Jenson Button wird auf seine alten Formel-1-Tage hin kreativ. Am Rande des US Grand Prix stellte der McLaren-Pilot die Länge der Rennen zur Debatte. Sind rund 90 Minuten Renndauer noch zeitgemäß angesichts der heutigen Alltagshektik? Kann es sich die Königsklasse wirklich noch leisten, so viel Zeit vom Zuschauer in Anspruch zu nehmen? Ein sehr kontroverses Thema, zu dem auch bei Motorsport-Magazin.com unterschiedliche Meinugen vorherrschen.

Pro: Ja, in der Kürze liegt die Würze

Gewagte These: Formel-1-Rennen ist wie Porno. Man schaut den Anfang, überspringt den Mittelteil und... kommt dann schnell zum Ende. Start gucken, in den Garten gehen und dann die letzten Rennminuten schauen, um das Ergebnis zu wissen. Gar nicht mal so unähnlich, oder? Da muss man sich doch fragen: Braucht die Formel 1 heutzutage wirklich den oftmals drögen, von Taktik geprägten Mittelteil? Warum nicht kurz und knackig 40 bis 60 Minuten geballte Action bieten.

Als Pinnacle of Motorsport - Stichwort: Höhepunkt - bezeichnet sich die Formel 1 gern selbst. Aber sollte es dann nicht eigentlich auch nur Highlights geben? 90 Prozent der Zuschauer schauen Rennsport wegen Unfällen und Überholmanövern. Nicht wegen Undercuts und bunten Gummis. Ein Sprintrennen ohne große Strategiegeplänkel erscheint viel zeitgemäßer in einer Welt, in der die Aufmerksamkeitsspanne in den Sekundenbereich abgerutscht ist.

Warum nicht zwei Sprintrennen pro Wochenende statt quälendem Qualifying, das nur in den Schlussminuten spannend ist? Leicht verständliche und verdauliche Unterhaltung ist das Zauberwort in diesen Zeiten. Wer ein Formel-1-Rennen in seiner Gesamtheit verstehen möchte, braucht mindestens zusätzliches Live-Timing und Reifentabelle. Und wer will das schon, wo es doch so unendlich viele Freizeitmöglichkeiten gibt...

Allein: Jede TV-Minute ist Millionen wert. Und graue Herren à la Bernie werden einen Teufel tun und die Sendezeit beschneiden, solange jemand dafür hinblättert. Also werden wir uns wohl auch in Zukunft an Undercuts und Spritmengen künstlich aufgeilen müssen.

Contra: Nein, ein Rennen dauert 90 Minuten

Nein, Jenson, da kann ich dir leider überhaupt nicht zustimmen. Die Formel 1 ist seit jeher eine auf Sprintrennen ausgelegte Rennserie. Mit 300 Kilometern Renndistanz und einer Dauer von etwa anderthalb Stunden ist die Formel 1 keinesfalls unattraktiv für den TV-Zuschauer. Wie lange dauert nochmal ein Fußballspiel...? Wir dürfen nicht vergessen, dass wir hier immer noch über eine Weltmeisterschaft reden. Diese zieht ihren Stellenwert auch aus einer gewissen Präsenz ihrer Protagonisten.

In den letzten Jahren beschwerten sich in der Tat einige Zuschauer über fade und langatmige Rennen. Dies lag jedoch an der neuen Ausrichtung der Formel 1 hin zu Spritsparen und dem limitierten Einsatz der verwendeten Teile. Eine Verkürzung der Rennen würde daran nichts ändern - im Gegenteil! Denn damit würde auch die Anzahl der Boxenstopps reduziert, obwohl die Strategie in zahlreichen Rennen das Salz in der Suppe ist. Regelmäßige Prozessionen wären wahrscheinlich.

Und ein ganz entscheidendes Argument gegen Buttons Vorschlag sind die Fans an der Strecke. Diese bezahlen sehr viel Geld, um die Formel 1 live vor Ort sehen zu dürfen. Zwar bekommen sie an den europäischen Standorten mit der GP2, der GP3 sowie dem Porsche Supercup ein vielseitiges Rahmenprogramm serviert.

Doch ohne die Formel 1 würde sich diese Rennen kein Mensch ansehen - die Tribünen wären noch leerer. Kürzere Rennen würden bei einigen Fans wohl einen Denkprozess auslösen, ob sie sich tatsächlich eine Karte kaufen wollen. Gleiches Geld für weniger Show - das kann nicht funktionieren.