Setup-Probleme zum Saisonstart, einige maximal suboptimale Ferrari-Strategien, ein bitterer Ausfall in Spanien und zuletzt Technik-Versagen in Kanada. Schon nach nur sieben Rennen ist die Liste der Ärgernisse der F1-Saison 2017 für Kimi Räikkönen wieder prall gefüllt.

Ferrari-Teamkollege Sebastian Vettel hechtet derweil von Erfolg zu Erfolg, führt die WM-Wertung vor Lewis Hamilton an. Und das mit inzwischen fast doppelt so vielen Punkten (141) wie der Iceman (73) zusammenklauben konnte. "So läuft es leider manchmal, aber das ist Racing", kommentiert Räikkönen den bitteren Kontrast.

Kimi: Schützenhilfe für Vettel? Gerne, aber nicht jetzt

Doch tauchen sie auch im Vorfeld des achten Saisonslaufs der Formel 1, dem Großen Preis von Aserbaidschan in Baku, wieder in Hülle und Fülle auf: Die Fragen zu einer möglichen Schützenhilfe Kimi Räikkönens für Sebastian Vettel im WM-Kampf.

Für den Finnen nach wie vor kein großes Thema, doch äußert sich Räikkönen dennoch geduldig auf die erneuten Nachfragen. "Wenn ich rechnerisch keine Chance mehr auf den Titel habe, werde ich ihm natürlich helfen. Ich habe und hatte in der Vergangenheit da nie ein Problem mit", stellt Räikkönen klar. Etwa 2008 als Räikkönen sogar als amtierender Champion Felipe Massa im WM-Kampf unterstüzte. Alles weitere habe Teamchef Maurizio Arrivabene klar dargelegt. Der hatte zuletzt ebenfalls versichert, beide Fahrer würden absolut gleich behandelt. "In der Fahrer-Meisterschaft können sie frei handeln bis die Zahlen eindeutig in die eine oder andere Richtung gehen", sagte Arrivabene unmittelbar vor dem Kanada GP.

"Und daran hat sich nichts geändert", sagt Räikkönen - trotz noch einmal größer gewordener Differenz zu Vettel. Noch sieht sich der Iceman selbst also längst nicht in der Pflicht, ist mathematisch doch trotz großen Rückstands auch für Räikkönen noch alles drin. "Ich denke, das ist eine sehr einfache Entscheidung für alle von uns. Zumindest in unserem Team", ergänzt Räikkönen. "Zuerst kommt für uns, dass wir als Ferrari an der Spitze sind. Das ist das Wichtigste", sagt Räikkönen. "Wenn Seb dann noch gewinnt, wunderbar. Wenn ich keine Chance haben sollte ... so läuft es dann eben."

Doch stellt die Konstrukteursweltmeisterschaft tatsächlich das größte Ziel dar? Theoretisch schon. Theoretisch sollte dieser Titel einem Hersteller selbst das größere Prestige einbringen. Tatsächlich jedoch ist der Fahrertitel in der öffentlichen Wahrnehmung traditionell weitaus prominenter. Und das wisse auch Ferrari, meint ein alter Scuderia-Vertrauter.

Massa: Für Kimi wirds jetzt knifflig

"Die Kimi-Situation ist ab jetzt ziemlich knifflig", sagt Felipe Massa. "Denn Ferrari hat gute Chancen, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Die werden alles versuchen, um zu gewinnen - nachdem sie so lange nichts gewonnen haben. Die werden alles vesuchen, was sie können", ergänzt der Williams-Pilot. Dabei bezieht sich Massa eindeutig auf die Fahrer-WM: "Wenn man sich aktuell mal den Punkteunterschied anschaut, dann ist Kimi nicht in der Position ..."

Deshalb, glaubt Massa, dürfe Kimi Räikkönen nicht einmal mehr davon ausgehen bis zur rechnerischen Unmöglichkeit eines WM-Erfolgs gleich behandelt zu werden wie Vettel. "Er muss akzeptieren, wenn Dinge passieren. Und die werden passieren", sagt Massa mehr als nur vielsagend. Und der muss es wissen, erlebte Massa selbst doch das eine oder andere blaue Wunder in seiner Zeit im roten Maranello - Stichsatz: "Felipe, Fernando ist schneller als du."

Ein Stück jüngere Rennsport-Geschichte, die Massa wohl noch seinen Enkeln erzählen wird. Genauso die Story der Jahre 2007 und 2008 als erst Massa Räikkönen im WM-Kampf unterstützte, Räikkönen sich ein Jahr später revanchierte. "Ich denke, ich hab ihm viel geholfen 2007. Da hab ich gut geholfen. Was Kimi 2008 für mich gemacht hat, was ich 2007 für ihn gemacht hatte, war ehrlich gesagt komplett im Sinne des Sports", sagt Massa. "Aber was da in Deutschland passierte zur Mitte des Jahres und vielleicht auch das in Österreich mit Rubens (Barrichello, Anm. d. Red.) 2002, das war nicht gut. Das war nicht im Sinne des Sports."

Felipe Massa kennt sich aus mit Teamorder-Erlebnissen in der F1, Foto: Sutton
Felipe Massa kennt sich aus mit Teamorder-Erlebnissen in der F1, Foto: Sutton

Massa: Mercedes muss reagieren

Vermutlich waren es diese Erfahrungen, weshalb Massa zumindest unmittelbar nach dem Monaco GP 2007 kurz instinktiv dachte, Ferrari habe getrickst, um Räikkönen hinter Vettel zu bringen, wie er in Baku berichtet. "Aber um ehrlich zu sein glaube ich nicht, dass wirklich was gemacht haben. Ich glaube, das in Monaco hatte nichts mit dem Team zu tun, sondern damit, dass Sebastian einen perfekten Job gemacht hat", sagt Massa.

Noch dazu erwartet der Brasilianer, dass Mercedes früher oder später keine andere Wahl haben wird, als ebenfalls klar auf Nummer-eins und Nummer-zwei zu bauen. "Wenn Ferrari das macht, muss es Mercedes genauso machen", sagt Massa. "Es kommt darauf an: Wenn Hamilton gewinnt, dann ist es sowieso leicht. Aber wenn nicht, dann müssen sie es machen. Sonst schenken sie einfach Punkte her und das kann am Ende entscheidend sein." Bislang jedoch machte Mercedes hier keine Anstalten, beteuerte ganz im Gegenteil auf Teamorder völlig verzichten zu wollen.

Vettel-Sieg durch Ferrari-Teamorder? (05:02 Min.)