti voneinander profitieren. "Es bedeutet mehr Daten, welche wir untereinander teilen dürfen. Wir werden zusammenarbeiten, was uns eine bessere Chance gibt, es richtig zu machen. Man darf nicht vergessen, auch wenn sich die Autos nächstes Jahr sehr ähneln werde, geht es darum, es zu 100 Prozent richtig zu machen und das jedes Wochenende", sagte Laudenbach.

Dass Daten ausgetauscht werden, ist klar, doch über das Ausmaß der Datentransfers sind sich die Teams noch nicht einig geworden. "Wir werden Daten austauschen, wobei wir dahingehend die Details noch ausarbeiten müssen", erklärte der Porsche-Motorsportchef.

Unterschreibt Thomas Laudenbach nach dem Formel-E-Kontrakt für die Formel 1?, Foto: Porsche
Unterschreibt Thomas Laudenbach nach dem Formel-E-Kontrakt für die Formel 1?, Foto: Porsche

Keine langfristige Formel-E-Zukunft wegen Porsche Formel-1-Einstieg?

Nicht nur die Formel-E-Zukunft der Zuffenhausener schlägt aktuell Wellen, auch die Gespräche zu einem möglichen Formel-1-Einstieg lassen die Gerüchteküche brodeln. Durch die Vertragslaufzeit von nur zwei Jahren stellt sich die Frage, ob Porsche nach Ablauf der Andretti-Kooperation den Fokus voll auf die Formel 1 legen möchte.

Laudenbach äußerte sich zu den Formel-1-Vermutungen wie folgt: "Wir sind in der Formel E involviert und es gibt noch keine Entscheidung bezüglich der Formel 1. Das ist etwas, was vielleicht passiert. Es ist kein Geheimnis, dass wir uns das anschauen. Aber es ist noch nichts bestätigt und es ist noch zu früh, etwas dazu zu sagen."