Nico Rosberg hat es nicht leicht in diesen Wochen. Immer wieder sieht sich der Mercedes-Pilot mit den gleichen Fragen im Fahrerlager konfrontiert: Wie viel Druck bereitet ihm der WM-Kampf, wie geht er damit um, wie sehr denkt er an den Titel? Fragen, auf die der Gesamtführende seit Wochen keine Antworten liefert. Nur nicht verplappern, lieber tiefstapeln, von Rennen zu Rennen schauen. Er ist sicherlich nicht der erste deutsche Formel-1-Fahrer, der sich diese Herangehensweise ausgesucht hat.

Das führt inzwischen soweit, dass selbst Rivale Lewis Hamilton zu Rosbergs Attitüde befragt wird. Hilft ihm dieser Ansatz? "Nicht wirklich", meinte der Noch-Weltmeister am Rande des Mexiko Grand Prix. "Das ist offensichtlich eine Taktik, die er dieses Jahr mit an Bord genommen hat. Es hilft ihm, auf den unmittelbaren Job konzentriert zu bleiben. Die Leute haben unterschiedliche Arten, mit Druck umzugehen. Natürlich herrscht Druck, und so geht er damit um."

Genervt von den ewig gleichen Fragen?

Dass Rosberg auf dem Weg zu seiner ersten Weltmeisterschaft gehörig unter Druck steht, bestätigte zuletzt sogar Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Wie sollte es auch anders sein bei noch drei ausstehenden Rennen? Doch Rosberg fährt weiter seinen Stiefel. Ein Rennen nach dem anderen. Nervt es da nicht, ständig auf die durchaus berechtigte Frage nach der WM-Situation angesprochen zu werden?

Rosberg am Donnerstag in Mexiko: "Nein, die nerven mich nicht. Es ist ja cool, in der Situation zu sein. Das freut mich ja total. Okay, beim 20. Mal ist es nicht mehr so schön wie beim 1. Mal. Aber das ist schon okay." Die bohrenden Fragen nach der wirklichen Gefühlslage werden erst ein Ende nehmen, wenn Rosberg den WM-Titel endgültig im Sack hat. Oder auch nicht.

Seit Wochen nicht mehr auf Tabelle geschaut

Vor drei oder vier Wochen habe er zuletzt auf den WM-Stand geschaut. Aktuell würde er sehen, dass er mit 26 Punkten vor Hamilton an der Spitze liegt. Und dass er im Idealfall schon in Mexiko Weltmeister werden kann. "Geguckt habe ich wahrscheinlich zuletzt vor drei Wochen. Aber gehört habe ich es heute 25 Mal", scherzte Rosberg. Natürlich weiß er ganz genau, was auf dem Spiel steht. Wie fatal wäre es auch, jetzt vom Titel zu sprechen - und dann das Ding auf der Zielgeraden etwa wegen technischer Probleme noch zu verlieren? Rosberg wäre der Depp des Fahrerlagers.

Also bleibt er seinen Gedankenspielen treu. "Ich sehe das schon, das ist klar", sagte Rosberg mit Blick auf die WM-Situation. "Aber mein Gefühl gibt mir die Richtung vor. Und das ist einfach, jetzt im Moment zu sein. So kann ich meine beste Performance abliefern. Die Richtung hat sich auch in den vergangenen Wochen ganz gut angefühlt. Deshalb behalte ich das jetzt bei." Das wird allerdings niemanden davon abhalten, am Sonntag nach dem Rennen erneut nachzuhaken.

Zeit für den besten Hamilton

Wesentlich auskunftsfreudiger zeigte sich unterdessen Hamilton. Sein Medien-Boykott scheint nach kurzer Zeit wieder beendet. Nach dem Sieg in Austin ist er weiter zum Siegen verdammt, um noch eine kleine Chance auf die Titelverteidigung zu wahren. Eine sehr geringe Chance, schließlich hat er es nicht mehr selber in der Hand. "Offensichtlich muss ich jetzt alle Rennen gewinnen", sagte er. "Wenn es jemals eine Zeit gab, um mein Allerbestes zu zeigen, dann sind es die nächsten drei Rennen."

Hamilton fährt seit einiger Zeit ebenfalls seine eigene Schiene. Die da lautet: Ohne technische Probleme würde es vermutlich ganz anders aussehen. Dass Rosberg in dieser Saison schlichtweg der stärkere Fahrer sein könnte, war keine Option. Rosberg habe sich ja nicht verändert, stellte Hamilton fest: "Nope! Aber ich hatte viele Defekte. Da ist der einzige Unterschied. Wenn unsere beiden Autos das ganze Jahr über gleich zuverlässig gewesen wären, hätten wir die gleichen Kämpfe gehabt wie in den vergangenen beiden Jahren." Die, in denen sich Hamilton am Ende durchsetzte.

Lewis Hamilton fühlt sich jetzt entspannter, Foto: Sutton
Lewis Hamilton fühlt sich jetzt entspannter, Foto: Sutton

Hamilton betet

Angesichts des deutlichen Rückstands bleibt Hamilton nur noch die Hoffnung, dass es beim Schlusssport Probleme auf der anderen Seite der Garage gibt. "Ich bete, dass mein Auto heil und stark bleibt in den nächsten drei Rennen", schickte Hamilton Wünsche gen Himmel. Er werde wohl bis zum Fallen der Zielflagge in Abu Dhabi zittern, nachdem er schon zuletzt in Austin am Ende Gas rausgenommen und so materialschonend wie möglich gefahren war.

Andererseits werde er sich seinem Schicksal fügen. Hamilton: "Vielleicht bin ich jetzt etwas entspannter als bei anderen Rennen. Weil ich akzeptiert habe, dass es Dinge gibt, die nicht in meiner Macht liegen und die ich nicht kontrollieren kann." 'Wie eben die zahlreichen technischen Probleme. Oder den Gewinn der Weltmeisterschaft...