Red Bull entwickelt sich immer mehr zum Topspeed-Monster der Formel 1. Schon in Spa-Francorchamps war das Weltmeister-Team mit extremem Low-Downforce-Paket am Start. "Noch weniger Flügel können wir kaum fahren, dann müssten wir ihn abschrauben", hatte Teamchef Christian Horner vor dem Großen Preis von Italien gescherzt. Am Sonntag in Monza war der Heckflügel an den Autos von Daniel Ricciardo und Sebastian Vettel zwar noch vorhanden, doch weniger ging wirklich nicht mehr.

Das Ergebnis auf dem Papier: Ricciardo war der Speedtrap-König von Monza. Der Australier wurde im Rennen mit 362,1 km/h geblitzt. Da konnten nicht einmal die Mercedes-befeuerten Konkurrenten Valtteri Bottas (360,8 km/h) und Sieger Lewis Hamilton (358,6 km/h) mithalten. Große Kehrtwende in Milton Keynes, nachdem das Team jahrelang für schnellen Kurven-Speed stand, auf den Geraden aber eher verlor?

Ricciardo wurde mit den höchsten Werten geblitzt, Foto: Sutton
Ricciardo wurde mit den höchsten Werten geblitzt, Foto: Sutton

Verzerrtes Bild

Nicht ganz, wie nach dem Rennen herauskam. Zwar war Red Bull im Königlichen Park - der schnellsten Strecke im Kalender - flott unterwegs, doch die nackten Zahlen täuschten etwas über die Realität hinweg. "Das Bild ist verzerrt durch Windschatten und DRS", erklärte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Aber wir sind mit dem geringstmöglichen Abtrieb gefahren. Dadurch war das Auto sehr schwierig zu fahren, aber beide Fahrer haben das perfekt gemeistert."

Auffällig: Im Qualifying war Red Bull wesentlich langsamer unterwegs gewesen. Ricciardo ordnete sich in der Blitzertabelle nur auf dem 13. Platz ein. 345,3 km/h und damit knapp 17 Stundenkilometer langsamer als einen Tag später. Ricciardo hatte schon geahnt, dass sein Auto am Rennsonntag schneller unterwegs sein würde. "Vielleicht funktionieren unsere Flügel besser oder die anderen profitieren mehr von DRS, das wir mit vollen Tanks nicht verwenden", vermutete Vettels Teamkollege.

Wieder einmal eine starke Vorstellung von Daniel Ricciardo, Foto: Sutton
Wieder einmal eine starke Vorstellung von Daniel Ricciardo, Foto: Sutton

Der Punkt macht den Unterschied

In Monza befindet sich der Messpunkt der Speed Trap auf der Start/Ziel-Geraden, unmittelbar vor der Rettifilo-Kurve. Wie konnte Ricciardo nun auf dem Papier der Schnellste im Rennen gewesen sein? Mehrere Faktoren spielen eine Rolle, etwa der Weg hin zum Blitzer. So ist es bedeutend, einen guten Ausgang aus der Parabolica zu erwischen, um den Speed optimal mit auf die Start/Ziel-Gerade zu nehmen. Red Bulls Chassis muss sich nicht vor der Konkurrenz verstecken, das machte sich auch in Italien bemerkbar und half, schnell aus den Kurven herauszukommen.

"Ihr Chassis ist schnell wie der Blitz", sagte Williams-Performance-Chef Rob Smedley auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Wenn man sich den Speed aus dem Kurvenausgang heraus auf die Gerade anschaut, dann sind sie da sehr gut." Die Motoren-Power allein sei nicht ausschlaggebend für den Highspeed. Smedley fasste zusammen: "Wenn du den Ausgang der Kurve richtig erwischst, weil du ein gutes Chassis hast, die Motoren-Einstellungen richtig nutzt und Windschatten hast, kann das schon helfen."

Angesichts der Werte von Red Bull fühlte sich Smedley, früher selbst bei Ferrari tätig, an ein Rennen aus vergangenen Zeiten erinnert. Es sei in Monza schon häufiger passiert, dass Teams, die mehr Wert auf Abtrieb legten, plötzlich schnell auf den Geraden waren. "Das war 2003, als Ferrari gegen Williams kämpfte", so Smedley. "Williams ging auf viel mehr Downforce. Au bestimmten Teilen der Strecke waren sie langsamer auf den Geraden, aber auf der Start/Ziel-Geraden waren sie sehr schnell, weil sie am Ausgang der Parabolica einfach so gut waren."