Es war eines dieser Rennen, bei dem sich wohl jeder für die Sieger freute: Bei der 51. Auflage des 24h-Rennen Nürburgring feierte Frikadelli Racing einen höchst emotionalen Sieg und triumphierte zum ersten Mal beim Heimspiel in der Eifel. Earl Bamber, Nicky Catsburg, Felipe Fernandez Laser und Schlussfahrer David Pittard führten den #30 Ferrari 296 GT3 mit einem neuen Rundenrekord (162 Runden bzw. 4.111,236 km) zum großen Erfolg.

Dass die Frikadelli-Truppe den ersten Nürburgring-Gesamtsieg eines italienischen Sportwagens und den weltweit ersten 24h-Erfolg für den neuentwickelten GT3-Ferrari eintütete, war die eine Sache. Entlang der Nordschleife dachte im Moment des Zieleinlaufs aber kaum jemand an Statistiken und Meilensteine, sondern nur an einen Namen: Sabine Schmitz.

Frikadelli-Chef Abbelen: Diesen Erfolg widmen wir Sabine

Die 'Königin des Nürburgrings' und zweimalige Gesamtsiegerin, die am 16. März 2021 im Alter von nur 51 Jahren einem langen Krebsleiden erlag, war über viele Jahre hinweg ein fester Bestandteil der sympathischen Frikadelli-Truppe und bis zuletzt die Lebensgefährtin von Teamchef Abbelen. 2008 fuhr das Paar zusammen mit den Teamkollegen Kenneth Heyer und Dr. Edgar Althoff beim 24h-Rennen im Porsche auf den dritten Platz. Ein Sieg sollte der 'Frikadelle' verwehrt bleiben, stattdessen klappte es jetzt mit Ferrari.

"Diesen unerwarteten Erfolg widmen mein Team und ich vor allem Sabine, die sicher im Himmel zugeschaut und uns die Daumen gedrückt hat", sagte Abbelen kurz nach dem Zieleinlauf zu Motorsport-Magazin.com und dürfte damit viele Fans zu Tränen gerührt haben. "Es ist nicht zu fassen, was heute passiert ist. Wir sind hier bei unserem Heimspiel mit einem völlig neuen Auto erstmals an den Start gegangen und haben damit auf Anhieb auch unseren ersten Gesamtsieg erzielt."

Klaus Abbelen mit seiner Lebensgefährtin und Teamkollegin Sabine Schmitz, Foto: Jan Brucke/VLN
Klaus Abbelen mit seiner Lebensgefährtin und Teamkollegin Sabine Schmitz, Foto: Jan Brucke/VLN

"Sabine Schmitz hat uns vom Himmel aus geholfen"

Wie kaum ein anderes Top-Team verkörpert Frikadelli Racing diesen im Motorsport wohl einzigartigen Nordschleifen-Flair - und wird auch deshalb von den Fans verehrt. Beinharte Streckenkämpfe auf der einen Seite, ein gemeinsames Kölsch am Abend auf der anderen. Bestes Beispiel beim diesjährigen Eifel-Klassiker: Abbelen stellte dem Walkenhorst-Team aus Melle seine Werkstatt zu Verfügung, um den im Top-Qualifying verunfallten BMW M4 GT3 rechtzeitig zum Rennstart reparieren zu können. "Ich schaue vorbei und gucke, ob ich anpacken kann", sagte Abbelen und sorgte damit für einen weiteren Gänsehaut-Moment bei den Fans.

"Der Klaus ist einer von hier", sagte der erstmalige Rennsieger Felipe Fernandez Laser, der durch seine früheren Starts für Glickenhaus bestens vertraut ist mit Fan-Lieblingen auf der Nordschleife. In der Zwischenzeit hatte Teamchef Abbelen bereits die ersten Kölsch für seine Siegermannschaft organisiert. Der gebürtige Uelzener Fernandez Laser weiter: "Sabine Schmitz hat uns vom Himmel aus geholfen. Ich freue mich sehr für den lieben Klaus." Teamkollege Catsburg ergänzte nach seinem zweiten 24-Stunden-Triumph: "Unglaublich, was für ein Sieg!"

Den hatte sich Frikadelli Racing schon im Jahr 2021 fest vorgenommen, natürlich im Gedenken an Sabine Schmitz. Das sollte allerdings ebenso wenig klappen wie der im Anschluss geplante Start bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps, den das Team mit seinen beiden stark besetzten Porsche 911 GT3 R in Folge der schlimmen Flut-Katastrophe absagte. "Trotz aller Liebe für den Motorsport hat die Aufarbeitung der Geschehnisse und Hilfestellung in einer solchen Ausnahmesituation absolut Vorrang", bewies Chef Abbelen abermals ein großes Herz.

Ein ebenso großes wie Lebensgefährtin Sabine Schmitz, die auch zwei Jahre nach ihrem Ableben weiter in den Herzen der Motorsport- und Nordschleifen-Fans mitfährt. Im vergangenen Jahr erhielt 'Bienchen' eine eigene Kurve auf ihrer geliebten Nordschleife, die 'Sabine-Schmitz-Kurve', am Ortsrand von Nürburg - nur wenige Meter entfernt von hier wuchs die weltweit beliebte Rennfahrerin auf. Ihr gesamtes Leben verbrachte Schmitz an und auf der 20,832 Kilometer langen Nordschleife. Mehr als 30 Jahre lang bewegte sie hier Rennwagen am Limit - mehr als 30.000 Runden waren es insgesamt.

Sabine Schmitz: Eine der prägendsten Persönlichkeiten

Mit einer eigenen Kurve ordneten die Verantwortlichen des Nürburgrings Sabine Schmitz in die Reihe ihrer prägendsten Persönlichkeiten ein. Neben ihr tragen nur drei weitere Streckenabschnitte die Namen von Rennfahrern: der siebenmalige Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher, Rudolf Caracciola, der legendäre Sieger des Eröffnungsrennens 1927 sowie Stefan Bellof. Der Porsche-Werkfahrer hatte im 956 am 28. Mai 1983 beim Training zum 1.000-Kilometer-Rennen den bis heute bestehenden Rundenrekord (6:11.13 Minuten) bei einer Renn-Veranstaltung auf der etwas mehr als 20 Kilometer langen Nordschleife aufgestellt.

Sabine Schmitz ist nicht nur die erste Rennfahrerin, die in der 94-jährigen Geschichte der Nordschleife eine eigene Kurve auf dem Nürburgring erhält. Sie ist bis heute auch die einzige Frau, die das 24-Stunden-Rennen auf der berühmtesten und anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt gewinnen konnte. Dem ersten Triumph 1996 ließ sie nur ein Jahr später einen zweiten Gesamtsieg im ikonischen BMW-Eifelblitz folgen.

Unvergessen: Sabine Schmitz, Foto: Frikadelli
Unvergessen: Sabine Schmitz, Foto: Frikadelli

Diese Erinnerungen lebten am Sonntag beim 51. 24h-Rennen Nürburgring wieder auf, als die Frikadelli-Mannschaft den Ferrari 296 GT3 unter großem Jubel zum Sieg führte. "Ich habe immer nur an die nächste Kurve gedacht. Dann bei der Bilsteinbrücke wusste ich, das Rennen gehört uns. Danach war es eine Explosion der Emotionen", hätte es Schlussfahrer David Pittard kaum besser zusammenfassen können.

Sabine Schmitz: Tribut für die Königin des Nürburgrings (10:49 Min.)