Luca di Montezemolo war extra nach Barcelona gereist, um an Michael Schumachers ersten Erfolg für die Mythosmarke zu erinnern. Der Rekordweltmeister fuhr 1996 seine erste Saison für Ferrari, beim Regenrennen in Spanien gelang ihm - mit einer unglaublichen Überlegenheit - der erste Ferrari-Sieg seit 357 Tagen, also seit knapp einem Jahr.

Am Montag nach dem Spanien GP sind es genau 365 Tage, die Ferrari kein Rennen mehr gewonnen hat. Fernando Alonso war es, der den Tifosi zum letzten Mal genau an selber Stätte Grund zum Jubeln gab. Seither gab es lediglich sieben Podiumsplatzierungen zu feiern, die letzte vor drei Wochen beim Großen Preis von China - just, als Präsident Montezemolo mit Marco Mattiacci einen neuen Teamchef ins Amt hievte.

Trainerwechsel-Effekt?

Nach den Vorstellungen der Scuderia in den ersten drei Läufen der Saison mutete Alonsos dritter Platz fast sensationell an. Ging mit dem neuen Teamchef ein Ruck durch das Team? Auf der aerodynamisch anspruchsvollen Piste nahe der spanischen Metropole Barcelona holte Fernando Alonso und Kimi Räikkönen die bittere Realität wieder ein - ein Ruck reicht in der Formel 1 nicht.

Lange ist es her, Foto: Sutton
Lange ist es her, Foto: Sutton

Der Finne - nebenbei im Jahr 2007 letzter Ferrari-Weltmeister - wurde von Rennsieger Lewis Hamilton sogar überrundet. Alonso blieb diese Demütigung erspart. Hätte das Rennen eine Runde länger gedauert, hätte aber wohl auch der Spanier dran glauben müssen. Und das, obwohl doch in Spanien traditionell alles anders werden soll.

Jedes Team bringt zum Europa-Auftakt neue Teile wie kein zweites Mal in der Saison. Bei Ferrari ist der Rückstand aber genauso groß wie beim Saisonauftakt. "Beim ersten Rennen waren wir mit einer Safety-Car-Phase eine Minute hinten. Hier gab es kein Safety-Car und es sind anderthalb", musste Alonso konstatieren.

Felipe Massa machte sich bereits vor dem Wochenende etwas über seinen alten Arbeitgeber lustig. "Letztes Jahr kann ich mich an kein Rennen erinnern, bei dem wir Teile an die Strecke gebracht haben, die funktioniert haben - und wir hatten viele neue Teile", nahm der Neu-Williams-Pilot kein Blatt vor den Mund. "Wir haben die Teile immer am Freitagabend wieder abgenommen."

Problemfall Aerodynamik

Nach den Ergebnissen beim Update-Festival in Barcelona drängt sich dieser Verdacht auch in der neuen Saison noch auf. Doch Räikkönen beschwichtigt: "Das ist eine schwierige Strecke und wir haben einige Dinge ausprobiert. Es war ein bisschen besser." Von den vielen Dingen, die Ferrari an die Strecke brachte, wurden aber einige für weniger gut befunden, das gab Alonso bereits am Samstag zu. Der einzige Fortschritt, den Ferrari an diesem Wochenende gemacht hat, so scheint es, ist, dass Räikkönen nun etwas besser mit dem F14 T klarkommt.

Egal, was Ferrari bring: Es bringt nichts, Foto: Sutton
Egal, was Ferrari bring: Es bringt nichts, Foto: Sutton

Drei Tage lang klagte Lokalmatador Alonso über zu wenig Grip. Auch die Balance im Auto war nicht gut. Und der Reifenverschleiß war deutlich höher als bei Mercedes und Red Bull. "Es sind viele kleine Sachen, an denen wir arbeiten müssen", erzählen die beiden Ferrari-Piloten seit Australien. Barcelona hat aufgezeigt, dass es womöglich einmal mehr die Aerodynamik ist, die extreme Probleme bereitet. Auch eine überragende Power Unit kann in Barcelona nicht über aerodynamische Schwächen hinwegtäuschen - das hat auch McLaren gezeigt. Die Briten haben den besten Antrieb und fuhren ohne große Zwischenfälle trotzdem mit keinem Auto in die Punkte.

Nicht erst seit einem Jahr hat Ferrari mit Problemen bei der Aerodynamik zu kämpfen. Seit Jahren schafft es Maranello nicht, auf diesem Metier der Konkurrenz aus Milton Keynes oder jetzt aus Brackley Paroli zu bieten.

Speziell für Fernando Alonso ist die Situation alles andere als einfach: "Es ist nun ein Jahr seit dem letzten Sieg her - das ist leider eine lange Zeit. Wir wären die letzten zwölf Monate gerne in einer Position gewesen, um mehr Siege zu kämpfen. Und es wird wahrscheinlich nicht bald passieren. Wir wurden heute überrundet."

Alte Wunden bei Alonso

Die erste bittere Ferrari-Niederlage gab es 2010 für Alonso - weitere sollten folgen, Foto: Sutton
Die erste bittere Ferrari-Niederlage gab es 2010 für Alonso - weitere sollten folgen, Foto: Sutton

Beim Spanier kommen die Wunden der zwei knapp verlorenen Weltmeisterschaften in Rot hinzu. "Die Möglichkeiten waren da! Ich war 2010 vier Punkte weg und 2012 drei Punkte... Wir waren nah dran, hoffentlich haben wir wieder die Möglichkeit, um eine Meisterschaft zu kämpfen - und dann nutzen wir diese Chance auch hoffentlich. Wir wollen eines Tages wieder die Nummer eins auf unserem Auto haben."

Eines Tages - das klingt nicht nach morgen oder übermorgen. Dabei sollte es bei Ferrari am besten gestern passieren. Aus diesem Grund wurde Alonso 2014 auch Räikkönen an die Seite gesetzt. Massa schien dem Spanier nicht mehr genug Feuer unter den Hintern zu machen. Der Williams-Pilot hat aktuell nur fünf Punkte weniger als Räikkönen. Ob es in Maranello also mehr als einen Fahrwechsel braucht?

"Was in der Vergangenheit passiert ist, macht keinen Unterschied", versucht der Massa-Nachfolger abzulenken. "Wir wissen, dass wir unglaublich viel Arbeit vor uns haben, um aufzuholen. Ob das noch in diesem Jahr passieren wird, das weiß ich nicht. Aber wir wissen für die Zukunft, wo wir schlecht sind. Aber es ist in der Formel 1 nicht so einfach, so viel aufzuholen. Denn die anderen entwickeln auch - und in diesem Sport ist niemand dumm."

Mercedes wie einst der FC Barcelona

Dumm ist auch Alonso nicht. Auch wenn er es nicht öffentlich sagen darf, ernsthaft an den WM-Titel glauben kann er in diesem Jahr nicht mehr. Bei seinem Heim-GP sagte er das diesmal auch erstmals durch die Blume. "Das ist wie in der spanischen Liga. Auch wenn du Sechster oder Siebter bist, musst du noch spielen. Auch wenn du weißt, dass du am Ende hinter Madrid und Barcelona landest."

Madrid und Barcelona: In der Vergangenheit war es für Ferrari nur eines der beiden Teams, im letzten Jahr dann schon hauchdünn beide. Angesichts des eklatanten Rückstandes auf Mercedes scheint man nun sogar in Maranello schon kleinere Brötchen zu backen. "Für uns muss es vielleicht nicht der erste Schritt sein zu gewinnen, sondern nicht weit hinter ihnen ins Ziel zu kommen, ihnen das Leben etwas schwerer zu machen. Sie beanspruchen ihr Auto derzeit nicht einmal und sie machen keine Fehler."