1. Wieso pfiff Red Bull Webber zurück?

Sebastian Vettel achtete auf seine Reifen und verwaltete den Vorsprung auf seinen Teamkollegen Mark Webber. Doch der kam mit Siebenmeilenreifen näher. Christian Horner griff wenige Runden vor Rennende zum Funkknopf und pfiff den Australier zurück – er solle den Abstand zu Vettel beibehalten.

Webber sah das nicht ein. "Wenn Fernando [Alonso] in der letzten Runde ausfällt, kämpfen wir um den Sieg", betonte er. "Natürlich habe ich das Team ignoriert, denn ich wollte einen Platz gutmachen." Horner sah hingegen die Gefahr einer Wiederholung des Teamkollegencrashes von Istanbul im letzten Jahr. "Es machte keinen Sinn, aus Teamsicht beide Autos zu riskieren, denn es war offensichtlich, dass keiner zurückstecken würde."

Niki Lauda kann diese Sichtweise verstehen. "Es war ganz klar, dass sie sich die letzten drei Runden rausfeuern, im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Webber war sehr aggressiv unterwegs und das Christian Horner dann einen Funkspruch loslässt, kann ich verstehen, weil er einfach Angst um seine beiden Autos hatte." Im Gegensatz zu vergangenen Jahren ist Teamorder seit dieser Saison erlaubt. Zudem gab es auch in der Vergangenheit Anweisungen an die Piloten, die Positionen zu halten.

2. Warum war Ferrari plötzlich so stark?

Red Bull Boxenpanne hin, McLaren-Speedverlust her, Ferrari beeindruckte sowohl im Qualifying als auch im Rennen. Waren sie in der Qualifikation so nah dran wie noch nie in diesem Jahr, konnten sie Red Bull im Rennen schlagen. "Ich muss sagen, wir waren im Trockenen sehr stark", freute Fernando Alonso. "Der Red Bull ist immer noch das schnellste Auto, aber die Verbesserungen funktionieren, die wir eingeführt haben."

Ob auch die Einschränkungen beim Auspuff- und Motormanagement eine Rolle bei der Ferrari-Auferstehung spielten, konnte oder wollte Teamchef Stefano Domenicali nicht verraten. Stattdessen verwies er auf die Leistungssteigerung der Scuderia bei den letzten Rennen von Monaco bis Valencia - die allerdings auf Stadtkursen mit einer anderen Charakteristik und viel weicheren Reifen ausgetragen wurden.

Sebastian Vettel konnte Fernando Alonso nicht stoppen, Foto: Red Bull/GEPA
Sebastian Vettel konnte Fernando Alonso nicht stoppen, Foto: Red Bull/GEPA

Trotzdem glaubt Niki Lauda: "Das lag am grunderneuerten Auto. Ob die neuen Regeln dabei eine Rolle spielen oder nicht, kann ich nicht sagen, aber sie haben verdient gewonnen." Jenson Button beurteilt die Situation anders. "Die Sache mit dem angeblasenen Diffusor beeinträchtigt uns und die Red Bulls", meinte er. "Aber Ferrari war jetzt sehr schnell, die haben durch die Diffusor-Geschichte eine ganze Menge gewonnen."

3. Hätte Vettel ohne die Boxenpanne gewonnen?

Vor seinem zweiten Boxenstopp lag Sebastian Vettel mit einem kleinen Sicherheitsvorsprung in Führung. Doch dann versagte der hintere Wagenheber den Dienst, Vettel musste noch einmal aufgebockt werden und verlor wertvolle Zeit sowie Position 1. Danach blieb er hinter Lewis Hamilton hängen und handelte sich einen zu großen Rückstand auf Fernando Alonso ein, um diesen im Schlussstint noch einzuholen.

"Ohne das Problem wäre ich ein ziemliches Stück davor geblieben", weiß Vettel. "Ich war zu dem Zeitpunkt drei, vier Sekunden oder etwas mehr vor Fernando. Wir hätten zumindest den Vorsprung gehalten." Doch hätte, wäre, wenn zählt für ihn nicht. "Aber es wäre ein anderes Rennen gewesen bis zur Zielflagge. Alles in allem war der Speed im Auto vorhanden und es war möglich, zu gewinnen - nach dem Boxenstopp aber nicht mehr."

Angesichts des großen Rückstands versuchte Vettel im letzten Stint nicht mehr, Alonso auf Teufel komm raus einzufangen. "Für mich war klar, dass nach vorne nichts mehr geht, außer Fernando hat einen größeren Fehler", erklärte Vettel. Es sei jedoch unrealistisch gewesen, dem Spanier jede Runde bis zum Ende eine Sekunde abzunehmen. "Deswegen habe ich versucht, meine Reifen so weit zu schonen, dass ich ins Ziel komme - auch in Hinblick darauf, dass wenn das Safety Car rauskommt, ich noch Reifen habe, um zu reagieren."

4. Wieso kollidierten Schumacher und Kobayashi?

Kamui Kobayashis Rennen nahm in Runde 9 eine Wendung zum Schlechten. "Der Zwischenfall mit Michael Schumacher war sehr ärgerlich. Es hat sein Rennen zerstört", klagte Teamchef Peter Sauber über die Kollision des Deutschen mit seinem Fahrer. "Es war absolut unnötig. Er war nicht auf der Bremse, es war in einer Kurve und hat ihn einfach rausgeschubst – das ist nicht gut. Das Minimum wäre, dass er sich entschuldigt."

Kobayashi hielt sich mit Kritik am Rekordchampion zurück, sagte aber: "Wir fuhren offensichtlich nicht nebeneinander, sonst hätte er ja nicht mein Heck getroffen." Schumacher nahm die Schuld auf seine Kappe, ähnlich wie schon vor zwei Wochen bei der Kollision mit Vitaly Petrov. "Die Kollision war zu 100 Prozent meine Schuld", gab der Mercedes-Star zu. "Ich bin mit dem DRS angeflogen gekommen und war überrascht, wie schnell ich war. Die Vorderräder haben blockiert und es hat einfach nicht mehr gereicht, um das Auto noch zum Stehen zu bringen."

Michael Schumacher zerstörte wieder einen Frontflügel, Foto: Sutton
Michael Schumacher zerstörte wieder einen Frontflügel, Foto: Sutton

Nur die Härte der Strafe war aus Schumachers Sicht nicht gerechtfertigt. "Eine Durchfahrtsstrafe wäre nachvollziehbar gewesen, aber zehn Sekunden hat es dieses Jahr bisher noch nicht gegeben." Die Rennstewards verteilten in Silverstone allerdings ausschließlich Stop-and-Go-Strafen, da die neue Boxengasse so kurz ist, dass der Zeitverlust durch eine Drive-Through sehr gering ausgefallen wäre.

5. Was ging bei Buttons Stopp schief?

Plötzlich drohte Jenson Button sein wild drehendes, rechts Vorderrad zu verlieren. Der Brite stellte seinen McLaren ausgangs der Boxengasse ab und beendete sein Heimrennen mit einer Enttäuschung. "Beim Reifenwechsel wollte der Mechaniker den zweiten Schlagschrauber nehmen, weil er eine Mutter verloren hatte, aber dann kam das Zeichen schon, dass ich fahren kann", berichtete Button. "Ich bin losgefahren, aber der Reifen war nicht drauf." Die Rennkommissare belegten McLaren für den Fauxpas mit einer Geldstrafe von 5.000 Euro.

6. Was war an Rosbergs Strategie so besonders?

Immer wieder lobte Nico Rosberg nach dem Rennen die Strategie seines Teams. Dabei hatte dieses ihm einiges abverlangt: "Wir wollten, dass er ab Runde 30 bis zum Ende durchfährt", verriet Ross Brawn. "Diese Aufgabe hat er sehr gut gemeistert." Mit seinem letzten Reifensatz fuhr Rosberg somit 22 Runden.

"Ich war überrascht, dass ich so selten an die Box kam", sagte Rosberg. "Ich hatte viel mehr Stopps erwartet." Aufgrund seiner abgenutzten Reifen musste er sich in der Schlussphase gegen Sergio Perez zur Wehr setzen. "Wenn er direkt hinter mir fährt, ist es für seine Reifen noch härter, weil er durch mein Auto schlechten Abtrieb hat", erklärte Rosberg. "Das machte seine Reifen noch mehr kaputt. Deswegen hielt er ein paar Runden durch, am Ende war aber wohl auch bei ihm alles vorbei."

Brawn freute sich hingegen darüber, dass der nimmersatte Reifenfraß namens Silberpfeil dank der neuen Updates mittlerweile ganz umgänglich mit den Pneus umgeht. "In den vergangenen Rennen hatten wir Schwierigkeiten mit dem Reifenverschleiß, aber heute Nachmittag konnten beide Fahrer über 115 km mit einem Option-Reifensatz fahren - wir scheinen auf diesem Gebiet also gute Fortschritte erzielt zu haben", sagte Brawn.

7. Warum kollidierten Buemi und di Resta?

Sebastien Buemis Rennen endete mit einem aufgeschlitzten Reifen, den er sich im Duell mit Paul di Resta zuzog. "Vom Cockpit sah es so aus, als ob ich auf der trockenen Linie war", so Buemi. "Er hat versucht, innen anzugreifen, wo die Streckenoberfläche noch feucht war. Daher konnte er nicht so hart bremsen wie sonst und dann habe ich einen Einschlag gespürt."

Während der Schweizer die Aktion als Rennunfall abtat, war sein Teamchef Franz Tost weniger begeistert: "Die Kollision war eindeutig die Schuld des Force-India-Fahrers. Sebastien musste danach leider am Streckenrand aufgeben, weil der Reifen beschädigt war."

8. Wofür wurde Sauber bestraft?

Buemi und di Resta kamen sich zu nahe, Foto: Sutton
Buemi und di Resta kamen sich zu nahe, Foto: Sutton

Wie McLaren erhielt auch Sauber eine Geldstrafe für "unsicheres Loslassen" eines Fahrers in der Box. Dabei wäre Kamui Kobayashi beinahe in der engen Boxengasse mit dem Williams von Pastor Maldonado kollidierte. Der Japaner konnte rechtzeitig ausweichen, riss dabei aber die Luftschläuche von Force India aus der Verankerung.

Die Schuld für die Beinahe-Kollision mit Pastor Maldonados Williams in der Boxengasse nahm das Team auf sich. "Beim folgenden Boxenstopp hatten wir ein Problem, weshalb wir ihm später als geplant das Signal zum Losfahren geben konnten, und dann kam es leider zu der Überschneidung mit dem Williams", erklärte Technikchef James Key. Die Folge: 20.000 Euro Geldstrafe.

9. Warum lagen bei di Restas Stopp keine Reifen parat?

Die Szene erinnerte an den Nürburgring und Eddie Irvine: Als Paul di Resta die Force India Box aufsuchte, standen keine Reifen für ihn parat. "Wir haben Paul für den zweiten geplanten Stopp gerufen, aber zur selben Zeit berichtete Adrian im Funk von einem Plattfuß", erklärte Teamchef Vijay Mallya. "Wir haben versucht, Paul draußen zu halten, um Adrians Auto zu versorgen, aber es war zu spät und Paul war bereits in der Boxengasse."