Es passte irgendwie ins Gesamtbild von BMW M Motorsport beim 24h-Rennen Nürburgring 2022: Wenige Minuten nachdem sich Schubert-Motorsport-Teamchef Torsten Schubert noch leise Hoffnungen auf einen Podestplatz ‚seines’ #20 BMW M4 GT3 gemacht hatte, musste das BMW-Quartett Krohn/Sims/Klingmann/Krütten den qualmenden Rennwagen in der Box abstellen. Ausfall auf Platz fünf liegend nur 30 Minuten vor dem Ende des 24-stündigen Rennens!

Bei der 50. Auflage des Eifel-Klassikers erlebte BMW nichts weniger als ein sportliches Debakel - und das ausgerechnet beim 50-jährigen Firmenjubiläum der BMW M GmbH, wofür der Autobauer aus München am Nürburgring groß aufgefahren hatte mit Legenden-Rennen und Co. im Rahmenprogramm.

24h Nürburgring: BMW abgeschlagen

Die traurige Bilanz aus Sicht von BMW nach dem späten Ausfall des Schubert-Autos: Der bestplatzierte BMW M4 GT3 - das neuentwickelte Kundensport-Flaggschiff als Nachfolger des BMW M6 GT3, der zwischen 2016 und 2021 eigentlich nur auf der Nordschleife und in Spa-Francorchamps glänzen konnte - landete auf dem 47. Gesamtplatz im Feld der 135 Autos aus unterschiedlichen Klassen.

Ausgerechnet der privat eingesetzte #102 Walkenhorst-BMW M4 GT3 (Müller/Bohlen/Tuck/Schmidt-Staade) sah als einziger Vertreter der Münchner GT3-Riege die Zielflagge. Der Rückstand des Pro-Am-Quartetts fiel nach zahlreichen Problemen mit 14 Runden auf den Gesamt- und Klassensieger #5 Phoenix-Audi deutlich aus. Dass in den Top-8 ausschließlich Audi und Mercedes-AMG die Plätze unter sich ausmachten, war ein herber Schlag für BMW.

Sechs der sieben mit großen Hoffnungen ins 24h-Rennen Nürburgring gestarteten BMW M4 GT3 waren vorzeitig ausgefallen. Darunter die beiden Autos der Langstrecken-Experten von ROWE Racing (Nürburgring-Sieger 2020 und Gesamtzweiter 2021), der angesprochene Schubert-BMW (vergangene Woche mit vier Siegen in der DTM und im ADAC GT Masters), das talentierte und von RMG betreute BMW-Junior Team sowie zwei weitere privat von Walkenhorst-Motorsport eingesetzte Fahrzeuge.

24h Nürburgring 2022: Zusammenfassung, Highlights, Unfälle (14:05 Min.)

BMW-M-Boss van Meel: Extrem blöd und unnötig

Während seines Auftrittes im 24h-Livestream redete Franciscus van Meel, Geschäftsführer der BMW M GmbH, nicht um den heißen Brei herum. "Wir sind alle sehr enttäuscht", so der deutschsprachige Niederländer. "Es ist extrem blöd, wenn man in den ersten zwei Stunden mit dem Messer zwischen den Zähnen zwei Autos wegwirft. Das waren fahrerische Fehler und die waren unnötig. Dann noch ein technischer Defekt beim ROWE-BMW, das kann passieren. Vom Start weg bis zum Porsche-Unfall sind alle hart gefahren und auch mit viel Risiko. Das kann gutgehen, muss aber nicht. Das Rennen wird nicht durch die BoP entschieden, sondern durch die Arbeit der Teams."

Gemeint waren die beiden Unfälle des #99 ROWE-BMW (De Phillippi/Eng/Farfus/Yelloly), als Nick Yelloly den #27 Toksport-WRT-Porsche (Andlauer/Campbell/Jaminet) nach einem vorangegangenen Boxen-Crash wenig später auf der Strecke unsanft aus dem Rennen beförderte, und des #72 BMW Junior Team (Harper/Hesse/Verhagen). Das Nachwuchs-Trio leistete sich zunächst einen Unfall ausgerechnet mit einem BMW 330i – der Horror für jede Marketing-Abteilung - und crashte später in den frühen Morgenstunden heftig auf der Nordschleife.

BMW-Junior Max Hesse zum Ausfall des #72-BMW: „Wir waren immer vorne dabei, doch dann hat der Unfall von Dan (Harper; d. Red.) uns alle Chancen auf ein gutes Resultat genommen. Trotzdem hat das BMW M Team RMG einen fantastischen Job gemacht und das Auto schnell wieder repariert. Dann habe ich in meinem zweiten Stint in der schnellen Mutkurve das Heck verloren und konnte es nicht mehr einfangen. Das war es dann. Nach all der Vorbereitung nun mit leeren Händen dazustehen, tut sehr weh.“

ROWE-Teamchef: „Zielvorgabe nicht erfüllt“

„Wir sind zu dritt in die Kurve eingefahren, und als ich gemerkt habe, dass der Porsche von ganz rechts rüberzieht, konnte ich nicht mehr rechtzeitig bremsen. Letztlich war es ein Fehler von mir“, nahm ROWE-Pilot Yelloly, Sieger der 24h Nürburgring 2020, den Unfall des #99 BMW M4 GT3 auf seine Kappe.

Für das erfahrene Langstrecken-Team ROWE Racing, 2020 Sieger der 24h Nürburgring sowie des 24-Stunden-Rennen Spa-Francorchamps, gab es diesmal nichts zu holen. Neben dem Ausfall der #99, fiel auch das Schwesterauto #98 (Catsburg/Edwards/S. van der Linde/Wittmann) wegen eines heftigen Einschlags in die Leitplanken hinter der Niki Lauda Kurve aufgrund eines vermutlichen Radlager-Schadens in der Nacht auf Sonntag frühzeitig aus.

„Das ist natürlich sehr bitter, wenn man weiß, dass das Fahrzeug siegfähig gewesen wäre“, sagte ROWE-Teamchef Hans-Peter Naundorf. „Aber wir haben auch unsere Zielvorgabe eines fehlerfreien Rennens nicht erfüllt und zudem gesehen, dass unser neues Fahrzeug über die Distanz noch nicht standfest genug ist.“ Auch die zwei weiteren privat von Walkenhorst Motorsport eingesetzten BMW M4 GT3 waren nach Schäden chancenlos.

BMW als Favorit ins 24h-Rennen gestartet

Umso ärgerlicher waren all die BMW-Ausfälle nach den zuvor starken Leistungen auf der Nordschleife in den NLS-Rennen, bei den 24h-Qualifyers und auch in den Sessions kurz vor dem Hauptrennen. BMW galt vor dem Rennstart sogar als großer Favorit auf den Gesamtsieg!

Der #99 ROWE-BMW ging von Startplatz zwei ins Rennen, insgesamt drei BMW M4 GT3 starteten aus den Top-8 der Startaufstellung. Zwischenzeitlich führten unterschiedliche BMW-Teams sogar das Klassement an, bis Unfälle und technische Probleme an allen Ecken und Enden einsetzten.

“Besonders ärgerlich ist, dass wir bereits früh durch eigene Fehler zwei Top-Fahrzeuge verloren haben“, zeigte sich BMW-Motorsportchef Andreas Roos enttäuscht. „Da haben wir uns von der allgemeinen Hektik auf der Strecke leider anstecken lassen. Sheldon van der Linde konnte nichts für seinen Unfall. Er hatte einen Defekt an der rechten Vorderradaufhängung. Schubert Motorsport lag bis kurz vor Schluss auf Platz vier, hatte dann aber Probleme mit Überhitzung im Motorraum.“