Zumindest die Statistik scheint klar an Gary Paffett zu gehen: Auch wenn der Brite im Rennen zwei Mal einstecken musste, versammelte sich auf dem Norisring die größere Anzahl an Journalisten beim Briten am Tisch. Knapp 20 Minuten berichtete Paffett von den Geschehnissen auf dem Stadtkurs, etwa die Hälfte der Zeit verbrachte man mit den beiden Kollisionen zwischen ihm und Mortara. Der Audi-Pilot kam dagegen nur auf etwas mehr als neun Minuten, in denen er einer kleinen Gruppe an Reportern den Zwischenfall schilderte - Motorsport-Magazin.com war in beiden Fällen hautnah dabei.

Obwohl Rennfahrer ja in Bezug auf die meisten Angelegenheiten unterschiedliche Meinungen haben, war man sich in einer Sache einig. Beide Kollisionen, sowohl in der Grundig-Kehre als auch am Dutzendteich, hätten vermieden werden können. Doch auch wenn Mortara den ersten Unfall zum größten Teil auf seine Kappe nahm, konnte er es sich nicht verkneifen, seinem britischen Kontrahenten zumindest einen kleinen schwarzen Peter zuzuschieben.

"Ich habe eine Lücke gesehen und er fährt erst nach rechts, dann wieder nach links und bremst viel früher. Das hat mich natürlich überrascht und ich konnte nicht mehr ausweichen", so Mortara über den Zwischenfall wenige Runden vor dem Ziel. Die Version von Paffett klingt, wie sollte es auch sein, etwas anders: "Ich bin die ganze Gerade lang auf der linken Seite gefahren und er hat einfach nicht gebremst. Ohnehin hätte ich keine Chance gegen ihn gehabt, schließlich hatte er viel frischere Reifen und war deutlich schneller."

Immerhin ein gemeinsamer Nenner

Am Sonntag gab es für Paffett nichts mehr zu Lachen, Foto: DTM
Am Sonntag gab es für Paffett nichts mehr zu Lachen, Foto: DTM

Zurück zu Mortara, zurück zu einer weiteren Meinungsverschiedenheit. "Es war die letzte Runde, auf der ich DRS benutzen durfte. Das macht auf dem Norisring viel aus und ich wollte es nützen, da der Mercedes auf der Geraden sehr schnell ist. Ich brauchte DRS, denn sonst ist es sehr schwer zu überholen", berichtete Mortara aus seiner Perspektive. Immerhin, da waren sich beide Kandidaten einig: Der Treffer war heftig, beide Autos danach beschädigt, der Audi des Italieners aber noch eine Spur stärker.

Letztlich gilt - zumindest bei der ersten Kollision - aber wohl die Faustregel, die auch wir aus dem Straßenverkehr kennen: Wer hinten drauf fährt, trägt die Hauptschuld. Für Mortara war es jedenfalls kein Problem, nach dem Ausfall zu Paffett zu gehen und sich für den ersten Treffer zu entschuldigen. "Er kam zu mir, ich habe mich entschuldigt und sagte, dass der erste Unfall keine Absicht war. Es sind keine netten Worte gefallen, aber das gehört zum Spiel dazu." Kurios: Paffett kann sich an kein Gespräch mit Mortara erinnern, will aber ein ruhiges Gespräch nachholen, wenn sich die Gelegenheit bietet.

Auf einen gemeinsamen Nenner wollten Paffett und Mortara unabhängig voneinander jedenfalls noch nicht kommen. Auch beim zweiten Zwischenfall gibt es, wer hätte es anders gedacht, zwei Meinungen. "Ich habe ihm genügend Luft gelassen, zwei Wagenbreiten kann ich ihm allerdings nicht geben, schließlich fahren wir ja ein Rennen. Und überhaupt - wenn das in der ersten Kurve nicht passiert wäre, müssten wir uns gar nicht darüber unterhalten", so Paffett. "Der zweite Unfall war absolut nicht mein Fehler", verteidigt sich Mortara, denn schließlich sei Paffett ja schon fast vorbei gewesen. "Er war wohl noch etwas frustriert vom ersten Unfall."

Nach langer und intensiver Recherche haben wir dann doch noch einen Punkt gefunden, in dem sich beide Fahrer einige waren: Man hätte locker auf das Podium fahren und wichtige Punkte mitnehmen können. Paffett hätte zu Mike Rockenfeller und Bruno Spengler aufgeschlossen, Mortara hätte sein bisher spärlich gefülltes Punktekonto dick und fett auffüllen können. Die Rennleitung sah es wohl ähnlich und verteilte keine wilden Strafen: Beide Streithähne gehen mit einer Bewährungsstrafe von fünf zusätzlichen Startplätzen in die nächste beiden Rennen und dürfen sich dort nichts zu Schulden kommen lassen.