Die Formel 1 ist nach knapp zwei Wochen Pause in Suzuka, Japan für das vierte Rennen der Saison 2024 angekommen. Doch auch im Land der aufgehenden Sonne war das vergangene Rennen, der Australien GP, eines der bestimmenden Themen des Fahrerlagers. Das Zentrum der Diskussion: Kurve sechs des Albert Park Circuit.

Die tückische Kurve als Eingang vor der längsten Gerade der Strecke forderte in Person von George Russell ihr nächstes 'Opfer', als der Mercedes-Pilot in der vorletzten Runde im Kampf mit Fernando Alonso in der Bande einschlug. Russell bleib trotz heftigem Einschlag und einer gefährlichen gestrandeten Position auf der Strecke zwar unversehrt, vorbei war die Thematik damit allerdings damit nicht. In Japan häufte sich die Kritik an der populären Unfallkurve seitens der Fahrer.

Alonso mit Seitenhieb gegen Russell: Die Kurve muss sich ändern, nicht mein Fahrverhalten

"Das größte Problem in Australien ist Kurve 6", erklärte Fernando Alonso, der für sein Bremsmanöver am Kurveneingang gegen Goerge Russell nachträglich bestraft wurde. "Es ist nicht die sicherste Kurve der Strecke. Wir haben im letzten Jahr einen Unfall mit Alex [Albon, d. Red.] im Rennen gesehen. Dieses Jahr hat er im Freien Training sein Chassis beschädigt. Auch in der Formel 2 hatte Dennis [Hauger, d. Red.] an dieser Stelle einen Unfall. Und natürlich George [Russell, d. Red.] im Rennen."

Der aktuell älteste Fahrer der Formel 1 fordert daher Änderungen für die nächste Saison und erlaubte sich noch eine kleine Spitze im Bezug auf seine heiß diskutierte Strafe von vor zwei Wochen. "Das ist für mich ein wichtigerer Punkt, der sich für das nächste Jahr ändern muss, als das, was der Fahrer vor mir tun oder nicht tun kann."

Albon und Russell fordern Änderungen: Curbs und Mauer die Hauptprobleme

Unterstützung in seiner Kritik an Kurve 6 bekam Alonso von zwei seiner Formel-1-Kollegen Alexander Albon und, man ist geneigt ausgerechnet zu sagen, George Russell. Sowohl der Williams- als auch der Mercedes-Fahrer haben in den letzten Jahren ihre unliebsamen Bekanntschaften mit der Kurve 6 des Albert Park Circuits gemacht. Bei Russell krachte es in der vorletzten Runde des vergangenen Rennens, Albon verunfallte sowohl 2024 als auch 2023 in besagter Kurve im Training bzw. im Rennen.

"Der Randstein am Kurvenausgang und der Winkel der Reifenwand, der die Fahrer zurück auf die Rennlinie forciert, ist eine Sache. Es ist kein neues Phänomen, es ist letztes Jahr auch schon passiert. Wer war das noch gleich?", spielte Albon zunächst humorvoll auf seinen eigenen Crash in der vergangenen Saison an, wurde daraufhin allerdings ernster.

"Es wurde angemerkt, aber offensichtlich wurde es nicht verändert", sprach der Williams-Fahrer, der neben der TecPro-Wand auch die Randsteine als ein Problem der Kurve ausmachte. "Es gibt eine Art zweistufigen Randstein an der Kurvenausfahrt. Da wir mittlerweile diese niedrigen Autos haben können wir die ersten Stufen des Randsteins überall berühren, aber sobald man zu weit drüberfährt und auf die zweite Stufe gerät, wird das Auto in die Luft geschleudert. Es gibt also zwei Dinge, die man besser machen könnte."

In Melbourne wurde kräftig am Layout gefeilt, Foto: Emily White/Australian GP
In Melbourne wurde kräftig am Layout gefeilt, Foto: Emily White/Australian GP

George Russell hingegen sprach sich gegen Änderungen an der Kurve an sich aus. Die Kurve 6 des Albert Parks sei für ihn eine der "besten Kurven der Strecke. Der GPDA-Präsident stört sich lediglich an der Ausrichtung der Barriere. "Es stimmt, dass wenn ein Fahrer in die Mauer einschlägt, er einfach auf die Strecke zurückspringt", sprach Russell. "Alle Strecken haben Mauern an bestimmten Stellen, bei denen man auf die Strecke zurückgeschleudert wird. Das ist natürlich nicht gut. Wir wollen keine großen Auslaufzonen haben. Wir wollen keine Auslaufzonen auf dem Asphalt haben. Ich denke, alles ist richtig. Nur eben die Position der Mauer nicht."

Unfallherd Albert Park: Was macht Kurve sechs so gefährlich?

Im Vorfeld der groß gefeierten Wiederkehr des Großen Preises von Australien im Jahr 2022 nahmen die Streckenbetreiber umfangreiche Änderungen an der Streckenführung vor. Der Stadtkurs am Rande Melbournes wurde dadurch um ein Vielfaches schneller. Gerade Kurve 6 entwickelte sich durch das neue Layout zu einer tückischen Schlüsselkurve.

Zum einen kommt der Fahrer direkt aus einem schnellen Teil der Strecke in die Kurve. Allerdings sieht der Fahrer den Ausgang der Kurve nicht, das Sichtfeld auf der rechten Seite wird durch eine Bande verhindert. Potenzielle Gefahren auf der Strecke können dadurch erst spät, mitunter auch zu spät erkannt werden. Für gecrashte Fahrer, die durch die Anordnung der Mauer zurück auf die Rennlinie geschleudert wurden und häufig manövrierunfähig sind, bedeutet das ein enormes Risiko. Nicht ohne Grund forderte Russell unmittelbar nach seinem Unfall vehement eine rote Flagge.

Hinzu kommt, dass die Fahrer hohe Geschwindigkeiten mit in die Kurve nehmen. Kurve sechs ist der Eingang zur längsten Gerade der gesamten Strecke. Ein schneller Kurvenausgang ist für die Fahrer daher essenziell, um möglichst viel Zeit auf den Geraden gewinnen zu können oder möglichst wenig zu verlieren. Diese Faktoren machen die Kurve sechs des Albert Park Circuits gerade auf der Rennlinie zu einer riskanten Kurve.

Ob die Streckenbetreiber bereits in der kommenden Saison den Forderungen der Fahrer, wenn überhaupt, nachkommen, ist akutell noch unklar. Genug Zeit für weitere Veränderungen an der Strecke ist in jedem Fall gegeben. Erst im Juni 2022 verlängerte die Formel 1 den Vertrag mit dem Albert Park Circuit langfristig bis 2035.