Zwei Rennwochenenden stehen in der DTM-Saison 2023 noch aus, bis der neue Meister gefunden ist. Vieles deutet auf einen Titel-Zweikampf zwischen Spitzenreiter Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini) und Herausforderer Thomas Preining (Manthey-Porsche) hin. Das Duo trennt vor dem anstehenden DTM-Event auf dem Red Bull Ring (22.-24.September) gerade einmal neun Punkte (173 zu 164).

Die Frage vor den beiden Rennen in Spielberg: Kann Ricardo Feller (Abt-Audi) als Gesamt-Dritter noch entscheidend ins Meisterschaftsgeschehen eingreifen? Der Schweizer hat 142 Punkte auf dem Konto und erlebte zuletzt am Sachsenring einen Rückschlag, als er nachträglich seinen Podestplatz und damit sechs Punkte in Folge einer 5-Sekunden-Zeitstrafe verlor. "Unverständlich", urteilte dazu die Abt-Mannschaft, die ihre Felle(r) davonschwimmen sieht.

Ricardo Feller: "Normalerweise chancenlos"

Feller selbst machte sich im Vorfeld des Österreich-Wochenendes keine allzu großen Hoffnungen. "Ich mag die Strecke", wurde der 23-jährige GT-Senkrechtstarter in einer Pressemitteilung von Abt Sportsline zitiert. "Ich bin dort aber bisher immer einen Audi R8 gefahren und für dieses Auto ist es mit den langen Geraden am Red Bull Ring nicht ganz einfach. Normalerweise sind wir dort chancenlos. Aber vielleicht geschieht in diesem Jahr ja ein Wunder."

Wunder gibt es bekanntermaßen immer wieder, doch für Feller bräuchte es mit Blick auf die harten Fakten schon ein großes. Audi-Fahrer können sich angesichts der bisherigen Bilanz die Reise in die beschauliche Steiermark - für die Äbte 500 Kilometer aus der Heimat in Kempten - schon fast sparen. Weder in der GT3-DTM seit 2021 noch im ADAC GT Masters seit dem Spielberg-Debüt im Jahr 2011 zählten die unterschiedlichen Modelle des Audi R8 LMS GT3 zu den Sieganwärtern.

DTM-Tabelle 2023 nach 12/16 Rennen

Pos.FahrerTeamPunkte
1Mirko BortolottiSSR-Lamborghini173
2Thomas PreiningManthey-Porsche164
3Ricardo FellerAbt-Audi142
4Sheldon van der LindeSchubert-BMW113
5Luca StolzHRT-Mercedes106

Rast-Podest sorgt für Hoffnung im Audi-Lager

Für einen Hoffnungsschimmer sorgte der heutige BMW-Werksfahrer Rene Rast, der beim letztjährigen DTM-Lauf in Spielberg zunächst die Pole Position eroberte und nach einer Drei-Platz-Gridstrafe immerhin den zweiten Rang eroberte. Damals stand der dreifache DTM-Champion noch in Diensten der Äbte und kämpfte an der Seite seiner Audi-Teamkollegen Feller und Kelvin van der Linde um Punkte. Rast hat gezeigt: Es geht doch mit dem Mittelmotor-Rennwagen, der auf Strecken mit hohem Topspeed-Anteil seine liebe Mühe hat.

Rast bildete wie so oft jedoch eine Ausnahmeerscheinung, üblicherweise gibt es für Audi nur wenig Zählbares auf dem Red Bull Ring zu holen. Im ADAC GT Masters, das am kommenden Wochenende wieder im Rahmen der DTM gastiert, gelangen in den letzten Jahren nur Dennis Marschall/Kim Luis Schramm (2021) und Kelvin van der Linde/Patric Niederhauser (2019) Podesterfolge. Zu den Favoriten in Spielberg zählen vielmehr BMW, Ferrari oder Porsche.

"Auf dem Red Bull Ring braucht man Topspeed", weiß Kelvin van der Linde. "In der Vergangenheit war das leider keine Audi-Strecke. Ich hoffe, wir haben in diesem Jahr bessere Chancen. Ricardo kämpft noch um die Meisterschaft und auch die Teammeisterschaft wollen wir gewinnen. Deshalb wäre es wichtig, dass wir dort performen."

Ricardo Feller mit Abt-Audi beim DTM-Rennen am Lausitzring mit Teammitgliedern
Hat Ricardo Feller noch Chancen auf den DTM-Titel 2023?, Foto: Gruppe C GmbH

BoP: DTM erstmals auf C-Strecke zu Gast

Hoffnungen auf einen deutlichen Zugewinn bei der Balance of Performance wurden im Vorfeld zerschlagen. Die Audi bleiben in der Einstufung durch Dienstleister SRO bei einem 36 Millimeter großen Restriktor. Zuletzt hatte der neue Porsche 911 GT3 R hier Zugeständnisse erhalten. Ein direkter Vergleich zwischen dem Sachsenring und Spielberg ist nur bedingt möglich, da es sich um unterschiedliche Streckenkategorisierungen handelt. Alle bisherigen DTM-Strecken fielen bei SRO unter die Kategorie 'D' (langsam, Medium-Downforce), bei Spielberg handelt es sich um einen 'C'-Kurs (mittelschnell, Higher-Downforce).

Im Vergleich zum Sachsenring müssen die Audi in der aktuellen BoP-Version 5 Kilogramm zuladen und fahren mit einem Gesamtgewicht von 1.310 Kilo. Auch BMW (+20 Kilo), Lamborghini (+10 Kilo) und Ferrari (+5 Kilo) erhalten zusätzlichen Ballast an Bord, während Porsche und Mercedes-AMG je 5 Kilogramm ausladen dürfen. Am Donnerstag vor dem Rennwochenende steht ein Testtag für die DTM-Teams auf dem Programm, im weiteren Verlauf könnte es wieder Änderungen an der Balance of Performance geben.

Martin Tomczyk: "Vorfreude leider etwas getrübt"

"Leider ist unsere Vorfreude etwas getrübt, weil unser Fahrzeugkonzept nicht ganz so gut zum Red Bull Ring passt", sagt der frühere DTM-Champion und heutige Abt-Motorsportdirektor Martin Tomczyk. "Aber das heißt natürlich nicht, dass wir aufgeben. Wir wollen die Meisterschaft offenhalten und Ende Oktober in Hockenheim um beide Titel kämpfen. In der DTM ist immer alles möglich und auch das Wetter kann am kommenden Wochenende durchaus eine entscheidende Rolle spielen."

Für den Trainings-Freitag und den anschließenden ersten Renntag besteht nach aktuellem Stand eine hohe Regenwahrscheinlichkeit. Die Temperaturen sinken auf bis zu 15 Grad - halb so viel wie zuletzt auf dem Sachsenring. Die erwartet kühlen Bedingungen wirken sich auf das Verhalten der Pirelli-Reifen aus, mit denen die DTM erstmals in diesem Jahr an den Start geht.