Wenn der Ex-DTM-Pilot Bernd Mayländer in den vergangenen Jahren in seinem Arbeitsgerät Platz nahm und auf die Strecke fuhr, dann ging er ausnahmslos immer in Führung. Allerdings nicht, weil er eine noch unglaublichere Rekordstatistik als Michael Schumacher vorzuweisen hat, sondern weil er in seinem silbernen Safety-Car für Sicherheit und Ordnung auf den Rennstrecken dieser Formel 1 Welt sorgt.

Im Exklusivinterview mit motorsport-magazin.com-Chefredakteur Stephan Heublein verriet der sympathische Schorndorfer wie seine letzten Einsätze in diesem Jahr verlaufen sind und wie er sich die Zukunft der Königsklasse des Motorsports vorstellt.

Bernd nimmt an seinem Arbeitsplatz Platz., Foto: Sutton
Bernd nimmt an seinem Arbeitsplatz Platz., Foto: Sutton

Bernd, Du hattest zuletzt in Silverstone einen etwas umstrittenen Kurzeinsatz im Safety-Car. War es wirklich nötig herauszufahren?

Bernd Mayländer: Ja, es war nötig. Denn wenn das führende Fahrzeug in der Formel 1 einen bestimmten Standort in einem speziellen Sektor überschritten hat und gleichzeitig die Unfallstelle noch nicht geräumt ist oder die Streckenposten noch auf der Strecke sind, dann muss das Safety-Car rausgehen. In diesem Fall hat man entschieden, dass man eine Safety-Car Phase machen musste und deswegen veranlasste die Race Control alle Marshalls auf der Piste die SC-Schilder raus zu halten. Danach müssen das führende Fahrzeug eingefangen und die Fahrer informiert werden. Und all das hat in diesem speziellen Fall vielleicht im Fernsehen etwas ungeschickt ausgesehen, weil das Auto von Sato zu dem Zeitpunkt, als wir an der Stelle vorbeigekommen sind, schon entfernt war, aber es war nötig um die höchstmögliche Sicherheitsstufe zu gewährleisten. Somit war der Einsatz absolut berechtigt. Zudem wurde dadurch nicht groß in den Rennverlauf eingegriffen, da es erst die erste Runde war. Deshalb kann ich die Entscheidung der FIA hier nur unterstützen.

Wahrscheinlich sah es gerade deswegen, weil es die erste Runde kurz nach dem Start war, so komisch aus...

Bernd Mayländer: Es sah komisch aus und es sieht immer komisch aus, wenn das Feld an einer Unfallstelle vorbeigeführt wird und nichts mehr da ist. Aber wenn ein Gang in einem dieser hochkomplizierten Getriebe stecken bleibt, sich das Auto nicht wegschieben lässt und man keine Safety-Car Phase macht, dann fragt die ganze Welt warum man das nicht gemacht hat. Man muss bei diesen Situationen immer vom schlimmsten Fall ausgehen und von daher kann ich nur noch einmal unterstreichen, dass hier richtig reagiert worden ist.

Mayländer führt das Feld rund um den Kurs., Foto: Sutton
Mayländer führt das Feld rund um den Kurs., Foto: Sutton

Eine andere Safety-Car Phase die in diesem Jahr für Aufregung gesorgt hat war in Kanada, als Juan Pablo das Licht übersehen hat.

Bernd Mayländer: Auch nachdem ich im letzten Jahr meine DTM-Karriere beendet habe, erledige ich noch viele PR-Events für Mercedes-Benz und deswegen tut es mir im Nachhinein für Juan Pablo sogar leid, dass die Rennstrategie von McLaren Mercedes hier so negativ beeinflusst wurde. Aber darauf kann man keine Rücksicht nehmen. Das Safety-Car musste auf die Strecke gehen und der Fehler lag beim Team. Die anderen haben das besser gemacht und Juan Pablo hatte einfach das Pech, das er schon am Boxeneingang vorbei war und noch eine Runde drehen musste. Dadurch war sein großer Vorsprung weg, was auch immer ärgerlich ist, aber das kann genauso gut auch alle anderen treffen. Und wenn man da einmal nachschaut wem schon alles aus Sicherheitsgründen kostbare Zeit gestohlen worden ist, dann hat es da jeden schon einmal getroffen. Aus sportlicher Sicht ist es natürlich dennoch immer schade.

Durch Deine Verbindungen zu Mercedes würdest Du sicherlich gerne Kimi Räikkönen als Champion sehen. Wie schätzt Du seine Chancen ein?

Bernd Mayländer: Die Chance existiert natürlich noch. Es ist sogar eine ganz realistische Chance, dass er die WM noch für sich entscheiden kann. Für mich persönlich erscheint der Gewinn der Konstrukteursweltmeisterschaft allerdings noch viel realistischer als jener in der Fahrer-WM. Mit dem Paket bestehend aus Kimi Räikkönen, Juan Pablo Montoya und dem aktuellen Fahrzeug sollte dies auch der Anspruch sein. Und wenn es einen Renngott gibt und dieser in Zukunft vielleicht noch ein bisschen besser mitspielen sollte, dann wird es noch eine tolle und spannende Meisterschaft werden. Und das ist für mich als neutralen Beobachter sehr wichtig. Denn ich sitze da das ganze Wochenende im Safety-Car und da möchte ich natürlich auch etwas Spannendes zu sehen bekommen. Am Ende soll einfach der Beste gewinnen und da wird bestimmt noch die eine oder andere Überraschung von anderen Herstellern kommen.

An wen denkst Du dabei?

Bis die Bergung abgeschlossen ist, führt Bernd den GP an., Foto: Sutton
Bis die Bergung abgeschlossen ist, führt Bernd den GP an., Foto: Sutton

Bernd Mayländer: Ich schätze hier Ferrari sehr hoch ein. Wenn die ihre kleineren Probleme ausgeräumt haben, dann kann man von ihnen noch einiges erwarten. Toyota ist ohnehin die Überraschung schlechthin in diesem Jahr und obwohl B·A·R bislang noch ein bisschen enttäuschend war, muss man immer daran denken, dass Japaner niemals aufgeben, weswegen auch sie wieder zurückkommen werden. Wir haben also eine tolle Meisterschaft, in welcher Mercedes am Jahresanfang einen kleinen Nachteil hatte, da man nicht standfest genug war, aber jetzt passt das Paket und muss es nur noch von Freitag bis Sonntag zwei Wochenenden lang ohne Probleme durchhalten.

Du hast eben selbst gesagt, dass Dir das Sportliche sehr wichtig ist. In der letzten Zeit stand leider nicht immer der Sport, sondern oftmals auch die Politik im Vordergrund. Was bekommst Du davon alles mit?

Bernd Mayländer: Das bekommt man zwangsläufig mit und es ist immer schade, wenn im Sport Politik gemacht wird. Wenn wir hier direkt auf Indianapolis eingehen, dann war es für 99% der Leute in der Formel 1 das erste Mal, dass sie so etwas erlebt haben. Und obwohl ich alle Seiten verstehen kann, empfand ich es als sehr traurig. Der amerikanische Race-Fan kennt so etwas in diesem Stil nicht und deshalb ist es absolut verständlich, dass sie verärgert waren. Wir können nur hoffen, dass die Amerikaner auch in Zukunft noch etwas mit uns zu tun haben wollen.

Der FIA Senat hat ja zuletzt auch empfohlen die Teams freizusprechen...

So sieht das Arbeitsgerät des Deutschen aus., Foto: Sutton
So sieht das Arbeitsgerät des Deutschen aus., Foto: Sutton

Bernd Mayländer: Man hätte dieses Thema vielleicht von vorneherein anders angehen sollen. Egal ob mit Schikane, ohne Schikane oder durch die Boxengasse: Es wäre an diesem Tag irgendwie alles falsch gewesen. Und ich denke, dass alle Beteiligten aus diesen Fehlern gelernt haben und der Sport wieder jenen Stellenwert erhält, den er auch verdient hat.

In diesem Zusammenhang gibt es etwas widersprüchliche Diskussionen über die Zukunft der F1, die einerseits vereinheitlicht, aber andererseits auch wieder auf einen gewissen technologischen Level gehievt werden soll. Wie sollte es auf der Technikseite weitergehen?

Bernd Mayländer: Ich bin natürlich Angestellter der FIA, aber persönlich empfinde ich es als gut, wenn man dort Kosten reduziert, wo es auch sinnvoll ist. Die Formel 1 ist eine Meisterschaft, in der die Hersteller der restlichen Welt ihr Können beweisen können und da sollte man nicht zu stark eingreifen. Es gibt sehr viele gute Anregungen von Seiten der FIA und von Seiten der Hersteller, wobei man vielleicht das fahrerische Talent der Piloten wieder etwas mehr in den Vordergrund stellen sollte. Man muss hier möglicherweise einen Schritt zurückgehen, dabei allerdings aufpassen, dass es für die FIA auch kontrollierbar bleibt, was besonders bei der Elektronik sehr schwierig ist. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es für den Fan zu hause vor dem Fernseher oder an der Strecke so unglaublich wichtig ist, dass der allerletzte High-Tech-Kram eingesetzt wird. Stattdessen ist es doch viel wichtiger, dass die Hersteller ihre Kompetenzen und Stärken zeigen können, die Zuschauer etwas davon haben und der Sport wieder kostengünstiger wird.