Die Formel 1 startet am kommenden Wochenende in Bahrain in ihre neue Saison. Doch auch in einer anderen bedeutenden Formelserie geht am Sonntag das erste Saisonrennen über die Bühne: Die Indycar startet in St. Petersburg (Florida) in die neue Saison. Aber wo liegen eigentlich die größten Unterschiede zwischen der Formel 1 und ihrem US-amerikanischen Gegenstück?

Indycar vs. Formel 1: Die Autos

Eines der bedeutendsten Unterscheidungsmerkmale zwischen der Formel 1 und der Indycar liegt in der Technik-Philosophie. Die Indycar ist eine Spec-Serie, vergleichbar mit der Formel 2. Das bedeutet, dass die Autos nicht von den Teams selbst hergestellt werden, sondern alle Fahrer mit demselben Chassis ausgestattet sind - und dieses wird im Dallara-Werk in Indiana produziert. Der Dallara DW12 (auch IR-12 genannt) debütierte 2012 in der Indycar und ist benannt nach dem ehemaligen Champion Dan Wheldon, der 2011 bei einem Unfall in Las Vegas verstarb.

Gewichtsmäßig liegt die Indycar mit je nach Streckentyp 745 bis 765 Kilogramm Mindestgewicht unter der Formel 1 (798 kg), allerdings produzieren die Motoren mit bis zu 750 PS deutlich weniger Leistung als die F1-Autos mit ihren gut 1000 PS. Auf den großen Ovalen wie in Indianapolis drosselt man die Indycar-Boliden durch ein verringertes Turbo-Boost-Level sogar bis auf etwa 600 PS. Bei den Antriebseinheiten unterscheiden sich die Einheitsboliden voneinander: Die Teams haben die Wahl zwischen Honda- und Chevrolet-Motoren.

Wie viel langsamer ist die Indycar?

Von den Rundenzeiten her kann die Indycar nicht mit der Formel 1 mithalten. Die schnellste Qualifying-Runde beim bislang einzigen Auftritt auf einer aktuellen Grand-Prix-Strecke 2019 in Austin lag schlappe 13 Sekunden über der Formel-1-Pole-Zeit 2022, wobei man dieses Zeitintervall aufgrund unterschiedlicher Streckenverhältnisse mit Vorsicht genießen muss. In Wahrheit liegt die Differenz wohl knapp darunter.

Im Renntrim ist die Indycar-Serie etwas näher an der Formel 1 dran. Die Differenz zwischen den beiden obgenannten Rennen in Austin betrug gemessen an der schnellsten Runde nur noch etwa 10 Sekunden. Der Topspeed kann sich allerdings sehen lassen: Auf dem Oval von Indianapolis erreichen die Indycars mit einem speziellen Aerokit Spitzengeschwindigkeiten von über 385 Km/h, der Formel-1-Topspeed im Jahr 2022 lag hingegen nur bei 351 Km/h.

In der Indycar-Serie steht allerdings ein Umbruch an: Ab 2024 ist die Einführung von Hybrid-Motoren geplant, wobei jedoch die aktuelle Verbrennerkomponente übernommen wird. Die Einführung eines neuen Chassis als Nachfolger für den in die Jahre gekommenen DW12 ist auch geplant, wurde aber in den letzten Jahren mehrmals verschoben.

Indycar vs. Formel 1: Die Kosten

Die Formel 1 sträubt sich derzeit gegen die Erweiterung des Feldes auf mehr als 20 Piloten. Da in der Indycar das Starterfeld nicht per Reglement limitiert ist, liegen die Einstiegshürden deutlich tiefer - auch finanziell. Während die Budgetdeckelung der Formel 1 2023 ungefähr bei 152 Millionen US-Dollar liegt, kostet der Betrieb eines vergleichbaren Indycar-Teams mit zwei Fahrzeugen etwa 15 Millionen US-Dollar, also circa ein Zehntel.

Indycar: Start in St. Petersburg, Foto: LAT Images
Indycar: Start in St. Petersburg, Foto: LAT Images

Dieser Wert umfasst aber natürlich auch sämtliche Kostenfaktoren, die in der Königsklasse außerhalb des Budget Caps liegen. Ein Chassis ist dabei noch verhältnismäßig günstig. Für einen Dallara DW-12 zahlt man etwas mehr als eine halbe Million US-Dollar, für das Leasing des Motors kommen noch einmal bis zu 2 Millionen Dollar dazu.

Indycar vs. Formel 1: Teams und Fahrer

Das Fahrerfeld ist seit Jahren stabil. 2023 sind 27 Fahrzeuge für die gesamte Saison gemeldet, so viele wie noch nie zuvor in der DW12-Ära. Dazu kommen noch Teilzeit-Programme, vor allem beim Indy 500. Unter den Fahrern befinden sich mit Romain Grosjean, Alexander Rossi, Marcus Ericsson und Takuma Sato auch eine Reihe an ehemaligen Formel-1-Piloten, zu den Topfavoriten auf die Meisterschaft zählt allerdings keiner davon.

Diese Rolle nehmen vor allem zwei Teams ein: Chip Ganassi Racing und Team Penske. Allen voran Titelverteidiger Will Power (Penske) und sein Teamkollege Josef Newgarden. Der Doppel-Champion schaffte das Kunststück, die letzten drei Saisonen jeweils auf Rang 2 zu beenden. Der dritte im Bunde bei Penske ist Scott McLaughlin. Der dreimalige Australian-Supercars-Champion geht als Geheimtipp in seine erst dritte Saison im Formelsport, im Vorjahr gewann er zwei Indycar-Rennen.

Chip Ganassi Racing hat ebenfalls mehrere heiße Eisen im Feuer. Scott Dixon ist als sechsfacher Champion ein Indycar-Dauerbrenner, dem auch im Alter von 42 Jahren noch eine Teilnahme am Titelkampf zuzutrauen ist. Dazu kommt Alex Palou, der sich 2021 zum Meister krönte. Er ist zwar nach langen Vertragsstreitigkeiten rund um einen gescheiterten McLaren-Wechsel eher wider Willen noch beim Team, fahrerisch zählt aber auch der Spanier zu den Toppiloten.

Indy-500-Champ Ericsson steht ebenfalls bei Ganassi unter Vertrag und hat zumindest Außenseiter-Chancen im Titelkampf. Zum erweiterten Kreis der Titelanwärter rechnen sich auch die McLaren-Piloten Pato O'Ward und Alexander Rossi. Andretti-Mann Colton Herta zählt ebenfalls zu den schnellsten Piloten im Feld, aber ihm fehlte in den letzten Jahren die Konstanz um ernsthaft um die Meisterschaft mitzukämpfen.

Indycar vs. Formel 1: Strecken & Sicherheit

Indycar: Highspeed-Unfälle gehören vor allem in Indianapolis mit dazu., Foto: IndyCar/Screenshot
Indycar: Highspeed-Unfälle gehören vor allem in Indianapolis mit dazu., Foto: IndyCar/Screenshot

Während die Formel 1 nur auf Kursen, die den höchsten Sicherheitsanforderungen der FIA entsprechen, unterwegs ist, kann die Indycar nicht mit diesen Standards mithalten. Die Straßenstrecken und Rundkurse im Kalender sind durch die Bank mit einer Grade-2-Einstufung beim Motorsport-Weltverband gelistet.

Dazu zählen mit dem Infied-Kurs des Indianapolis Motor Speedway und Long Beach auch zwei ehemalige Formel-1-Austragungsstätten. Weitere bekannte Strecken sind Road America, Mid-Ohio und Laguna Seca, wo seit 2019 das Saisonfinale stattfindet. Der Saisonauftakt geht traditionell auf einem temporären Kurs in Florida über die Bühne.

Die Indycar ist fast ausschließlich in den Vereinigten Staaten unterwegs. Das einzige Rennen außerhalb der USA geht im Juli im kanadischen Toronto über die Bühne. Außerdem befindet sich auch der Portland Raceway im Kalender - dort macht die Formel E im Juni Station - sowie zwei weitere Straßenkurse in Detroit und Nashville.

Die Anzahl der berüchtigten Ovalstrecken im Kalender, allen voran das berühmte 500-Meilen-Rennen von Indianapolis, nahm in den letzten Jahren vor allem aufgrund von Sicherheitsbedenken kontinuierlich ab. Inzwischen befinden sich nur noch vier Ovale im Kalender. Neben Indianapolis handelt es sich dabei um den 1,5-Meilen langen Texas Motor Speedway, den Iowa Speedway und den eiförmigen World Wide Technology Raceway nahe St. Louis.

Indycar 2023 Kalender - Alle Rennen und Strecken

Indycar 2023 im TV

Der Start in das erste Indycar-Rennen erfolgt am Sonntag (05.03) um 18 Uhr, also kurz nach dem geplanten Ende des Formel-1-Rennens in Bahrain. In Deutschland wird die Indycar genauso wie die Formel 1 auf Sky Sports F1 ausgestrahlt. Auch in Österreich und der Schweiz verfügt der PayTV-Sender über die Exklusiv-Rechte der nordamerikanischen Formelserie.