Seit die Power Units 2014 in der Formel 1 eingeführt wurden, ist die Motorenformel umstritten. Zu teuer, zu komplex, zu schwer lauten die Argumente der Kritiker. Die Ingenieure feiern hingen die Effizienz der Triebwerke: Dank einer thermischen Effizienz von über 50 Prozent produzieren die Power Units über 1.000 PS - aus maximal 100 Kilogramm Benzin pro Stunde.

Der angekündigte Honda-Ausstieg bringt die Probleme wieder deutlicher zum Vorschein. Red Bull steht ab 2022 ohne Motorenlieferanten da. Weil die Bullen nicht wieder Kundenteam und nicht zurück zu Renault wollen, lassen Dr. Helmut Marko und Co. im Hintergrund nichts unversucht, um eine angenehmere Lösung zu finden.

Eine Möglichkeit wäre es, die Motoren einzufrieren. Die Triebwerke dürften dann nicht mehr weiterentwickelt werden. Red Bull würde unter dieser Voraussetzung den Honda-Motor übernehmen und in Zukunft selbst fertigen und einsetzen.

Allerdings sind nicht alle Hersteller von der Idee des Einfrierens begeistert. Vor allem Ferrari zeigte sich hier in der Vergangenheit nicht gerade begeistert. "Es gibt Regeln, die sicherstellen, dass Red Bull eine Lösung hat und Motoren von einem anderen Hersteller bekommt", verteidigt Binotto.

Ferrari gönnerhaft: Wir sind verantwortungsvoll

Damit spielt der Italiener auf einen Passus im Sportlichen Reglement an, der Hersteller unter gewissen Voraussetzungen dazu verpflichtet, Teams mit Motoren zu beliefern. "Wir verstehen aber auch, dass sie den Honda-Motor in Zukunft behalten wollen", gibt sich Binotto verständnisvoll.

Formel 1, Motoren-Regeln: Ferrari will kein Spielverderber sein (15:44 Min.)

Der Ferrari Teamchef will nicht als Spielverderber gelten: "Wir verstehen die Situation und deshalb unterstützen wir die Idee, das Einfrieren ein Jahr vorzuziehen." Dazu muss man wissen, dass das Technische Reglement eine schrittweise Einfrierung bereits vorsieht. Ab 2023 wären die Antriebseinheiten dann fast vollständig eingefroren. Das wäre für Red Bull und Honda aber zu spät.

Honda entwickelt noch einen komplett neuen Motor für 2021, danach sind die Japaner eigentlich aus der Entwicklung raus. Ferrari knüpft die Kompromissbereitschaft aber an eine Bedingung: "Das würde bedeuten, die neuen Regeln für die Power Unit auf 2025 vorzuziehen. Es ist nicht das erste Mal, dass Ferrari verantwortungsbewusst handelt. Wir unterstützen das Einfrieren, indem die Motoren ein Jahr vorgezogen werden."

Ein Kompromiss, der bei genauerer Betrachtung gar keiner ist. Denn das Technische Reglement sieht den Einfrierungsplan in Abhängigkeit von einem neuen Motorenreglement schon vor. Drei Jahre vor dem neuen Reglement dürfen zum letzten Mal Aktualisierungen durchgeführt werden.

BoP oder Motoren-Angleichung?

Heißt: Drei Saisons lang wären die Motoren dann eingefroren. Um den Herstellern die Angst zu nehmen, drei Jahre aufgrund eines Konstruktionsfehlers komplett hinterher zu hinken, brachte Dr. Marko zuletzt eine Balance of Performance ins Spiel. Toto Wolff bezeichnete das umgehend als "Anfang vom Ende der Formel 1".

Trotzdem laufen im Hintergrund Diskussionen. "Ich glaube aber nicht, dass es eine Balance of Performance ist", stellt Binotto gegenüber Motorsport-Magazin.com klar. "Denn das Ziel ist es nicht, alle Hersteller auf das gleiche Performance-Level zu bringen. Deshalb ist es mehr eine Motoren-Angleichung."

Der Unterschied? "Die Angleichung ist ein Weg, einem Hersteller zu helfen, wenn er bei der Performance wirklich weit hinter den anderen zurück ist", erklärt Binotto. "Wenn wir diesem Hersteller helfen, sollten wir ihn aber nicht auf das Level des besten Herstellers bringen. Er soll aufholen und auf einem niedrigeren Level als die anderen sein, aber nicht mehr zu weit weg."

Technisch könnte das über den Benzinfluss reguliert werden. "Aber das ist Teil der Diskussionen, es gibt noch keine Lösung. Das wäre der einfachste Weg", so Binotto. Der ehemalige Motorentechniker sieht durchaus Bedarf für diesen Sicherheitsmechanismus: "Die Einführung von E10-Benzin ist eine signifikante Änderung. Wenn wir die Motoren da einfrieren, gibt es Risiken. Die müssen gemanagt werden."

Wie sehen die Formel-1-Motoren ab 2025 aus?

Für das vorzeitige Einfrieren muss die Formel 1 aber erst einmal das neue Motorenreglement, das es noch gar nicht gibt, vorziehen. Die Zeit dafür drängt. "Für ein brandneues Motorenformat 2025 bräuchten wir bis spätestens Mitte nächsten Jahres Klarheit bei den Regeln", fordert Binotto.

Wie das konkret aussehen wird, steht derzeit aber noch in den Sternen. Die Forderungen von Ferrari sind jedenfalls klar. "Die Motoren müssen nachhaltiger werden: Bei den Kosten und umwelttechnisch. Die Kosten müssen um 50 Prozent gesenkt werden, dazu müssen die Motoren CO2-neutral betrieben werden. Das Benzin ist hierfür der Schlüssel", sagt Binotto. Das würde nur mit komplett synthetischen Kraftstoffen gelingen.