Nach acht Minuten Training hatten die Vegas-Kritiker, was sie haben wollten: Eine sportliche Farce. Der Betonrahmen eines Wasserventildeckels war gebrochen, zwei Autos waren stark beschädigt, an ein Training nicht mehr zu denken. Das 2. Training startete erst mit zweieinhalb Stunden Verspätung.

Ein Skandal? Für Toto Wolff definitiv nicht. Als ein Journalisten-Kollege Wolff ins Wort fiel und die Ausführungen des Mercedes-Bosses als Müll bezeichnete, weil der die Situation bagatellisierte, eskalierte die Situation. Wolff griff den Kollegen persönlich an und verteidigte das Mega-Event Las Vegas vehement.

Aber wer hat nun recht: Wolff oder unser Kollege, die Vegas-Fans oder die Show-Skeptiker? Toto Wolff hatte sicherlich damit, dass letztendlich niemand mehr über das 1. Training sprechen wird. Der Zwischenfall war ärgerlich, aber solche Dinge können passieren.

Zwischenfälle mit Kanaldeckel gab es schon auf zahlreichen Kursen, auch auf permanenten Rennstrecken. In diesem Fall wurden alle Protokolle erfüllt, alle Verschraubungen überprüft, die Strecke korrekt abgenommen. Aber es gibt immer unvorhersehbare Umstände.

Ferrari-Fahrer Carlos Sainz Jr. nach Kanaldeckel-Crash
Carlos Sainz neben seinem kaputten Ferrari, Foto: LAT Images

Dass die Autos just dort aufsetzen und mit dem Unterboden die Betonfassung brechen lassen, zähle ich zu den sogenannten "Freak Accidents". Dieser hätte tragische Folgen haben können, aber manche Faktoren sind schlicht unvorhersehbar. Shit happens. Und man fand eine schnelle Lösung.

Wichtig ist: Das 1. Training verkam nicht zur Farce, weil die Show über dem Sport stand. Aber das passte natürlich ins Narrativ der Kritiker. Trotzdem sollten auch die Vegas-Befürworter vorsichtig sein. In der Stadt der Sünden ist beim Formel-1-Gastspiel längst nicht alles Gold was glänzt. Von denjenigen, die nicht am finanziellen Erfolg profitieren, gibt es kaum Fans im Fahrerlager.

Die F1-Fans in Las Vegas werden verhöhnt

Gleichzeitig hat die Formel 1 selbst mit dem Vorlauf zu diesem Grand Prix eine gigantische Fallhöhe erzeugt. Das rächt sich nun. Genauso wie die Kritiker vorsichtig mit unreflektierter Meinung sein sollten, sollte auch die Formel 1 langsam das eigene Narrativ überdenken.

Zuschauer müssen die Tribüne verlassen
Die Polizei räumte vor FP2 die Tribünen, Foto: LAT Images

Dass die FP1-Farce so hochstilisiert wurde, liegt am Aufeinanderprallen der beiden Narrative. Eine Sache hat aber nichts mit Meinungen oder geschäftlichen Interessen zu tun: Was man im 2. Training mit den Fans gemacht hat, war unter aller Sau. Man wusste früh genug, dass FP2 mit großer Verspätung starten würde. Darauf hätte man einerseits die Fans an der Strecke vorbereiten müssen. Sie wurden hingehalten und mussten im Kalten warten. Gnädig, dass man sie noch überteuertes Essen und Getränke kaufen ließ.

Andererseits hätte man dann rechtzeitig Maßnahmen treffen müssen, dass die Fans dann auch auf den Tribünen hätten zuschauen können. Dass man sie nach stundenlangem Warten ausgesperrt hat, dafür gibt es einfach keine Entschuldigung.