Lewis Hamilton hat es wieder geschafft. Mit einem zweiten Platz beim USA-GP krönt er sich auch 2019 zum Formel-1-Weltmeister, sein fünfter Titel in sechs Jahren und der sechste Titel seiner Karriere. Damit kommt er der vermeintlich ewigen Bestmarke Michael Schumachers - dem siebenfachen Gewinn der WM - immer näher.

Verdient feiert Hamilton nach dem Rennen von Austin einen WM-Titel, der ihm viel abverlangt hat. Ja, der Mercedes der Saison 2019 war ein starkes Auto, aber einfach war dieses Jahr in Hamiltons Augen bei weitem nicht.

Hamilton: 2019 war härtestes und zugleich bestes Jahr

"Das war wohl das härteste Jahr für das Team", meint Hamilton sogar in der Pressekonferenz nach dem USA-GP. "Wir haben Niki verloren, ein enorm wichtiges Teammitglied. Das war eine emotionale Achterbahnfahrt." Genauso lobt Hamilton die Konkurrenz: "Zur Saisonmitte waren wir hinten, und die zweite Hälfte ist wohl die härteste, die wir als Team gemeinsam erlebt haben, mit dem Kampf gegen Ferrari und Red Bull."

Doch bei allen Herausforderungen - Mercedes und Hamilton zogen 2019 in der WM von Beginn an vorne weg. Warum? Weil es wohl das beste Jahr seiner Karriere war, denkt der Meister: "Ich glaube ja. Im Vorjahr ging es durchgehend aufwärts, und dieses Jahr versuchte ich die Saison so zu beginnen, wie ich das letzte Jahr beendet hatte."

Das gelang Hamilton mehr als deutlich, mit acht Siegen in den ersten zwölf Rennen knüpfte er genau dort an, wo er 2018 aufgehört hatte. Er fühlt sich so, als ob er dem perfekten Formel-1-Fahrer immer näher käme. Der Fokus lag 2019 nicht auf absoluter Performance, sondern auf der Konstanz: "Wenn ich mein Qualifying anschaue - es war nicht spektakulär wie im Vorjahr, aber ich war konstant, immer vorne dabei."

Noch auffälliger war die Konstanz im Rennen. Hamiltons Renn-Pace verblüffte seine Gegner immer und immer wieder, egal ob Teamkollege Bottas oder die Konkurrenz von Ferrari und Red Bull. "Abgesehen von Hockenheim, das ich mir verzeihe, weil ich da nicht voll fit war, war das meine beste Jahresleistung", sagt Hamilton.

Beispiel USA - Hamilton immer voll auf Sieg gepolt

Anhand des USA GP kann man gut herausarbeiten, wie Hamilton heute funktioniert. "Gestern war mies", gibt Hamilton gerne gleich auch zu. Nur Platz fünf hatte er im Qualifying erfahren. "Ich habe nach einer dieser besonderen Runden gesucht, und es war unterdurchschnittlich."

Hamilton überquert in Austin die Linie, Foto: LAT Images
Hamilton überquert in Austin die Linie, Foto: LAT Images

Über Nacht brachte sich Hamilton aber wieder auf Kurs. "Ich habe alle Starts der letzten Jahre mir angeschaut um herauszufinden, wo ich das Auto platzieren muss, um auf Platz eins zu kommen", erklärt Hamilton. "Alles, worauf ich mich konzentrierte, war Platz eins. Selbst als ich Dritter war, habe ich mich nicht auf das blaue Auto vor mir konzentriert, ich habe mich auf Valtteri konzentriert." Mit einer Einstopp-Strategie versuchte er seinen Teamkollegen Bottas noch einmal abzufangen.

Wie schon so oft in dieser Saison reizte er die Pirellis also bis aufs Letzte aus, auf der Suche nach der letzten kleinen Sieg-Chance. Er ließ auch eine Aufforderung zum Stopp verstreichen, um seine Einstopp-Chancen zu verbessern. "Also habe ich diese Reifen so gut wie möglich geschont. Wie es das ganze Jahr über meine Stärke war." Am Ende reichte es nur knapp nicht - "Valtteri hat heute einen tollen Job gemacht, Hut ab." Platz zwei konnte Hamilton Verstappen trotzdem abjagen.

Hamilton: Meisterstück in der Formel 1 noch nicht vollbracht

Das USA-Wochenende zeigt aber zugleich auch, dass Hamilton noch nicht vollkommen perfekt ist. In gewisser Weise treibt ihn das an, weiterzumachen: "Ich arbeite wirklich an meinem Meisterstück, und habe es noch nicht ganz fertig. Es dauert glaube ich sehr lange, bis man etwas gemeistert hat - es gibt immer mehr zu lernen."

Die Arbeit endet für Hamilton wohl nie. Auch wenn er jetzt schon sehr nah an der wohl legendärsten Bestmarke der Formel 1 dran ist: 2020 hat er die Chance, mit einem siebten WM-Titel den Rekord von Michael Schumacher einzustellen. Das endgültige Meisterstück?

Hamilton nimmt Kurs auf Schumacher - ihn aber nicht als Ziel

"Ich habe immer gesagt, dass es nie ein Ziel war, Michael einzuholen", winkt Hamilton ab und fügt an: "Ich bin keiner, der immer an Rekorde und so Dinge denkt. Michael einzuholen fühlte sich immer so weit weg an."

Hamilton und Mercedes feiern in Austin, Foto: LAT Images
Hamilton und Mercedes feiern in Austin, Foto: LAT Images

Und selbst jetzt - mit sechs Titeln - scheint Nummer sieben für Hamilton noch immer weit weg zu sein. Selbst wenn 2020 realistisch und sogar greifbar nahe ist. "Es wird erneut unglaublich viel Arbeit von mir und dem Team abverlangen, und darüber will ich gerade wirklich nicht nachdenken", bremst er. "Und ich will auch nicht diese Idee aufbauen, Michael mit sieben einzuholen. Ich will einmal das Hier und Jetzt genießen."

"Das kommt normalerweise erst am Ende des Jahres", schließt Hamilton. "Wenn die Arbeit vorbei ist und du dich einmal zurücklehnen kannst, mit einem Bier, ich mit meinen Hunden gemeinsam, die Füße rauf, und dann erst hast du einen Moment, um dir klarzumachen, was für ein großartiges Jahr es war."